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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. William selbst war gefangengenommen worden, doch Alienor hatte ihn sofort ausgelöst und reich belohnt.
    Richard war groß für seine zwölf Jahre, und es hatte sich bereits gezeigt, daß er nicht nur das Talent der aquitanischen Troubadoure, sondern auch die hohe Begabung der Plantagenets für die Waffenkunst besaß. Er hob mehrere Gegner aus dem Sattel, bis er selbst an die Reihe kam.
    Die Mehrzahl von Alienors Kindern war bei dem abendlichen Festbankett um sie versammelt. Vier fehlten. Alix, Alienors zweite Tochter mit Louis, hatte nach dem Tod ihres Gemahls Thibaud de Blois den Schleier genommen und war nach Fontevrault gegangen.
    Die jüngere Alienor, Aenor genannt, war mittlerweile mit dem König von Kastilien vermählt, Mathilda mit dem Herzog von Braunschweig. Alienor hatte Mathilda selbst ein langes Stück des Weges mitbegleitet und vermißte sie. Wen sie jedoch nicht vermißte, war ihr jüngster Sohn John, ein Kind von drei Jahren, das sie ohne weiteres in England gelassen hatte. Sie konnte John nicht ansehen, ohne an die Monate der Schwangerschaft zu denken, in denen sie von Henrys unverzeihlichem Betrug erfahren hatte, ohne an Henry und Rosamond jetzt in diesem Augenblick zu denken, oder an den furchtbaren Tag, als Henry nach Oxford gekommen war.
    Ihre jüngste Tochter Joanna spielte mit Richards zehnjähriger Verlobter, Louis’ Tochter Alais, die bei Alienor aufwuchs. Sie lächelte, als sie beobachtete, mit welcher Geduld sich Alais um die kleine Joanna kümmerte. Alais war ein liebes Mädchen, hatte Louis’
    beste Eigenschaften geerbt, und manchmal vergaß sie, daß Alais gar nicht ihre Tochter war.
    Neben Alais und Joanna, die sich lebhaft über das Turnier unterhielten, saß Geoffrey, dem die sonst für Alienors Kinder so kennzeichnende Unruhe fehlte. Er sprach nicht viel, doch was er sagte, war stets wohlüberlegt. Geoffrey wußte, was er wollte und wie er es nur durch ein paar gezielte Worte erreichen konnte. Er teilte Richards Begeisterung für Turniere nicht. Alienor sah Richard an, der zwischen Hal und Marie saß und noch nicht das geringste Zeichen der Ermüdung zeigte. Sie wußte nicht, warum es so war, und bemühte sich, es nie zu zeigen, aber Richard war ihr Lieblingssohn, und Richard hatte sie heute das größte Geschenk gemacht, zu dem sie in der Lage war, das, was ihr mehr als alles andere am Herzen lag: Aquitanien.
    »Ein Lied für meine Königin«, sagte Bernard de Ventadour und verbeugte sich mit heiterem Schwung. »Diesmal ist es keines von mir, sondern eins, das ich von den Deutschen hörte, die die Herzogin Mathilda in Empfang genommen hatten. Wie es scheint, hat sich Eu-er Ruhm auch bis zu ihnen verbreitet.« Er gab seinen persönlichen Spielleuten, die ihn ständig begleiteten, ein Zeichen. »Ich werde versuchen, es in ihrer Sprache zu singen.«

    Were diu werlt alle min
    von dem mere unz an den rin
    das wolt ih mih armen
    wan die künegin von Engellant
    lege in minen armen.

    Seine Zuhörer lachten und klatschten Beifall. Richard fragte:
    »Und wie heißt es in der langue d’oc?« Bernard, weitgereist, wie er war, übersetzte ohne zu zögern: »Wenn die ganze Welt mein eigen wäre, vom Meer bis an den Rhein, das würde ich gerne entbehren, wenn die Königin von England in meinen Armen läge.«
    Marie meinte, das bewiese, daß die Deutschen doch nicht so barbarisch seien, wie es immer hieß, und unter Gelächter versuchte nun jeder, zu einem Wort des Liedes ein neues Lied zu improvisieren.
    Das war einer der Lieblingszeitvertreibe an Alienors Hof, und nicht nur sie und ihre Kinder, sondern auch ihre Edelleute waren geübt darin, denn die Herzogin von Aquitanien duldete in ihrer Umgebung keine geistige Trägheit.

    Henry war unterdessen mit dem Papst aneinandergeraten.
    Dieser forderte nun mit Nachdruck die Wiedereinsetzung von Thomas Becket, und als Henry sich weigerte, drohte er erstmals mit der Exkommunikation. Henry sah einen neuen Machtkampf auf sich zukommen und entschloß sich, von Anfang an klare Verhältnisse zu schaffen. Er ließ seinen ältesten Sohn Hal aus Aquitanien kommen und zum König von England krönen. Das war eine Unterstreichung seiner Autorität, setzte er sich doch über das Vorrecht des Erzbischofs von Canterbury hinweg, englische Könige zu salben. Außerdem schien es ihm ein Gegenzug zur Investitur Richards in Aquitanien zu sein.
    Der Papst war über das Geschehen so erzürnt, daß er ankündigte, Henry sofort zu

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