Die Löwin von Aquitanien
Dann fügte sie schmeichelnd hinzu: »Ach, Louis, niemand käme dabei zu Schaden, und es wird nie mehr zu einer Rebellion kommen - wenn sie nur glauben, daß du tatsächlich bereit bist, es zu tun, und dann alles so verläuft, wie wir es geplant haben. Ich finde, es war ein sehr guter Einfall von dir. Es wäre allerdings besser, wenn du Suger vorher nichts davon erzählst. Er könnte«, sie überlegte, wie sie es am besten ausdrücken sollte, ohne ihren wahren Grund zu nennen, »gekränkt sein, daß du ihn nicht zu Rate gezogen hast.«
Louis war sehr dafür, Suger nichts davon zu erzählen; wer konnte wissen, was der freundliche Abt zu so einem harten Plan sagte, wo mit den Gefühlen von Menschen gespielt wurde? Er war selbst noch immer nicht völlig davon überzeugt, daß er es tun sollte. Andererseits bot sich hier endlich die Gelegenheit, sich vor Alienor als männlicher und listiger Regent zu beweisen (sie half ihm sehr schnell zu vergessen, daß es ihre und nicht seine List gewesen war).
Louis brach, den erfahrenen Raoul de Vermandois an der Seite, mit einem kleinen Heer auf, das weniger Ritter als Techniker und Belagerungsmaschinen mit sich führte. Die Stadt Poitiers, seit Menschengedenken nicht mehr angegriffen und schlecht auf eine Belagerung vorbereitet, fiel ihm wie ein reifer Apfel und ohne viel Blutvergießen in die Hände, um so mehr, da Poitiers keine Unterstützung durch das Umland erhielt.
Das französische Heer war erleichtert, doch fast so schockiert wie die Einwohner von Poitiers, als Louis, sowie er einmal Herr der Lage war, seine Strafmaßnahmen verkündete. Die Gemeinde sollte aufgelöst und die Söhne und Töchter der angesehensten Bürger als Geiseln fortgebracht werden. Fast seine ganze Umgebung war dagegen, in Poitiers brach die Verzweiflung aus, doch Louis zeigte eine Entschiedenheit, die keiner von ihm vermutet hätte. Alle Bittgesuche lehnte er ab.
Zwei Wochen nach Ankündigung dieser Maßnahmen unternahm Alienor einen Besuch in Saint-Denis. Der ganze Erfolg ihres Planes gründete sich darauf, daß Suger sie nur für ein impulsives, launisches junges Mädchen hielt mit wenig mehr als Vergnügen im Kopf, und so rang sie sich auch ein paar mädchenhafte Tränen ab, während sie mit ihm sprach.
»Ach, ich fürchte, es ist meine Schuld, daß mein lieber Gemahl jetzt in so einer Lage ist«, klagte sie.»Ich war so wütend über den Verrat meiner Stadt, daß er wohl glaubte, mich rächen zu müssen.
Selbst wenn ich jetzt mit ihm spräche, würde das nichts ändern, im Gegenteil, man würde sagen, der König von Frankreich ist schwach und hört nur auf seine Gattin.«
Sie blinzelte und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
»Doch wenn Ihr, sein alter Freund und Ratgeber, der Mann, der ihn aufgezogen hat, wenn Ihr zu ihm gehen würdet, Euren Bitten würde er Gehör schenken.« Ohne an Ansehen zu verlieren, setzte Suger stillschweigend hinzu und nickte langsam.
»Ja, ich glaube, Ihr habt recht, meine Tochter«, sagte er laut. »Ich kann es unmöglich zulassen, daß der König sich so gegen das Gesetz der Nächstenliebe versündigt, und werde sofort nach Poitiers aufbrechen.« Er hielt die Königin für eine kleine Närrin, die aber immerhin noch Verstand genug hatte, um zu sehen, daß hier der Rat eines erfahrenen Mannes nottat.
Als Alienor das Kloster wieder verließ, ertappte sie sich dabei, wie sie eine kleine Melodie aus ihrer Kinderzeit summte. Sie hatte auf Sugers Eitelkeit gebaut und gewonnen. Der Abt würde nach Poitiers reisen, sich dort als Retter der Stadt ankündigen, und am Tag nach seiner Ankunft würde Louis mit großartiger Geste vollständige Verzeihung gewähren.
So geschah es, doch während Poitiers ein Freudenfest feierte, wandte sich Louis unbedacht an Suger und bemerkte strahlend: »Ist es nicht herrlich? Alienor hatte recht; statt mir den Feldzug übelzunehmen, werden sie sich jetzt nur noch daran erinnern, daß sie das Schwert an der Kehle hatten und ich mich dafür entschied, es zurückzuziehen.«
»Alienor?« wiederholte der Abt überrumpelt, dann wurde seine Miene glatt, während er innerlich wütete. Die Schrift hatte recht, Hinterlist und Tücke trugen das Antlitz des Weibes!
Oh, er mußte ihr einräumen, daß es geschickt war. Keine Unruhe mehr - die Furcht saß nun zu tief in den Gliedern der Menschen, denn wenn der König diesen kleinen Aufstand schon so handhabte, wie dann erst eine größere Rebellion? Und statt an die Belagerung zu denken,
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