Die Löwen
so drückte Rahmi nicht auf den Knopf, und die junge Dame konnte in gnädiger Unkenntnis davonfahren. Die Bombe allein war ungefährlich. »Kein Knopfdruck, kein Knall«, sagte Ellis.
Rahmi gefiel der Vorschlag. Er fragte Ellis, ob er wohl bei der Herstellung der Bombe mit Pepe Gozzi zusammenarbeiten würde.
»Klar«, sagte Ellis.
Dann gab’s da noch einen Haken.
»Ich habe einen Freund«, sagte Rahmi, »der euch beide kennenlernen möchte, dich und Pepe. Um die Wahrheit zu sagen, das muss sogar sein, oder die ganze Sache fällt ins Wasser, denn es ist dieser Freund, der uns das Geld gibt für Sprengstoffe und Autos und Bestechungen und Pistolen, einfach für alles.«
Warum will er uns kennenlernen? wollten Ellis und Pepe wissen.
»Er möchte sicher sein, dass die Bombe funktionieren wird, und er möchte das Gefühl haben, dass er euch vertrauen kann«, sagte Rahmi entschuldigend. »Ihr braucht ihm nur die Bombe zu zeigen und ihm zu erklären, wie sie funktioniert. Dann schüttelt ihr ihm die Hand und lasst euch in die Augen sehen, und das ist ja wohl nicht zuviel verlangt von einem, der das Ganze überhaupt erst möglich macht, oder?«
»Soll mir recht sein«, meinte Ellis.
Pepe zögerte. Zwar wollte er das Geld, das bei der Sache für ihn abfallen würde - denn auf Geld war er so versessen wie ein Schwein auf seinen Futtertrog -, doch hasste er es, neue Leute kennen zu lernen.
Ellis nahm ihn beiseite. »Hör zu«, sagte er, »diese Studentengruppen kommen und gehen wie Frühlingsblumen, und Rahmi wird garantiert bald weggeweht sein. Aber wenn du diesen › Freund ‹ kennst, dann kannst du mit dem auch noch Geschäfte machen, wenn’s gar keinen Rahmi mehr gibt.«
»Da hast du recht«, sagte Pepe, der zwar kein Genie war, jedoch simpel dargelegte Geschäftsprinzipien durchaus kapierte.
Ellis teilte Rahmi mit, Pepe sei einverstanden, und Rahmi vereinbarte mit beiden eine Zusammenkunft für den folgenden Sonntag.
An jenem Morgen erwachte Ellis in Janes Bett. Er erwachte plötzlich und mit Angstgefühlen, wie aus einem Albtraum . Und Bruchteile von Sekunden später erinnerte er sich, warum er innerlich so angespannt war.
Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war noch früh. Im Geiste ging er seinen Plan durch.
Falls alles gut ging, so bedeutete der heutige Tag die Krönung für mehr als ein Jahr überaus geduldiger, sorgfältiger Arbeit. Und er würde seinen Triumph mit Jane teilen können – vorausgesetzt, dass er am Ende dieses Tages noch lebte.
Er wandte den Kopf und betrachtete sie; er bewegte sich ganz vorsichtig, um sie nicht aufzuwecken. Sein Herz tat unwillkürlich einen Sprung, wie jedes Mal , wenn er sie ansah.
Sie lag flach auf dem Rücken; ihre Stupsnase wies zur Zimmerdecke, und ihr schwarzes Haar breitete sich über das Kissen wie die entfalteten Flügel eines Vogels. Er blickte auf ihren breiten Mund, auf die vollen Lippen, die ihn so oft und so üppig küssten. Die Morgensonne ließ den dichten blonden Flaum auf ihren Wangen erkennen - ihren › Bart ‹ , wie er’s nannte, wenn er sie aufziehen wollte.
Es war ein seltenes Vergnügen, sie so friedlich ruhen zu sehen, das Gesicht entspannt und ausdruckslos. Normalerweise war sie voller Leben: lachend, stirnrunzelnd, grimassierend, Verblüffung, Zweifel oder Leidenschaft ausdrückend. Für gewöhnlich spiegelte sich in ihrer Miene ein spöttischer, fast schadenfroher Ausdruck, wie bei einem Lausbuben, der gerade einen besonders infernalischen Streich ausgeheckt hat. Nur wenn sie schlief oder angestrengt nachdachte, sah sie aus wie jetzt. Doch so liebte er sie am meisten, denn hinter ihrer ungeschützten Unbefangenheit ließ sich die träge Sinnlichkeit erahnen, die wie ein stetig loderndes Feuer in ihr brannte. Wenn er sie so sah, juckte es ihn buchstäblich in den Händen, sie zu berühren.
Das hatte ihn verblüfft. Als er sie kennen lernte, bald nach seiner Ankunft in Paris, hatte er sie für einen Typ gehalten, wie man ihn überall trifft in Großstädten unter den Jungen und Radikalen: Superaktive, die irgendwelchen Komitees vorsaßen und Kampagnen gegen die Apartheid und für die nukleare Abrüstung organisierten; die Protestmärsche wegen El Salvador anführten oder gegen die Umweltvergiftung, Geld f ür die Verhun gernden im Tschad sammelten oder talentierte junge Filmemacher förderten. Ihr gutes Aussehen, ihr Charme, ihr Enthusiasmus, all das zog andere an. Er hatte sich ein paar Mal mit ihr verabredet, bloß, um genussvoll
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