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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Abélard?«
    »Aber Louis, du mußt sie doch in deinem Kloster gelesen haben.«
    »Nun ja… Ausschnitte davon - doch Suger sagte immer, daß Abélard ein Ketzer wäre und gewiß eines Tages als solcher erkannt würde und daß es gefährlich sei, seine Ideen denen zugänglich zu machen, die das nicht sofort klar erkennen könnten. Auch Bernhard von Clairvaux ist gegen Abélard und hat öffentlich geschworen, beim nächsten Konzil die Verurteilung seiner Lehre durchzusetzen. Eines von Abélards Büchern ist bereits verboten!«
    »Bernhard von Clairvaux«, sagte Alienor und schnitt eine Grimasse.
    Zu spät fiel Louis ein, daß dieser heilige Mann und Alienors Familie schon immer auf Kriegsfuß gestanden hatten.
    Sie ging wider Erwarten nicht darauf ein und erkundigte sich statt dessen: »Was wirft Bernhard Abélard denn vor?«
    »Oh, Abélard stellt zum Beispiel in seinem Werk über die Ethik die These auf, es gebe an sich weder gute noch schlechte Taten, erst die Absicht, Böses zu tun, mache die Sünde aus. Daraus folgert er, daß diejenigen, die unseren Herrn Jesus unwissentlich verurteilten, nicht schuldig zu nennen seien!«
    Alienor strahlte. »Bei Gott, das ist kühn, das ist wundervoll! Und da du mir jetzt das Schlimmste gesagt hast, kannst du mir genausogut den Rest beschaffen.«
    »Aber Suger würde wissen wollen, wozu ich die Bücher haben will, und…«
    Mit einem Anflug von Ungeduld warf Alienor ihr Stickzeug zur Seite. »Himmel, Louis, erstens gibt es noch andere Klöster außer Saint-Denis, und zweitens frage ich mich langsam, ob du überhaupt etwas tust, was Suger nicht gefällt! Du bist doch kein Kind mehr - du bist der König«, schloß sie überdrüssig.

    Louis betete Alienor an, doch war er sich schmerzhaft der Tatsache bewußt, daß sie ihn nicht so sehr bewunderte wie er sie (jeden Gedanken, ob es sich mit der Liebe genauso verhielt, verdrängte er entschlossen), und der innige Wunsch, das ändern zu wollen, machte ihn verwundbar.
    Bald machte er auch zum ersten Mal mit dem Gefühl der Eifersucht Bekanntschaft. Alienor kam eines Tages zu ihm gelaufen, sie tanzte fast, ihre Augen strahlten, und sie sah so freudig erregt aus, wie er sie noch nie gesehen hatte. In der Hand hielt sie einen Brief, von dem ein unbekanntes Siegel herabhing.
    »Oh Louis, Louis, ich habe wundervolle Neuigkeiten!« Sie breitete die Arme aus und drehte sich um sich selbst. »Raymond ist Fürst von Antiochien geworden! Oh, ich hatte mir solche Sorgen gemacht, aber ich hätte wissen müssen, das Raymond mit allem fertig wird, und…«
    »Wer«, unterbrach Louis verwundert und bereits ein wenig verletzt, »ist Raymond?«
    Alienor lachte und küßte ihn. »Mein Onkel, Raymond de Poitiers, habe ich dir nicht von ihm erzählt? Aber du mußt doch schon von ihm gehört haben?«
    Louis erinnerte sich dunkel. Doch ihn hatte die Vertraulichkeit des Namensgebrauchs verwirrt; er wäre nie auf den Gedanken gekommen, einen Onkel mit › Raymond ‹ anzureden. Er merkte, daß Alienor darauf brannte, ihm weiter von diesem merkwürdigen Onkel und seinen Heldentaten berichten zu können.
    »Raymond hat sich am englischen Hof so ausgezeichnet, daß ein paar Monate vor unserer Heirat ein heimlicher Bote des Königs Fulko von Jerusalem kam, um ihm das Fürstentum Antiochien anzubieten. Es ist das gefährdetste aller christlichen Königreiche im Osten, heißt es, weil die Ungläubigen dort als erstes angreifen.«
    »Ja, ich weiß«, unterbrach Louis, »aber ich dachte, dort regiert die Witwe von Bohemund II.«
    »Sie regierte nur für ihre Tochter«, berichtigte Alienor, »doch sie brachte es fertig, sich mit allen übrigen östlichen Königen zu zerstreiten. König Fulko hatte erfahren, daß sie plante, ihre Tochter zu hintergehen und König Roger von Sizilien zu heiraten, um endgültig und für immer Antiochien behalten zu können. Fulko und Roger sind erbitterte Feinde, und deswegen trug Fulko Raymond das Fürstentum an.«
    Sie hielt kurz inne, um Luft zu holen. »Ich befürchtete schon, es würde zu einem Krieg kommen, als Raymond mir das schrieb, auch wenn ich wußte, daß er auf jeden Fall gewinnen würde. Doch er fand einen Weg, um die Regentin ohne Blutvergießen zu überlisten. Er reiste als Kaufmann verkleidet nach Antiochien und gewann dort das Vertrauen des Patriarchen und der maßgeblichen Barone. Dann kam er unter seinem wahren Namen an den Hof, und der Patriarch machte der Regentin vor, Raymond wolle sie heiraten, während er in

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