Die Löwin von Aquitanien
machen. Wenn nur diese Frau erst tot war.
»Ihr seid meine geliebte Vasallin«, bestätigte er.
Alienors Lippen teilten sich zu einem strahlenden Lächeln. »Und Ihr seid mein geliebter Herrscher.«
Der Fehdehandschuh war geworfen.
Das Hospital von Fontevrault gehörte zu den besteingerichteten weit und breit, doch keine der in Krankenpflege erfahrenen Nonnen konnte an diesem heißen Sommertag der Frau helfen, die sich in ihren Wehen hin und her warf, eigentlich schon viel zu schwach für das Kind.
»Sie wird sterben, meine Königin«, sagte eine der Schwestern mitleidig. »Es ist besser so.« Alienor wandte sich ihr mit zornesblitzenden Augen zu. »Nein, das wird sie nicht, versteht Ihr? Ich lasse es nicht zu!«
Joanna hatte sie in ihren Schmerzen gehört. »O Mutter«, sagte sie heiser, »das ist so kennzeichnend für Euch - selbst dem Tod müßt Ihr befehlen!«
Alienor setzte sich zu ihr. »Und er wird mir gehorchen.« Sie sah das verklebte rote Haar ihrer Tochter, sah den geschwollenen Leib, die erbarmungswürdig dünnen Arme und Beine. Joanna war immer so gesund gewesen, ihr so ähnlich. Es konnte nicht sein, daß all diese Lebendigkeit ein solches Ende fand - fünf Monate, nachdem Richard gestorben war. Als der Priester mit der Letzten Ölung erschien, hätte sie ihn um ein Haar hinausgeworfen.
Doch Joanna kämpfte einen hoffnungslosen Kampf gegen den Tod, und in dem Moment, als das Kind, ein Junge, aus ihrem Leib geholt werden konnte, holte er sie. Sie war erst vierunddreißig Jahre alt und das achte von Alienors zehn Kindern, das vor ihr starb.
»Es sieht so aus« , sagte John zu seiner Mutter, die den Herbst mit ihm in Rouen verbrachte, »als würde es Gott gut mit uns meinen.
Philippe hat sich eine unglaubliche Dummheit geleistet. Nicht nur, daß er seine Ingeborg nach wie vor gefangenhält, jetzt ist auch noch bekannt geworden, daß er heimlich eine neue Gemahlin genommen hatte, die ihm schon zwei Kinder geboren hat! Der Papst hat ihn sofort exkommuniziert und über Frankreich das Interdikt verhängt.«
»Armer Philippe«, antwortete Alienor erfreut, »und Arthur scheint ihm auch nicht mehr so sicher zu sein, seit Geoffreys Witwe Constance im Frühling wieder geheiratet hat. Ich nehme an, ihr Gatte sähe den Jungen lieber vor seinen eigenen Karren gespannt als vor Philippes.«
John nickte und strich sich eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn.
»Philippe hat mir bereits Unterhändler für einen Friedensvertrag geschickt - zu den Bedingungen, die Richard damals für den Waffenstillstand ausgehandelt hatte.
Natürlich will er Zeit gewinnen, doch Zeit kann auch mir nur nutzen, deswegen werde ich wohl zustimmen. Ich habe als Unterpfand vorgeschlagen, seinen Sohn Louis mit einer von Aenors Töchtern zu vermählen. Wie gefällt Euch das, Mutter? Eure Enkelin auf dem Thron von Frankreich - und eine Plantagenet noch dazu. Ich wage zu behaupten, daß Philippe diese Vorstellung Alpträume bereitet, doch er wird akzeptieren, das wette ich.«
Aenor, Alienors letzte lebende Tochter, war mit dem König von Kastilien verheiratet. »Ein guter Plan. Ich denke, ich werde selbst nach Kastilien reisen, um das Mädchen zu holen.«
John war erfreut über dieses Angebot, doch auch ein wenig überrascht. »Über die Pyrenäen? In - «
»Sag nicht, in meinem Alter«, unterbrach ihn seine Mutter ironisch, »mein Alter ist eben der Grund. Wer weiß, wie lange ich noch Gelegenheit habe, die Welt zu sehen - und Aenor. Wenn ich von einer Felslawine getroffen werde, rechne ich mit einem Gedenkgottes-dienst auf deine Kosten.«
Ehe er sich’s versah, war John eine Bemerkung entschlüpft, die er sofort wieder ungeschehen gemacht hätte, wäre er dazu in der Lage gewesen. »Ich werde Euch vermissen«, sagte er und hielt jäh inne. Er hätte sich ohrfeigen können.
Alienor sah sein wechselndes Mienenspiel und half ihm über den Moment hinweg. »Das spricht für meine vielgerühmte Anziehungskraft«, erwiderte sie leichthin, »ich hätte nicht gedacht, daß ein Mann mir das in diesem Alter noch sagen würde. Was allen Kampfgenossen von Methusalem und mir noch Hoffnung gibt.«
Sie erhob sich. John machte eine Bemerkung über das Wetter in den Pyrenäen, denn Alienor hatte sich wieder einmal den Winter als Reisezeit ausgesucht, und verwünschte sich immer noch innerlich. Er verstand es selbst nicht. Er hatte nun alles, wofür er immer gelogen, betrogen, gekämpft und intrigiert hatte - Richard war tot, und er war König
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