Die Löwin von Aquitanien
sind nun einmal allein, meine Königin, habt Ihr niemals daran gedacht, was geschehen könnte? Wir Normannen haben diesen Ruf, wißt Ihr.«
Sie rührte sich nicht. »Das würdet Ihr nicht wagen.« Henry zog sie noch näher, dann ließ er sie jäh wieder los. »Das käme darauf an.
Nur glaube ich, daß es nicht nötig ist. Nun denn, beschränken wir uns also vorerst auf das Sachliche. Ich bin sehr dagegen, daß sich mein Vater in einen unnötigen Aufstand gegen seinen Lehnsherrn stürzt.
Was habt Ihr vorzuschlagen, wenn ich ihn daran hindere?« Alienor lächelte spöttisch.
»Mir scheint, Ihr verkennt die Lage etwas, Herzog. Ihr und Euer Vater seid es, die dringend Hilfe gegen den englischen König brauchen, folglich ist es an mir, Bedingungen zu stellen. Auch ich möchte nicht, daß sich mein Gemahl an der Niederschlagung eines Aufstands von zwei größenwahnsinnigen Normannen versuchen muß…«
»Mein Vater ist Angeviner.«
»… also würde ich Euch raten«, fuhr Alienor ungerührt fort, »da-für zu sorgen, daß er den bedauernswerten Giraud freiläßt und sich entschuldigt. Das bedeutet natürlich nur Vergebung, nicht Unterstützung gegen Stephen.«
In Henrys Augen lag amüsierte Bewunderung. »Ihr feilscht wie ein Priester«, sagte er langsam. »Ein Glück, daß Ihr nicht Stephens Gemahlin seid. Also schön, für die Freilassung kann ich sorgen, die Entschuldigung ist unmöglich. Und was wollt Ihr für ein Bündnis haben?«
Alienor fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Formulieren wir es so: Für das Versprechen meines Gemahls, kein Bündnis mit Stephen einzugehen… leistet Ihr Euren Lehnseid für die Normandie.«
»Weiter nichts? Ihr seid ganz sicher, daß Ihr nicht auch noch den Mond und die Sterne wollt?«
»Ganz sicher. Für den Himmel seid Ihr kaum zuständig, Herzog, oder?«
»Hölle und Teufel«, Henry mußte seine Belustigung unterdrücken, »Ihr seid wirklich… aber ganz im Ernst, das geht zu weit. Für die Normandie brauche ich mindestens einen Beistandspakt.«
Sie legte den Kopf zur Seite. Nach einer Weile meinte sie nachdenklich: »Gut. Ich kann nichts versprechen, denkt daran, aber ich werde mich bemühen, damit Louis Euch öffentlich seine Freundschaft zusichert… nachdem Ihr ihn als Lehnsherrn anerkannt habt.
Seid Ihr damit zufrieden?«
Henry beugte sich über den Hals seines Pferdes und küßte sie hart auf den Mund. »Ich werde nie zufrieden sein, bevor du nicht in meinem Bett liegst, Alienor… was bald geschehen wird.«
»Ihr seid der arroganteste Mann, der mir je begegnet ist!«
»Und du bist die arroganteste Frau. Eine unehrliche Frau noch da-zu, denn Alienor - wann hast du dich das letzte Mal so gut unterhalten wie in dieser Viertelstunde?«
Ihr Blick war mörderisch. Sie riß ihre Stute herum und ritt in schnellem Galopp davon, ihr rotes Haar hinter ihr her flatternd. Henry sah ihr nach. »Was für eine Frau«, sagte er, dann warf er den Kopf zurück und lachte.
Am übernächsten Tag erfuhren der Hof und die Bürger von Paris zu ihrer Verwunderung, daß Geoffrey Plantagenet, Graf von Anjou, ohne weitere Erläuterung eingewilligt hatte, den gefangenen Seneschall Giraud Berlai freizulassen, und daß sein Sohn Henry, Herzog der Normandie, vor König Louis den Lehnseid ablegen wollte. Die einzige Erklärung, die das Volk fand, war, daß es sich um ein Wunder des heiligen Bernhard handeln mußte.
Es wurde ein Versöhnungsfest von Ausmaßen, die selbst dem sterbenden Suger die Sprache verschlagen hätten. Die Erleichterung, einer blutigen Rebellion aus dem Weg gegangen zu sein, machte beide Parteien übermütig, und der dankbare Louis fand nichts dabei, als Henry Plantagenet seine Gemahlin zum Tanz aufforderte - eine weitere Versöhnungsgeste, wie der junge Herzog erklärte.
»Ich hoffe, du hast bemerkt, daß ich bei diesem langweiligen Lehnseid dich angesehen habe, Alienor.«
»Ich habe nicht hingeschaut. Im übrigen erinnere ich mich auch nicht, Euch die Erlaubnis gegeben zu haben, mich so persönlich an-zusprechen.«
»Doch, mein Engel, mit deinen Augen.«
Die tanzenden Paare trennten sie; als sie wieder zusammentrafen, fragte Alienor beißend: »Wie kann ich Euch nur klarmachen, daß ich nicht sehnlichst darauf gewartet habe, daß mir ein gnädiges Schicksal Euch über den Weg führt?«
»Du brauchtest nicht zu warten. Genau in dem Augenblick, als es nötig geworden wäre, war ich da.«
»Inwiefern nötig?«
»Mein Herz, es ist doch ganz offensichtlich,
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