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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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gedauert!« unterbrach eine harte Stimme ihren Gedankenflug. Sie wandte den Kopf und sah die Königinmutter in der Tür stehen. »Seit fünf Minuten bin ich hier, und nicht nur, daß mich niemand geziemend begrüßt, nein, ich muß mir auch noch anhören, wie hier über ungehörige Dinge gescherzt und von zwei Sündern gesprochen wird, die man zu meiner Zeit offen auf der Straße angespuckt hat!«
    Betont höflich erwiderte Alienor, die in den letzten Monaten immer mehr dazu gekommen war, ihre Schwiegermutter zu verabscheuen: »Es tut mir leid, daß Ihr Euch beleidigt fühlt, Euer Gnaden, aber Ihr hättet uns auf Eure Anwesenheit aufmerksam machen sollen.«
    Adelaide von Savoyen schnappte nach Luft. »Wahrhaftig! Hört zu, Ihr scheint zu vergessen, daß Ihr nicht mehr im wilden Aquitanien seid, sondern hier in Paris, wo man den Älteren gebührende Achtung entgegenbringt. Entschuldigt Euch sofort für Euren Tonfall, Ihr ungezogenes Ding!« Alienor erstarrte. Der letzte Rest an Zurückhaltung war gewichen, und hervor kam ein Zorn, der des alten Guillaume selbst würdig gewesen wäre. »Und Ihr scheint zu vergessen, Madame, daß Ihr nicht mehr Königin seid, sondern ich! Verlaßt augenblicklich diesen Raum!«
    Totenstille herrschte. Adelaide von Savoyen starrte das rothaarige, zornige Mädchen an. Dann zischte sie: »Das wird Euch noch leid tun!« Mit einem majestätischen Schwung rauschte sie hinaus.

    Bald wußte man im ganzen Palast, daß die Mutter und die Gemahlin des Königs gestritten hatten, und ihr Wortwechsel nahm allmählich mythische Dimensionen an. »Bestimmt hat sie nicht die Hälfte davon gemeint«, sagte Louis unglücklich. »Und es ist auch die Schuld meiner Mutter. Sie haßt Alienor!«
    »Dürfte ich Euer Gnaden zum Wohle aller Beteiligten vorschlagen«, mischte sich Suger ein, »Eurer Mutter zu befehlen, sich auf ihre Güter zurückzuziehen? Das dürfte die Wogen glätten.«
    Louis stimmte schließlich zu. Er war mit seiner Mutter genauso selten zusammengekommen wie mit seinem Vater, und wenn er sich auch bisher immer bemüht hatte, ihr allen Respekt zu erweisen, so hatte sich doch nie ein Gefühl der Wärme zwischen ihnen eingestellt.

    Außerdem haßte er Streitereien. Als er Alienor an diesem Abend von seiner Entscheidung erzählte, krauste sie die Stirn.
    »So, Suger hat es vorgeschlagen«, sagte sie halblaut. Sie nahm an, daß nicht gerade Liebe zu ihr, Alienor, den Abt dazu bewogen haben mochte, sich gegen die Königinmutter zu wenden.
    »Ja, und?« Louis war irritiert und wußte mit ihrer Reaktion nichts anzufangen.
    »Oh nichts, Lieber«, antwortete sie mit süßer Stimme, »ich dachte nur gerade, daß es doch übermäßig hart für deine Mutter sein würde, wenn du sie offen verbannst. Sag lieber, daß du die Absicht hast, für ihre Güter einen neuen Verwalter einzusetzen, und daß sie sich mit ihm überall zeigen muß, damit ihm die Loyalität der Leute sicher ist.
    So tust du ihr nicht unnötig weh. Herr de Montmorency beispielsweise wäre sehr geeignet für dieses Amt.«
    Louis fragte sich, wie nur je jemand hatte behaupten können, daß Alienor von heftiger Gemütsart sei. War sie nicht feinfühlig und verzeihend, die Güte selbst? Er küßte sie dankbar. Erst später fiel es ihm ein, sich beiläufig zu erkundigen: »Wie kommst du ausgerechnet auf Montmorency? «
    Alienor musterte ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung. Louis war der unschuldigste, reinste Mensch, der ihr je begegnet war, und gewiß der einzige bei Hofe, der nicht bemerkt hatte, mit welchen glutäugigen Blicken seine Mutter den schmucken Montmorency, einen niederen Adligen, der sonst kaum etwas vorzuweisen hatte, verfolgte. Er wäre entsetzt gewesen über die Vorstellung, eine Witwe von noch nicht einmal einem Jahr könne so schnell wieder nach einem neuen Mann Ausschau halten, und nun gar seine eigene Mutter. »Es war nur ein Einfall«, sagte sie und lächelte.

    Alienor hatte ihre Gründe dafür, der Königinmutter den Abschied zu versüßen, obwohl sie sie aus tiefster Seele verwünschte. Nicht nur, daß Adelaide auf diese Art weniger Schwierigkeiten machen würde, nein, so ließ sich auch prophezeien, daß sie für längere Zeit auf ihren Gütern bleiben würde. Was den schönen Montmorency betraf, so hatte er weder einflußreiche Verwandte noch den Verstand, selbst Intrigen zu spinnen.
    Doch bei ihrer nächsten Bitte an Louis stieß Alienor auf erheblich stärkeren Widerstand.
    »Die Werke von Pierre

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