Die Löwin von Aquitanien
Welfen, der jetzt, da sein alter Widersacher Barbarossa tot war, die Rückkehr in sein Herzogtum plante. Alienor erwiderte höflich, sie habe durch ihre Reise bedingt keine Verbindung zu ihrem Schwiegersohn und keine Ahnung von seinen Plänen. Es war offensichtlich, daß der neue Kaiser ihr nicht glaubte.
Philippe war wenige Stunden vor Berengarias und Alienors Ankunft in Messina schon vorausgesegelt, so daß Richards Flotte jetzt auf sich allein gestellt war. Am dritten Tag ihrer Reise gerieten die Kreuzfahrer in einen gewaltigen Sturm. Als sie am siebzehnten April den vereinbarten Treffpunkt in Kreta erreichten, zeigte sich zu Richards großer Beunruhigung, daß etwa fünfundzwanzig Schiffe fehlten, darunter auch dasjenige, auf dem seine Schwester und seine Braut untergebracht waren.
Er schickte mehrere Galeeren aus, um nach ihnen zu suchen, und bald zeigte sich, daß die vermißten Schiffe an der Küste Zyperns Schutz gesucht hatten. Dort herrschte Isaak Ducas Komnenos, ein Angehöriger der kaiserlichen Familie von Byzanz wie der längst verstorbene Manuel und diesem auch charakterlich sehr ähnlich.
Er setzte die Kreuzfahrer, die in der Hoffnung auf Rettung die Insel betreten hatten, kurzerhand fest. Nur Joanna war, eingedenk der Erlebnisse ihrer Mutter mit einem byzantinischen Kaiser, vorsichtig genug gewesen, um mit Berengaria an Bord ihres Schiffes zu bleiben. Isaak Komnenos’ Einladung, doch als seine Gäste auf seine Burg zu kommen, lehnten die beiden Frauen kurzerhand ab. Seither wurde ihr Schiff von zypriotischen Booten umlagert, an der Küste tauchten immer mehr Truppen auf, und die Lebensmittel gingen auch zur Neige, doch Joanna bestand darauf, daß sie standhaft blieben.
Nach einer Woche schließlich traf der alarmierte Richard vor der Festung Limassol ein, befreite Joanna und Berengaria aus ihrer Zwangslage, und als Isaak sich weigerte, die restlichen Gefangenen gehen zu lassen, eroberte Richard in einem Handstreich die ganze Insel.
Während Isaak Komnenos nun in seiner eigenen Festung gefangengehalten wurde, traute der Erzbischof von Evreux Richard und Berengaria in der Kapelle des heiligen Georg, der als Schutzheiliger der Briten galt, und krönte Berengaria sofort danach zur Königin von England. Mit der Eroberung von Zypern hatte sich Richard auch eine sichere Versorgungsbasis für das Heilige Land geschaffen; er würde nicht wie alle Kreuzfahrer vor ihm unter Nachschubproblemen zu leiden haben. Als er am fünften Juni seinen Schiffen das Zeichen zum Aufbruch gab, war er sicher, dem Erfolg einen großen Schritt näher gekommen zu sein.
Richard stand vor einem ›Wandlungsturm‹, eine seiner Belagerungsmaschinen auf Rädern, der gerade ausgebessert wurde, und beobachtete Akkon. Der bewegliche Turm, der auf mehreren Stock-werken Bogenschützen beherbergen konnte, war eine seiner stärksten Waffen im Kampf um Akkon. Von der obersten Platte aus konnte auch eine Zugbrücke heruntergelassen werden, um einen Sturmangriff zu ermöglichen. Im übrigen stank der Turm erbärmlich, denn um ihn gegen das griechische Feuer zu schützen, mit dem die Araber sich wehrten, hatte man ihn mit in Urin getränkten Häuten eingekleidet.
»Verdammtes Land«, fluchte Philippe. Er hatte allen Grund, ärgerlich zu sein. Er war mehr als zwei Wochen vor Richard eingetroffen, krank geworden und hatte in dieser Zeit längst nicht das Ansehen unter den Belagerern errungen, wie Richard es in wenigen Tagen geschafft hatte. Unter anderem lag das daran, daß Richard seine Soldaten besser bezahlte und daß er sich auch immer wieder persönlich an den Angriffen beteiligte. Nun hatten sie beide etwa einen Monat in glühender Sommerhitze vor Akkon verbracht, und die Stadt hatte immer noch nicht kapituliert.
Eben stürzte mit gewaltigem Donnern ein neuer Teil der Stadtmauer ein. »Es wird nicht mehr lange dauern«, sagte Richard. »Seit unsere Flotten den Seeweg blockieren, haben sie keinen Nachschub mehr, und mit Saladin können sie nur noch über Brieftauben in Verbindung stehen.«
Im selben Moment begannen die Araber in Akkon laut ihre Trommeln zu schlagen: das Zeichen für Saladin, einen Entlastungsangriff auf das Lager der Belagerer zu führen.
Richard zog eine Grimasse. »Wir haben Glück, daß Saladin nicht imstande ist, seine Reiterei einzusetzen«, bemerkte er.
Der französische König meinte gleichgültig: »Sie wird schon nicht so tödlich sein, wie es heißt.«
Richard schüttelte heftig den Kopf. »Täusche
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