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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Heerführer aller Zeiten verwickelt…
    und war glücklich. Zum ersten Mal… schien es, daß alles einen Sinn ergibt…«
    »Natürlich liegt ein Sinn hinter allem, was geschieht, Richard. Es muß einfach, sonst werde ich wahnsinnig.«
    »Aber welcher Sinn? Die Gebiete… um die wir… kämpfen, sind zwei Generationen später ohnehin schon wieder… verloren. Keines der Reiche hat… Bestand gehabt. Alexander… Karl der Große…«
    »Vielleicht liegt der Sinn darin, daß wir den Menschen Stoff für ihre Geschichten und Lieder geben, die ihnen über ihr Leben hin-weghelfen. Wir tun, was sie nicht tun können. Und wenn auch ein Reich nicht ewig bestehen mag - was Henry und ich geschaffen haben, was du bewahrt und verteidigt hast, ist zu groß, um einfach zu verschwinden.«
    Die Schmerzanfälle kamen immer häufiger, und jedesmal glaubte sie, daß es ihr eigener Körper wäre, der so von Agonie geschüttelt wurde.
    »Singt mir ein Lied… ein Lied aus Aquitanien…«
    »Du weißt doch, daß ich nicht singen kann.«

    »Ihr habt es getan… früher, als ich noch klein war… und dann noch einmal…«
    Sie stimmte für ihn eines der Lieder ihres Großvaters an, eines der berühmtesten Lieder, die Guillaume IX je gesungen hatte: Ich weiß nicht, wach ich oder währt
    mein Schlaf noch, wird’s mir nicht erklärt…

    Einmal störte Mercadier sie, als er triumphierend den Armbrustschützen hereinschleifte, der den verhängnisvollen Bolzen abgeschossen hatte. Richard erklärte, er vergebe dem Mann, man solle ihn freilassen, und schickte ihn wieder hinaus.
    »Was wird jetzt mit dem Königreich geschehen? Ich muß John zu meinem Erben machen, denn Arthur lebt in Paris wie ein Schoßhund an Philippes Leine und ist noch ein Kind. Dennoch… er wird Anhänger… finden, weil er Geoffreys Sohn ist. Aber das Reich darf nicht… darf auf keinen Fall geteilt werden… das ist es, was Philippe…«
    »Ich verspreche dir, daß ich alles tun werde, was in meiner Macht steht, um dies zu verhindern.«
    »Arme Mutter… was wird aus Euren Ruhetagen in Fontevrault?«
    »Ach weißt du, ich habe mich in der letzten Zeit ohnehin etwas gelangweilt. Ich habe nur Bücher gelesen, Briefe verfaßt, Gedichte geschrieben und ab und zu eine Reise gemacht. Es wird mir ganz guttun, wieder eine Aufgabe zu haben.«
    »Glaubt Ihr, daß Gott mir vergeben wird?«
    »Gott!« Sie beherrschte sich. »Er muß es, Richard. Ich werde ihn dazu zwingen, und du weißt doch, daß ich überall meinen Willen durchsetze.«
    »Es ist seltsam… ich habe keine Angst vor dem Tod, nicht eigentlich. Saladin sagte einmal, das Leben sei nur lebenswert, wenn man… wenn man in jedem Moment bereit sei, zu sterben… Habe ich Euch je vom Alten vom Berge erzählt, den Saladin finden und ausräuchern wollte? Es war… mehr als eine Drohung… Saladin sagte zu mir…«

    Richard brach ab. Das Sprechen fiel ihm immer schwerer. Er ließ noch einmal Mercadier und einen Schreiber kommen, um Zeugen seines Letzten Willens zu sein, dann blieben er und Alienor wieder allein.
    Am Abend, als die Sonne unterging, starb er in den Armen seiner Mutter.

VI

John

    Eleonore: Plantagenet wie wir.
    Dein Los: Wahrscheinlich
    Der Tod, der Untergang. Vielleicht der Aufstieg, Vielleicht noch mehr. Doch Ruhm ist dir gewiß.

    Friedrich Dürrenmatt,
    König Johann nach Shakespeare

Die vier Fenster der Kirche von Fontevrault tauchten das Innere in ein majestätisches Licht, und John fiel es schwer, in dieser unerwarteten Helle seine Mutter auszumachen. Er war zu spät zu der Grablegung Richards in Fontevrault gekommen, aber Alienor befand sich immer noch hier, und die Äbtissin hatte ihm gesagt, sie halte sich in der Kirche auf.
    Er fand sie schließlich an eine der wuchtigen Säulen gelehnt, in die Bilderwelt der buntleuchtenden Kirchenfenster versunken. Sie bewegte sich nicht von der Stelle, als er näher trat. Johns Kehle war trocken. Er räusperte sich: »Mutter?«
    Langsam wandte sie ihm ihr Gesicht zu, und er war entsetzt über den offensichtlichen Schmerz, der darin abzulesen war - seine Mutter hatte sich sonst immer so sehr in der Gewalt gehabt. Doch ihre Stimme klang kraftlos: »Er ist wirklich sehr erfindungsreich.«
    »Wer?« fragte John verblüfft.
    »Gott natürlich. Weißt du, John, langsam fange ich an zu glauben, daß wir tatsächlich für alles in unserem Leben bezahlen müssen.«
    »Was wollt Ihr jetzt tun?« fragte er vorsichtig.
    Alienor gestattete sich ein Schulterzucken. »Da gibt

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