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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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sie einführte. Diejenigen, die ein vom königlichen Titel beeindrucktes Mädchen aus der Provinz erwartet hatten, fanden sie arrogant. Louis’ Mutter, Adelaide von Savoyen, schrieb einem Verwandten erzürnt: »Ihre Redeweise ist frech und ihre Kleidung schamlos.«
    Die Königinmutter hatte darauf gerechnet, nach dem Tod ihres Gemahls mit Hilfe ihres Sohnes zu herrschen, und allerhöchstem Schwierigkeiten mit Suger erwartet. Auf die Idee, daß ihr frommer, mönchischer Sohn Gefallen an seiner ihm nur aus politischen Gründen angetrauten Braut finden könnte, war sie nicht gekommen. Daß sich jedoch nicht nur Louis, sondern auch die meisten anderen Herren bei Hofe wie liebeskranke Narren benahmen, sobald dieses fremdartige Wesen in der Nähe war, versetzte Adelaide in Empörung. Sie machte sich zur Anführerin einer Partei, die lautstark gegen die Art der Unterhaltung, wie Alienor sie aus Aquitanien mitgebracht hatte, protestierte. Schließlich verstieß es gegen jede Art von Zucht und Benehmen, sich von einer Bande zweifelhafter Gesellen Liebeslieder vortragen zu lassen und auch noch jeden Ritter von Rang zu ermutigen, ein Gleiches zu tun! Und dann die frivolen Reden, die Alienor und ihre Damen mit Vorliebe bei solchen Gelegenheiten im Munde führten… Zu Adelaides unendlichem Verdruß wurde es jedoch sehr schnell bei Hofe Mode, über die verschiedenen Arten von Liebe zu diskutieren, leichtfertige Zitate im Munde zu führen und dieses Mädchen anzuhimmeln, das sich so benahm, als seien es Tribute, die nur ihr zustanden.
    Adelaide beschwerte sich bei ihrem Sohn und ahnte nicht, daß sich auch Louis bei Alienors Unterhaltungen nicht ganz wohl fühlte - sie schienen ihm manchmal Gott und die Welt zu verspotten. Doch was Alienor wollte, sollte Alienor bekommen, um so mehr, als er sehr wohl ihre innere Mißbilligung darüber spürte, daß er das Regieren immer noch mehr Suger und den übrigen Ratsmitgliedern überließ. Er wollte ihr beweisen, daß er sonst alles fertigbrachte, um sie glücklich zu machen, und so verblüffte der ewig scheue Louis seine Mutter damit, daß er ihre Beschwerden gegen seine Gemahlin streng zurückwies.
    Sie begann ihn empört an seine Verpflichtungen gegenüber seiner eigenen Mutter zu ermahnen und erhielt einen zweiten Schlag, als Abt Suger sie unterbrach und den König unterstützte. Suger kannte die Herrschsucht der Königinmutter und war nur zu erfreut, ihrem möglichen Einfluß gegenzusteuern. Mit Tränen des Zorns verließ Adelaide den Audienzsaal.
    Alienor befand sich zur gleichen Zeit mit dem kleinen Kreis junger Adliger des Hofes, der sich um sie gebildet hatte, in ihren Gemächern. Sie hatte schon sehr bald bemerkt, daß niemand auf den Gedanken zu kommen schien, sie am Kronrat teilnehmen zu lassen oder sie zumindest mit den Entscheidungen über Aquitanien zu betrauen, wie es ihr Recht als Herzogin gewesen wäre - nein, berichtigte sie sich innerlich erbost, als Herzog. Wieder war sie aufgrund ihres Geschlechts ausgeschlossen oder wegen ihres Alters, und Louis, der nun auch Herzog von Aquitanien war, überließ Suger die tatsächliche Herrschaft. Einmal, als sie sicher war, daß niemand sie belauschte, hatte sie ihren Gefühlen Luft gemacht und den nächsten Gegenstand, der ihr in die Hände kam, an die Wand geschleudert. Doch sie kannte Louis nun gut genug, um zu wissen, daß sie sich ihn mit Wutanfällen nur entfremden würde, und entschied, es auf andere Weise zu versuchen, durch langsame, sorgfältige Strategie und Überredung.
    Da sie bis dahin aber offenbar noch von jeder Regierungstätigkeit ausgeschlossen blieb, trieb ihre angeborene Ruhelosigkeit Alienor in eine wahre Vergnügungssucht. Sie hatte schon immer Musik und Tanz und geistreiche Gespräche geliebt; jetzt stürzte sie sich in die Unterhaltung, als sei sie auf der Flucht. Sie kümmerte sich weder um hochgezogene Brauen noch um deutlichere Mißbilligungen und stellte bald erstaunt fest, daß der Mehrzahl der Nordfranzosen ihre Lebensart und Sorglosigkeit zu gefallen schien.
    Momentan saß der Troubadour Macabru, ein junger Schüler Cercamons, zu ihren Füßen und klimperte auf einer Laute, Cercamon selbst stritt mit einem Baron von der Loire erbittert über den Stellenwert von Ovid in der Dichtkunst, und sie war gemeinsam mit zweien ihrer Hofdamen, alle beide älter als sie, in eine Diskussion mit Raoul de Vermandois und dessen Vetter Michel de Monteil verwickelt.
    Der Graf de Vermandois bestritt, daß Mann und

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