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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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keinen anderen Ausweg mehr, da Alienor ihm versicherte, am Ende werde der Heilige Vater Einsicht zeigen und nachgeben - wenn er, Louis, nur standfest genug bliebe und sich nicht erpressen lasse. Im Herbst 1142, als Louis einen blutigen Krieg in der Champagne führte, griff der Papst zu seiner stärksten Waffe. Er verhängte über Frankreich das Interdikt, den Kirchbann, der jede religiöse Handlung im gesamten Land unmöglich machte. Es durften weder Gottesdienste noch Taufen noch Begräbnisse stattfinden, eine Vorstellung, die dem Volk wie eine direkte Reise in die Hölle erschien. Der berühmte Bernhard von Clairvaux, mittlerweile wie ein Heiliger verehrt, predigte persönlich gegen den König.
    Als Suger von Saint-Denis in Louis’ Feldlager erschien, stand er kurz vor dem völligen Zusammenbruch und war zu jeder Konzession bereit.

    Alienor saß in ihrem Gemach, den Kopf in die Hände gestützt, und grübelte. Vor sich hatte sie einen hysterischen Brief von Louis, in dem er schrieb, er habe jetzt dank Suger und des heiligen Bernhard seine Irrtümer endlich erkannt und kehre als reuiger Büßer in den Schoß der Kirche zurück.
    Bernhard von Clairvaux! Sie kannte seine Predigten; man sorgte schließlich dafür, daß sie ihr zu Ohren kamen. Nie vergaß er, auf den teuflischen Einfluß hinzuweisen, der den König auf den Pfad der Verderbnis getrieben hatte. Der Mann nötigte ihr widerwillige Hochachtung ab; sie war mit der Geschichte über ihn und ihren Großvater aufgewachsen.
    Ihr Großvater… sie dachte daran, wie er ihr prophezeit hatte, sie würde einmal sehr viel Ärger heraufbeschwören, wenn sie sich nicht daran gewöhnen würde, nicht alles zu bekommen, was sie wolle.
    Nun, der Ärger war da. »Machen wir das Beste daraus«, sagte sie halblaut. Louis wollte also das Gleichnis vom Verlorenen Sohn wiederholen und sich von Suger am nächsten Osterfest feierlich in die Arme der Kirche zurückführen lassen.
    Wenn sie nur sicher sein könnte, daß es Suger war, der damals für das zeitige Ableben ihrer Familie gesorgt hatte. Sie hatte ihn seit langem in Verdacht, doch es gab keinen Beweis, und es hätte genausogut der alte König oder die Königinmutter sein können, die nun zufrieden mit Montmorency auf dem Land lebte. Und es bestand die Möglichkeit, daß sie Suger nur deswegen verdächtigte, weil sie ihn gründlich verabscheute.
    Doch es sah so aus, als müßte sie sich nun mit ihm abfinden. Er hatte seinen Einfluß auf Louis wiedergewonnen, das erkannte sie aus dem Brief ihres Gatten. Und sie war sich sehr bewußt, was man mittlerweile über sie klatschte: Die Königin sei gottlos, ihre Kinderlosig-keit eine Strafe des Herrn. Irgend jemand hatte sogar die Legende aus ihrer Heimat verbreitet, das Märchen von ihrer Ahnfrau, der Fee, die sich bei Vollmond verwandelte und eines Tages in einer ihrer Nachkommen wiedergeboren werden würde.
    Sie war erst einundzwanzig, aber um ihre Zukunft sah es düster aus. Besser, sie versuchte nicht, den armen, ohnehin schon genug gequälten Louis vor die Wahl zwischen sich und Suger zu stellen; besser er unterwarf sich dem Papst, und es kehrte wieder Frieden im Land ein. Vielleicht ließ sich am Ende auch noch ein Ablaß für Petronille und Raoul de Vermandois herausschlagen, wenn man nur geschickt genug verhandelte. Wie sie Louis kannte, fürchtete sie jedoch, er würde sich ohne Wenn und Aber… Sie würde sich etwas einfallen lassen. Inzwischen konnte sie sich auf Sugers großes Versöhnungsfest und Louis’ demütige Rückkehr vorbereiten.

    Louis hatte sich entschieden, ein härenes Hemd zu tragen, und wenngleich er nicht von Alienor dasselbe verlangte, so richtete er doch sein neu erstarktes frommes Augenmerk auf ihre Umgebung, und was er sah, mißfiel ihm sehr. Der erste, der darunter zu leiden hatte, war der Troubadour Macabru, der Alienor seine Liebeslieder widmete. Louis verbannte ihn ohne Umschweife von seinem Hof.
    »Aber Louis, es ist doch nur ein Spiel!«
    »Mit solchen Dingen soll man nicht scherzen; das ist unchristlich.«
    Alienor hätte ihn gerne gefragt, ob er hier nicht den Mantel des Christentums über persönliche Eifersucht zog, doch es war sinnlos.
    Der rachsüchtige Macabru indessen dichtete ein Lied über Louis, das bald landauf, landab die Runde machte:

    Ein Baum ist gewachsen,
    hoch und groß… und weit ausladend.
    Von Frankreich ist er bis Poitou gekommen,
    seine Wurzel ist Bosheit,
    und meine Jugend wird durch ihn verdorben…

    Die

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