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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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»das Volk da draußen preist Euch als Friedensstifter und Heiligen, und mein Gemahl hat nie Anlaß gehabt, anders von Euch zu denken. Aber mir, mir schuldet Ihr die Wahrheit. Niemand wird es je erfahren, denn ohnehin würde es niemand glauben.«
    Plötzlich packte sie der Zorn, der sich über so viele Jahre gegenüber Suger immer hatte verbergen müssen. Sie schüttelte ihn. »Habt Ihr es getan? Habt Ihr meine Familie umgebracht?« Mit einem Mal angeekelt, ließ sie ihn wieder auf sein Lager fallen. Was würde es ihr noch helfen, nach so vielen Jahren?
    Sugers Atem ging pfeifend, doch langsam kamen die Worte: »Den Jungen… und Euren Vater… war notwendig… für das Königreich…« Ihre Fingernägel bohrten sich in die Handballen. Sie hatte es gewußt, hatte es längst gewußt, doch es ausgesprochen zu hören, es endlich von dem Mörder selbst zu erfahren… Indessen sprach Suger weiter.
    »Ihr wart… eine würdige Gegnerin… der König… nichts erfahren…«
    Alienor schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn er es begriffe, würde es ihm das Herz brechen. Louis kann nur Gutes von denen glauben, die er liebt.« Sie stand auf. In der kargen Zelle, in der nur ein üppig mit Rubinen und Perlen besetztes Kreuz Sugers geheime Liebe zur Pracht verriet, hing der Geruch der Krankheit und des Todes.
    »So ist es«, antwortete Suger unerwarteterweise heiser. Doch wenn sie angenommen hatte, er wäre von dem nahenden Nichts eingeschüchtert, dann hatte sie sich getäuscht. Mit einer Feindseligkeit, die der ihren gleichkam, setzte er in immer wieder abgerissenen Sprachfetzen hinzu: »Auch… bei Euch. Er würde nie… die Wahrheit über Euch glauben… sind… die beiden Mädchen… von ihm?«
    Nun, dann sei es so! Es war ihr ohnehin lieber, wenn ihr Feind nicht als bemitleidenswerter alter Mann in den Tod ging, sondern als der hassenswerte Mensch, der er für sie war. »Geständnis gegen Geständnis, meint Ihr?« fragte sie zynisch. »Leider muß ich Euch eine Enttäuschung bereiten; Marie und Alix sind Louis’ Töchter. Aber damit Ihr nicht ungetröstet zur Hölle fahrt - seit unserer Rückkehr aus dem Heiligen Land hatte ich mehrere Geliebte, ja, und es hat mir nicht das geringste ausgemacht! Und ich habe noch ein Geständnis für Euch, Vater. «
    Sie sammelte sich. Einmal in ihrem Leben war es ihr gelungen, Suger zu überlisten, als sie noch kaum mehr als ein Mädchen gewesen war und er sie genau aus diesem Grund unterschätzt hatte. Jetzt schätzte er ihre Fähigkeiten richtig ein, und genau deswegen würde er die Lüge, die sie für ihn vorbereitet hatte, ebenfalls glauben. Es war kein langgehegter Plan wie damals, sondern ein plötzlicher Einfall, der ihr gekommen war, als sie jenes entsetzlich mühsame Atmen hörte.
    »Auch bei diesem Geständnis handelt es sich um etwas, was kein Mensch glauben würde… und besonders einem Sterbenden nicht glauben würde, deswegen kann ich es Euch erzählen… als Geschenk.
    Nehmt es als mein Abschiedsgeschenk.« Ihre Stimme wurde sehr leise. »Ihr seid ein guter Lehrer gewesen, nicht nur für Louis, auch für mich. Ich hatte lange Zeit, um Nachforschungen über Aigret und meinen Vater anzustellen… bis ich wußte, welche Kräuter man nehmen muß. Versteht Ihr… mein Vater?«
    An seinem erstarrten Blick erkannte sie, daß er ihr glaubte. Sein Atem ging schneller, und sie wußte, daß sie alles gerächt hatte… ihre erzwungene Ehe, den gewaltsamen Tod eines siebenjährigen Kindes, den Tod ihres geliebten Vaters, Jahre voller Furcht, sie könnte die nächste sein, die sehr schnell an einer unerwarteten Krankheit starb.
    Wie ein Todesengel beugte sie sich mit süßem Lächeln über ihn und küßte ihn auf den Mund. »Lebt wohl, Vater.«

    In den Gängen der Abtei, wo sie nach Louis suchte, faßte sie eine harte, glühende Hand am Handgelenk. Sie wandte sich um. Vor ihr stand der Sohn des Grafen von Anjou.
    »Sieh da, unser normannischer Herzog«, sagte sie sarkastisch.
    »Übt Ihr Euch wieder im Wegelagererdasein?«
    »In diesen heiligen Hallen? Das wäre doch ein wenig blasphemisch«, gab Henry Plantagenet zurück, »besonders, wo unsere Aussöhnung mit der Kirche nie so gefährdet war wie jetzt.«
    Seine Finger bewegten sich wie von ungefähr ihren Arm hinauf, wurden zärtlich. »Für Euch, meine Königin, überlegte ich es mir allerdings noch einmal… ob ich nicht doch ein Wegelagerer würde.«
    »Dann meditiert darüber und laßt mich gehen«, entgegnete sie und machte sich

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