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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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langsam sagte: »Du möchtest also von Geschmacklosigkeiten reden, Alienor? Gut, dann fangen wir doch besser mit einer Frau an, die mit ihrem Halbonkel ins Bett geht und sich bei der ersten Gelegenheit einem Mann an den Hals wirft, der zehn Jahre jünger ist als sie.«
    Er beobachtete befriedigt, wie sie erblaßte. Irgendwo in seinem Inneren rührte sich eine Stimme, die fragte, warum er seine Gemahlin nur so hatte verletzen wollen, doch er unterdrückte diese Regung schnell. Er überließ sich ganz und gar dem ungeahnten Rausch, den es ihm bereitete, Alienor zu verwunden. Als er in ihre Augen sah, fand er dort das gleiche Verlangen auf unheimliche Weise widergespiegelt.
    »Es macht mir doch immer wieder Freude«, murmelte Alienor seidig, »die Rätsel der Natur zu ergründen. Bei dir frage ich mich jeden Tag mehr, was stärker ist - deine Geldgier, dein Machthunger oder dein rührendes Verlangen, all deine Fehler und vor allem die Tatsache, daß du dein Königreich Frauen, in erster Linie doch wohl mir und deiner Mutter, zu verdanken hast, in den Armen von immer neuen Frauen zu vergessen. Fühlst du dich uns gegenüber so minderwertig? Du bringst es immer noch fertig, mich in Erstaunen zu versetzen. Deine Rosamond beispielsweise. Was um alles in der Welt findest du nur an ihr?«
    »Nun, mein Engel. Zunächst einmal ist sie jung, zweitens versteht sie es im Gegensatz zu dir ausgezeichnet, mich von meinen Sorgen abzulenken, und weiß, wann sie den Mund zu halten hat, drittens ist sie ein liebevoller Mensch, etwas, das du nie sein wirst, und viertens erwartet sie nicht andauernd ein Kind!«
    Die Kontrolle über das Gespräch war ihnen beiden nun völlig aus den Händen geglitten. Alienor dachte nicht mehr an die kühle Würde, die sie sich vorgenommen hatte, sie dachte nicht mehr an ihren Vorsatz, nur eisigen Sarkasmus zu zeigen. Sie lebte nur noch für den lodernden Haß, der sie erfüllte.
    »Mach dir keine Sorgen mehr um Schwangerschaften, Henry. Ich wünschte, ich hätte nie ein Kind von dir bekommen, und glaub mir, ich werde dafür sorgen, daß du es dir auch wünschst. Ich kehre nach Aquitanien zurück und hoffe nur, es gelingt dir, das Vokabular der kleinen Clifford etwas zu erweitern, denn sonst dürftest du dich bald sehr langweilen.«

    Henry packte sie bei den Handgelenken. »Damit das klar ist, du wirst mich nicht verlassen. Du hörst jetzt mit diesem Unsinn auf, und wenn es mir gefällt, meine Geliebte genauso wie dich zu behandeln, dann tue ich es!«
    »Und wie«, fragte sie hart, »willst du mich dazu zwingen, bei dir zu bleiben? Du solltest allmählich wissen, Henry, daß niemand mich je zu etwas zwingen kann!«
    »Das werden wir sehen«, erwiderte er. Mit einem Griff packte er sie und warf sie zu Boden. Alienor kämpfte wie noch nie in ihrem Leben, doch es war umsonst. Henry war sehr viel stärker als sie. Es wurde ein grausames Zerrbild ihrer Liebe, ein Monument des Hasses, und als der Akt dieser Vergewaltigung beendet war und Alienor zerschunden und gedemütigt auf den kalten Steinplatten lag, waren sie nicht in der Lage, einander anzusehen. Es war etwas Unwiederbring-liches zerstört worden. Henry war kaum weniger bestürzt als sie, hatte er doch zum ersten Mal derart die Beherrschung verloren. Und das Schlimmste war, er hatte es mit vollem Bewußtsein herbeigeführt, er wollte sie so zerstört sehen, so vollkommen erniedrigt. Es war ihre Schuld - sie hatte ihn dazu getrieben. Es konnte nur ihre Schuld sein. Er stürzte zur Tür hinaus.
    Alienor war lange nicht in der Lage, aufzustehen. Was sie endlich wieder zur Besinnung brachte, war eine Stimme, die sie hier am allerwenigsten erwartet hätte, die entsetzte und fassungslose Stimme ihres zweiten Sohnes. »Mutter?« Sie richtete sich hastig auf.
    Richard stand dort, starrte sie ungläubig an mit Augen, die nicht länger die eines Kindes waren. Sie sah sich in ihnen widergespiegelt, wund und blau geschlagen.
    Nein, betete sie stumm. Nein, bitte nicht. Wie lange war er schon hier?
    Sie erhob sich und preßte einen Ärmel gegen ihre aufgeplatzten blutigen Lippen. Ihr ganzer Körper schmerzte, und jeder Schritt tat ihr weh, doch sie mußte den Jungen sofort hier hinausbringen. »Es ist gut, Richard«, brachte sie schließlich mühsam hervor. »Es ist alles in Ordnung. Mir geht es schon wieder… sehr gut.«

    Doch an Richards Blick erkannte sie, daß er sehr wohl begriffen hatte, was sich hier abgespielt hatte. Er machte eine Bewegung, als wolle er

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