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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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legte mechanisch die Hand auf den Bauch. Ja, richtig, das Kind. Ihr und Henrys Kind. Sie lachte plötzlich höhnisch und kalt. Was für ein Kind würde es wohl werden, das in einer Zeit voller Verrat gezeugt worden war? »Gott verdamme dich, Henry«, flüsterte sie. »Gott verdamme dich in die tiefste Hölle.«
    Wenn Henry in dieser Zeit hier gewesen wäre, hätte das ihre Zukunft vielleicht entscheidend verändert. So aber konnten der Schmerz, der glühende Zorn und der Haß sich festigen und zu Eis erstarren. Ein ganzes Jahr schon; ein Jahr. Dann hat die Liebe schon fast legendäre Ausmaße, dachte sie zynisch. Und in ihrem Palast, ihrem Lieblingspalast, der ein Geschenk von Henry und immer ein Ort der Freude, der Erholung gewesen war, ein ganz besonderer Ort.
    Wäre sie nicht schwanger gewesen, hätte sie England sofort verlassen; so fesselte das ungewollte Kind sie, und während sie nun auch durch Klatsch immer mehr von Henrys Geliebter Rosamond Clifford erfuhr, begannen sich Pläne in ihr zu regen, langsam, aber sicher.
    Im Dezember kam, kurz vor Weihnachten, ihr Sohn John zur Welt. Zum Fest stieß Henry zu ihr, und sowie sie allein waren, bemerkte er, daß sich etwas verändert hatte. Sie trug ein blaues, silbern besticktes Kleid, und mehr denn je fiel ihm das sirenenhafte Element in ihr auf.
    »John ist ein guter Name«, sagte er, um einen Anfang zu machen.
    Alienor erwiderte neutral: »Jesus wäre natürlich passender bei diesem Datum, aber ich glaube kaum, daß du dich für die Rolle des Joseph eignest.«
    »Nein«, sagte Henry und entspannte sich. »Ich habe gute Neuigkeiten, Alienor. Der Möchtegern-Graf von Toulouse ist mit der Annullierung seiner Ehe auch seine Verwandtschaft und sein Bündnis mit Louis losgeworden und fürchtet jetzt wohl, daß ich ihm wieder auf den Leib rücke. Er hat mir angeboten, mir als Lehnsherrn zu huldigen und Toulouse von nun an als ein Lehen des Herzogtums Aquitanien zu verwalten. Was meinst du dazu?«
    »Ich meine«, antwortete Alienor, sorgfältig ihre Worte wählend,
    »daß das sehr schön für dich ist, Henry, denn es gestattet dir wohl, mehr Zeit für deine kleine Bettgefährtin zu haben. Sie muß sich alleine doch sehr langweilen, denn wie man hört, kann sie noch nicht einmal lesen.«
    Henry war nicht ärgerlich. »Du Hexe«, sagte er belustigt, »weißt du, daß Eifersucht dir besonders gut steht, Alienor. Das habe ich schon mehrmals festgestellt.«
    »Ich bin nicht eifersüchtig, Henry. Ich stelle dir nur ein Ultima-tum. Entweder du schickst deine teure Rosamond nach Wales, wo sie hingehört, oder ich verlasse dich.« Die Erbitterung überwältigte sie, und sie fügte hinzu: »In Woodstock, Henry, in meinem eigenen Palast!«
    Er lachte. »Ja«, erwiderte er und hob mit einer Hand ihr Kinn, »in deinem eigenen Palast. Das trifft dich am meisten, nicht wahr, meine Liebste? Und was soll das heißen, du verläßt mich?«
    Sie schlug seine Hand herunter. »Das soll heißen, ich werde nie mehr mit dir zusammenleben, ich werde immer nur dort sein, wo du bestimmt nicht bist, und ich nehme meine Kinder mit mir.«
    Keine andere Frau auf der Welt, dachte Henry, würde je so mit ihrem Herrn und Meister sprechen - es waren die Frauen, die verstoßen wurden oder in Ungnade fielen. Sein Gelächter füllte erneut den Raum. »Du bist unglaublich, Alienor. Ich bete dich an.«
    »O nein«, sagte sie heftig, »so nicht!«
    Jetzt begann der Ärger in Henry zu brodeln. »Du benimmst dich, als wäre es das erste Mal - und was das angeht, wie sehr hast du dich denn an das Ehegelübde gehalten?«
    »Ich habe mir nur das gleiche Recht genommen wie du«, sagte sie eisig, »und im Gegensatz zu dir war ich dabei nie geschmacklos.
    Weißt du, Henry, du solltest bei deinem Verhalten wirklich etwas mehr an den Hof denken. Wenn deine Ritter dich nachahmen, ist kein Küchenmädchen mehr vor euch sicher.«
    Jede Belustigung war aus Henrys Miene und seiner Stimme verschwunden, als er sie unterbrach und kalt antwortete: »Ich glaube, du schweigst jetzt besser.«
    »Aber warum denn? Wir fangen doch gerade erst an, Spaß damit zu haben. Fühlt unser großer König sich unwohl? « All die Monate hatte sie sich vorstellen müssen, wie er sich mit der unbekannten Rosamond in Woodstock vergnügte, und wenn sie ihm nur ein klein wenig von der Agonie zurückgeben konnte, die ihr das bereitet hatte, dann um so besser!
    Henry trat einen Schritt näher, und sie konnte seinen Atem in ihrem Gesicht spüren, als er

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