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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Henry nachstürzen. Sie hielt ihn fest und schüttelte stumm den Kopf. Beide zitterten am ganzen Leib.
    Als Alienor später allein war, sich wie eine Besessene gewaschen und ihre Wunden versorgt hatte - sie hätte nicht ertragen, daß noch irgend jemand sie so sah -, musterte sie einen bestimmten Punkt an der Wand und sagte plötzlich laut: »Du glaubst wohl, das ist das Ende, und du hättest mich gebrochen? Aber wenn es zu Ende ist, Henry Plantagenet, das schwöre ich dir, dann wird dir dein Streit mit Thomas Becket wie ein friedliches Zwischenspiel erscheinen.«

    Es war Richards großer Tag, der Tag, an dem er als Herzog von Aquitanien eingesetzt werden würde. Er war zwölf Jahre alt, und Alienor hatte mit ihm eine Rundreise durch ganz Aquitanien gemacht, um ihn ihrem Volk vorzustellen. Sie hatte sich entschieden, nicht Poitiers, sondern Limoges als Ort für seine Investitur zu wählen. Limoges war die bedeutendste Stadt auf der Verbindung zwischen dem südlichen Aquitanien mit Bordeaux als Zentrum und dem nördlichen Aquitanien, dem Poitou, mit Poitiers. Und Limoges hatte einmal unter einer besonders harten Strafmaßnahme von Henry zu leiden gehabt, einer hohen Bußgeldverpflichtung, die Alienor jetzt anläßlich von Richards Feier aufhob.
    Formell hatte sie jedes Recht, Richard als Herzog von Aquitanien einzusetzen, da Henry vor einem Jahr dem französischen König in Begleitung seiner drei ältesten Söhne seinen Lehnseid erneuert hatte, und damals hatten Hal für die Normandie, Anjou und Maine, Geoffrey für die Bretagne und Richard für Aquitanien geschworen. Sie konnte nur hoffen, daß Henry in seiner unerschütterlichen Überzeugung, er sei unbesiegbar, nicht merkte, was sie bezweckte, indem sie Aquitanien an Richard und Richard an Aquitanien band.
    Es war das Osterfest 1170, und die Kathedrale Saint-Etienne in Limoges war bis zum Bersten gefüllt, als der aufgeregte Richard durch das Portal trat. Drei Bischöfe führten die Schar der Priester an, die ihn empfingen. Unter dem jubelnden Gesang des Chores wurde der Junge von ihnen gesegnet und mit einer seidenen Tunika beklei-det. Richard war sorgfältig auf diese Zeremonie vorbereitet worden, er machte keinen einzigen Fehler, und als ihm der Bischof von Poitiers die Lanze und der Bischof von Bordeaux das Banner überreichten, die Insignien des Herzogs von Aquitanien, nahm er beides fest in die Hand. Seine Augen trafen sich mit denen seiner Mutter, und er strahlte.
    Jetzt kam der Teil der Investitur, der Alienors Einfall gewesen war. Der Bischof von Limoges trat vor und steckte Richard den Ring der heiligen Valerie, der Schutzpatronin von Limoges und legendären Verkörperung Aquitaniens, an die Hand, Symbol seiner geistigen Eheschließung mit Aquitanien.
    Richard hatte sich auf seiner Reise ebenso in das Land verliebt wie seine Mutter in ihrer Kindheit, und wie sie war er überzeugt, daß er für immer ein Recht auf Aquitanien habe. Mit zwölf war er alt genug, um die Bedeutung des Moments zu verstehen, als er den Ring der Heiligen an seinem Finger fühlte. Die Loyalität der Aquitanier galt jetzt ihm, ihm und seiner Mutter, und nicht mehr seinem Vater.
    Aber Richards Gefühle für Henry, früher eine Mischung aus Ehrfurcht, Liebe und vielleicht auch ein wenig Eifersucht auf ein unerreichbares Ideal, waren in dem Augenblick in Haß umgeschlagen, als er seine angebetete, wunderschöne und sonst so vollkommene Mutter vor dem sich langsam erhebenden Henry auf dem Boden gesehen hatte. Alienor sprach seitdem nie von ihrem Gemahl; sie mußte es nicht. Richard hatte auch so begriffen, was sie plante.
    Er schritt, die Bischöfe und Priester hinter sich, zum Altar, legte das Banner und die Lanze nieder und empfing dort die Krone der Herzöge von Aquitanien. Gleichzeitig übergab ihm der Konnetabel des Herzogtums, Saldebreuil de Sanzay, das Schwert und die Sporen der Ritterschaft. Richards Gesicht glühte. Er hatte sich immer gewünscht, die Nachfolge der sagenhaften Ritter anzutreten, mit denen er aufgewachsen war. Jetzt, in der Kathedrale von Limoges, mit dem Blick seiner Mutter, den er auf sich ruhen spürte, war es soweit.
    »Christ ist König«, sang der Chor, »Christ ist Sieger.«

    Die Feierlichkeiten zur Investitur zogen sich tagelang hin, und bei den Turnieren nahmen er und sein älterer Bruder Hal bereits teil, zusammen mit ihrem Freund William Marshall, dem Neffen des Grafen Salisbury, der Alienor bei einem Überfall der Lusignans vor zwei Jahren

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