Die Löwin von Aquitanien
dann mehr Ehre zuteil werden als ihm?«
Das Gesicht des Herzogs von Österreich hatte sich bis unter die Haarwurzeln blutrot gefärbt. »Guy de Lusignan ist Euer Vasall«, schleuderte er Richard entgegen, »aber ich bin es nicht, und ich weigere mich, mich als solcher behandeln zu lassen.«
»Dann weigert Euch weiterhin«, sagte Richard und wandte sich ab, um zu gehen.
Leopold atmete schwer. »Das werdet Ihr noch bereuen«, schrie er dem englischen König hinterher. »Bei Gott, das wird Euch noch so leid tun, daß Ihr den Tag Eurer Geburt verflucht!«
»Nun, Richard«, sagte Philippe sarkastisch, während sie die Besetzung Akkons beobachteten, »das war nicht gerade einer deiner höflichsten Momente.«
»Ich weiß«, antwortete Richard ohne Reue, »aber der Mann ist so ein Esel!«
»Du wirst dich kaum länger mit ihm zu beschäftigen haben; ich nehme an, beleidigt wie er ist, verläßt er Akkon sofort. Was ich übrigens auch vorhabe.«
Richard starrte ihn an. »Was?«
Philippe hob die Schultern. »Was willst du, wir haben Akkon genommen, dieses elende Land bekommt mir nicht, ich kehre also nach Frankreich zurück.«
»Aber«, sagte Richard fassungslos, »du kannst doch nicht einfach dein Kreuzzugsgelübde brechen…«
»Hölle«, erwiderte Philippe ungeduldig, »tu doch nicht so, als ob du noch nie einen Eid gebrochen hättest. Was ist mit Alais? Oder mit dem Schwur, den wir bei Vezelay geleistet haben, daß alle Eroberungen geteilt würden? Ich warte immer noch auf meine Hälfte von Zypern!«
»Diese Vereinbarung bezog sich nur auf Eroberungen im Morgenland selbst«, antwortete Richard hitzig, »du denkst ja auch nicht daran, mir die Hälfte vom Artois zu geben, jetzt, wo der Graf von Flandern tot und es an dich gefallen ist!«
»Artois«, versetzte der König von Frankreich, »ist eben einer meiner Gründe, den Kreuzzug von meiner Seite aus zu beenden. Wer weiß, ob die Erben des Grafen von Flandern seinen Letzten Willen respektieren. Ich muß die Domäne persönlich in Besitz nehmen, sonst ist sie mir nicht sicher.«
Richard ergriff Philippe bei den Schultern. »Vergiß Artois! Philippe, du hast die Möglichkeit, in Jerusalem einzuziehen, die Heilige Stadt zu befreien - und da kümmerst du dich um Provinzstreitigkeiten? «
Philippe schüttelte den Kopf. »Jerusalem. Richard, du wirst nicht viel Glück in deinem Leben haben, wenn du nicht endlich begreifst, daß in dieser Welt andere Dinge zählen.«
Richards Arme sanken herab. »Du hast nie daran gezweifelt, wie?« sagte er ausdruckslos. »Ich muß dich wohl nicht daran erinnern, daß wir uns geschworen haben, unsere Länder gegenseitig zu beschützen.«
»Aber natürlich«, entgegnete Philippe.
Der Herbst hatte Rouen mit seiner melancholischen Schönheit überzogen, und Alienor wünschte sich, noch mit derselben Leichtigkeit und Ausdauer ausreiten zu können wie in ihrer Jugend. Die kühle, prickelnde Luft und die fahle Septembersonne, die wirbelnden roten und gelben Blätter forderten sie direkt dazu heraus. Sie seufzte und beugte sich über die Turmzinnen, das Kinn auf die Hände gestützt.
»Seid Ihr wieder reiselustig, meine Königin? Ihr seid doch erst kaum drei Monate hier!« Alais wirkte glücklicher und entspannter, als sie in den letzten Jahren je gewesen war. Sie war von der Furcht erlöst, zu einer Ehe mit Richard gezwungen zu werden, und solange sie nicht in der Gewalt ihres Bruders war, konnte sie niemand zu einer Heirat zwingen.
Ehe Alienor antworten konnte, erschien ein Diener und meldete, der Erzbischof von Rouen, Walter de Coutances, bitte sie um ein Gespräch. Der Erzbischof war einer von Richards vertrautesten Beratern, hatte den König bis nach Sizilien begleitet und war dann mit Alienor zurückgekehrt. Er wirkte sehr beunruhigt, als sie in die kleine Halle trat.
»Euer Gnaden«, begann er sofort, »ich habe schlechte Nachrichten. Der Erzbischof Ralph von York hat versucht, nach England zurückzukehren, doch da dies gegen seinen Eid war, gab der Kanzler Befehl, ihn sofort verhaften zu lassen. Ralph suchte in einer Abtei in Dover Zuflucht, und Longchamp ordnete an, ihn mit Gewalt herauszuholen. Er mußte vom Altar weggezerrt werden. Euer Gnaden, das Volk ist empört, und Euer Sohn spricht schon von Thomas Becket.«
Alienors Mundwinkel zuckten. »Kein Zweifel, daß John das für einen hervorragenden Einfall hielt, aber sich Ralph als Thomas Becket vorzustellen…«
Walter de Coutances hielt es für richtig, dieser
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