Die Löwin von Aquitanien
errötete.
Suger beobachtete zufrieden das junge Paar, das nun gemeinsam aus einem Becher heißen Würzwein trank. Oh, die Ereignisse waren in der Tat sehr, sehr günstig verlaufen. Eitelkeit war eine der sieben Todsünden, deshalb unterließ er es, sich selbst zu beglückwünschen.
Dies war sein Tag des Triumphes; er würde nur noch übertroffen werden, wenn sein Schützling und die neue Dauphine in Poitiers zu Herzögen von Aquitanien gekrönt wurden. Doch erst mußten die Hochzeitsfeierlichkeiten abgeschlossen werden, die sich der Sitte gemäß über mehrere Tage hinziehen würden. Er bemerkte, daß der törichte Graf de Vermandois dabei war, sich zu betrinken, und wollte gerade eine diesbezügliche Bemerkung machen, als er eine Berührung an der Schulter spürte. Er wandte den Kopf. Ein staubiger, völlig erschöpfter Mann mit dem Wappen des königlichen Hauses stand hinter ihm, ein Bote, der sich nicht die Zeit nahm, Suger mit mehr als einem kurzen »ehrwürdiger Vater« zu begrüßen, und ihm sogleich etwas zuflüsterte.
Sugers Miene wurde starr. Er schlug das Kreuz, dann erhob er sich und näherte sich Louis und Alienor. Der Junge schaute fragend zu ihm hoch. »Was gibt es, mein Vater?« fragte er freundlich lächelnd. Suger kniete umständlich - für einen Mann seines Gewichtes war es keine Kleinigkeit - vor ihm nieder. »Der König ist tot. Es lebe der König!«
Aus Louis’ Gesicht wich alle Farbe. Entsetzt flüsterte er: »Oh nein!« Er spürte, wie Alienor seine Hand ergriff, und klammerte sich daran. In seinen Ohren rauschte das Blut, und er verstand kaum, was Suger sagte, daß sie nämlich so bald wie möglich nach Poitiers aufbrechen müßten, wo er nun auch zum König gekrönt werden würde, und dann in einem Eilmarsch nach Paris zurückkehren. Doch eines war ihm überdeutlich klar - die Freude dieses Tages war in einem drohenden Abgrund verschwunden.
Die Bettlegung war, wie bei derartigen Anlässen üblich, Gelegenheit für beziehungsreiche, rauhe Scherze unter dem Gefolge der Brautleute, wenngleich sie diesmal eher gedämpft ausfielen. Die Nachricht aus Paris hatte sich in Windeseile verbreitet, und niemand konnte vergessen, daß man den König von Frankreich vor sich hatte - Louis VII. Als sie endlich alle fort waren und auch der Lärm auf den Gängen sich etwas entfernte, lag Louis steif da und starrte zu der Decke des riesigen Prunkbettes empor.
Alienor setzte sich auf, schüttelte ihre kupferfarbenen Locken und sagte unbekümmert: »Du meine Güte, das hat wirklich ewig gedauert - ich hatte schon Angst, die Hälfte von ihnen würde sich dazulegen, du nicht?« Er erwiderte nichts, und Alienor, die spürte, wie es um ihn stand, sagte reuig: »Oh Louis, es tut mir leid. Es ist bestimmt vollkommen entsetzlich für dich, nicht wahr? Hast du… hast du deinen Vater gern gehabt?«
Louis setzte sich ebenfalls auf. »Ich weiß nicht«, entgegnete er ein wenig verblüfft, »ich habe ihn kaum gekannt - wir haben uns eigentlich nur ein- oder zweimal im Jahr gesehen und oft nicht einmal das.
Das - das ist es nicht.« Er hatte nie mit jemandem auf diese Weise über seinen Vater gesprochen, teils, weil es wohl niemanden interessierte, teils, weil es einfach Christenpflicht war, seine Eltern zu lieben und zu achten. Aber Louis waren Verstellung und Hintergedanken fremd, und außerdem war er bereits unsterblich in das Mädchen verliebt, das man ihm zur Braut gegeben hatte. Es war ein Gefühl, wie er es noch nie gekannt hatte. Er hatte das schöne, ruhige Kloster geliebt, in dem er aufgewachsen war, und Suger, der immer gütig zu ihm und in jeder Beziehung, die zählte, sein wahrer Vater war. Was er für Alienor empfand, ließ sich damit überhaupt nicht vergleichen.
So geschah es, daß er ihr etwas gestand, was noch nicht einmal Suger wußte.
»Ich will nicht König sein, Alienor.«
Sie schwieg. Dann küßte sie ihn tröstend auf die Wange. »Armer Louis.« Ihr Haar streifte seine Haut. »Glaub mir, ich weiß, wie dir zumute ist. Ist es nicht seltsam, daß uns beiden in so kurzer Zeit genau dasselbe geschehen ist? Mein Vater ist tot, und dein Vater ist tot, und beide sind wir nun Herrscher.«
»Fürchtest du dich nicht davor?«
Nun war es an ihr, erstaunt zu sein. »Nein. Warum sollte ich?«
Louis stellte fest, daß sie keinem Mädchen glich, von dem er jemals gehört hatte. Er bemühte sich, ebenfalls ritterlich und stark zu wirken. »Ich fürchte mich auch nicht.« Er räusperte sich. »Darf
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