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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Schwung der Monte-Elde-Söldner war zu groß, als dass sie anhalten und sich mit voller Wucht gegen die kleine Schar hätten wenden können. Stattdessen fluteten sie an dem Felsen vorbei und drängten die übrigen Malatesta-Krieger immer weiter auf die Stadt zu. Ehe Rodolfo sich versah, waren er und seine fünfzig Lanzen zu einer Insel in einem Meer von Feinden geworden. Für ein paar Augenblicke blieben sie unbeachtet, dann warf ihnen ein feindlicher Offizier einen Blick zu und brüllte Befehle, die Rodolfos Magen zu einem glühenden Knoten werden ließen.
    Mariano Dorati packte seinen Freund und schüttelte ihn. »Verdammt, Rodolfo, wir müssen uns zurückziehen!«
    »Und wohin?«, fragte Rodolfo mit gefletschten Zähnen und einer im Zorn geballten Faust. Die Geste galt jedoch nicht seinem Stellvertreter, sondern Fabrizio Borelli und Ugolino Malatesta, die eben voll gerüstet aus ihren Zelten kamen und sich auf die Pferde schwangen, die ihre Knechte zu ihnen geführt hatten. Anstatt in die Schlacht einzugreifen, trieben sie ihre Reittiere im Galopp den Bergpfad hoch, der auf Scopetone zu und darüber hinaus nach Arezzo führte.
    »Verfluchte Feiglinge! Der Teufel soll euch holen!«, schrie Mariano hinter ihnen her.
    Rodolfo heulte fast vor Wut. »Mit Pandolfo, Carlo und anderen stehen so viele tapfere Malatestas in den Diensten des Herzogs Gian Galeazzo! Warum zum Teufel musste er ausgerechnet diesen Narren Ugolino mit diesem Feldzug betrauen?«
    Ein Rippenstoß seines Freundes lenkte Rodolfo von den Fliehenden ab, denen sich immer mehr Söldner anschlossen. Das große Tor Rividellos stand nun weit offen, und er sah mehr als ein halbes Hundert Lanzenreiter der Eisernen Kompanie herausströmen, gefolgt von der Miliz der Stadt. Auf ebenem Feld hätten diese Bürgersoldaten keine Chance gegen eine gut ausgebildete Söldnerkompanie gehabt, doch Malatestas kopfloses Heer war nicht einmal mehr in der Lage, sich zu einer Schlachtreihe zu sammeln.
    Rodolfo sah mit Ingrimm das Banner Monte Eldes bei den aus der Stadt ausfallenden Reitern auftauchen. Es wurde von einem Knappen getragen und neben diesem ritt eine schlanke Gestalt in Kettenhemd und Helm auf einem grauen Pferd. Er erkannte Caterinas Stute, und ihm war klar, dass der Reiter nur die Capitana sein konnte. Sie hielt ein Schwert in der Hand, musste es aber nicht einsetzen, da ihre Ritter einen undurchdringlichen Wall um sie bildeten.
    »Malatesta und Borelli müssen geahnt haben, dass die Tedesca einen Ausfall wagen würde. Die Schlacht ist verloren, und wer kann, haut natürlich ab!« Mariano zeigte auf eine Gruppe Söldner, die sich zu ihren Pferden durchgeschlagen hatten und nun der Staubwolke folgten, die Malatesta und dessen Begleiter hinterlassen hatten. Auch Lanzelotto Aniballi schwenkte mit seinem Trupp unvermittelt herum, durchbrach den Ring der Eisernen an dessen dünnster Stelle und stürmte davon. Das war das Signal zur allgemeinen Flucht. Wer von den Malatesta-Söldnern noch laufen konnte, nahm die Beine in die Hand, und wer nicht schnell genug war, wurde von den Reitern der Tedesca oder von der Stadtmiliz aus Rividello eingeholt, wobei sich Letztere weitaus blutrünstiger gebärdete als die Krieger der Compagnia Ferrea.
    Rodolfo musste mit einem bitteren Gefühl erkennen, dass die Felsplatte, auf die sie sich gerettet hatten, ihnen zwar Sicherheit vor dem ersten, ungestümen Angriffsschwung der Feinde geboten hatte, sich aber nun als Falle erwies. Sie befanden sich inmitten der feindlichen Truppen, und es gab keinerlei Möglichkeit, heil von hier wegzukommen.
    »Bildet einen Igel«, forderte er seine Männer mit vor Enttäuschung rauer Stimme auf.
    Sein Fähnlein gehorchte, doch ein Viertel von ihnen war bereits tot oder kampfunfähig. Rodolfo lobte seine Leute und sprach ihnen Mut zu. Ihre Gesichter zeigten ihm jedoch deutlich, dass sie sich der Aussichtslosigkeit ihrer Lage bewusst waren.
    »Sie werden uns zerquetschen wie eine Laus«, murmelte Mariano, und zum ersten Mal, seit Rodolfo ihn kannte, zeigte er Furcht. Rodolfo wurde bewusst, dass weiterer Widerstand nur sinnlose Opfer mit sich bringen würde, und focht einen harten Kampf zwischen seinem Stolz und seiner Verpflichtung für seine Männer aus. Das Letztere wog schließlich mehr.
    »Senkt die Waffen«, forderte er sein Fähnlein auf und hob die Hand, damit die Monte-Elde-Söldner es sehen konnten. »Wir sind bereit, uns zu ergeben!« Die Worte brannten auf seiner Zunge wie Gift. Er hörte,

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