Die Löwin
traurig machte, und nickte lächelnd. »Ich weiß! Doch jetzt geben wir einander in einer gefährlichen Situation Zuversicht, und dafür sollten wir dem Schicksal oder der heiligen Barbara dankbar sein.« Sie küsste Caterina noch einmal, zupfte deren Kleid zurecht und wies auf die Tür. »Das Arsenal wartet!«
15.
R odolfo schwankte, ob er Malatesta aufsuchen und so lange auf ihn einprügeln sollte, bis der Mann begriff, in welch missliche Lage er seine Kompanie gebracht hatte, oder lieber gleich seine fünfzig Lanzen nehmen und über eine der beiden noch freien Bergstraßen abrücken sollte. Dem ersten Wunsch standen Malatestas Leibwächter entgegen, die ihn zweifelsohne in Stücke hacken würden, dem zweiten seine Ehre. Wenn er ohne Erlaubnis Malatestas oder eines Befehls des Marchese Olivaldi abrückte, war er für alle Zeiten als Feigling gebrandmarkt. So sah Rodolfo das Verhängnis heraufziehen, ohne es aufhalten zu können.
Er hatte Späher ausgeschickt, um zu erkunden, wie nahe die Eisernen ihrem Lager bereits gekommen waren, und hoffte wider besseres Wissen, dass Caterina die Schlacht vermeiden und sich auf Verhandlungen einlassen würde. Er hatte jedoch schon einmal erlebt, wie rasch und kompromisslos die Tedesca zuschlug, und befürchtete Schlimmes. Daher schlief er in dieser Nacht sehr schlecht und sank kurz vor dem Morgen in einen Albtraum, in dem er sich allein einem Trupp Krieger gegenübersah, die alle Caterinas Gesichtszüge annahmen und lachend auf ihn einhackten. Dabei schrien und kreischten sie wie wilde Tiere und ihre Waffen machten einen Heidenlärm.
Mit diesem Bild vor Augen schreckte er hoch und begriff, dass die Geräusche aus seinem Albtraum tatsächlich existierten. Raue Männerstimmen brüllten fremdländische Befehle, von denen er die meisten verstand, denn er hatte auf Marianos Anraten die gleichen Begriffe in seiner Kompanie eingeführt, um Missverständnisse durch unterschiedliche Dialekte zu vermeiden. Einen Augenblick lauschte er verwirrt, dann wurde ihm klar, dass die Eiserne Kompanie das Lager angriff, obwohl noch nicht einmal richtig Tag war.
Mit einer zornerfüllten Bewegung schlug er das schweißnasse Laken zurück, sprang auf und rief nach seinem Knappen, der normalerweise neben dem Eingang schlief. Doch der war, wie sein zerwühltes Lager und sein am Boden liegendes Obergewand verrieten, kopflos davongelaufen. Um seine Kleidung anzuziehen, brauchte er den Kerl zwar nicht, aber Rüstung und Helm vermochte er nicht selbst anzulegen.
Während er mehrfach nach dem Burschen rief, suchte er seine Waffen zusammen und stellte dabei mit Schrecken fest, wie nahe der Kampflärm bereits herangekommen war. Als er den Kopf zum Zelt hinausstreckte, kam Mariano ihm entgegen, halb nackt und ohne jede Wehr, aber mit dem Schwert in der Hand.
»Die Eisernen greifen an, Rodolfo, ohne dass wir gewarnt wurden. Unsere Wachen müssen geschlafen haben!«
»Das wundert mich nicht – nach den Gewaltmärschen, zu denen Malatesta uns gezwungen hat.« Rodolfo spie aus und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Die meisten der eigenen Leute kämpften so, wie sie ihr Nachtlager verlassen, und mit dem ersten Gegenstand, den sie in die Hand bekommen hatten. Nicht weit von ihm versuchte Lanzelotto Aniballi sein Fähnlein um sich zu sammeln. Auch er war kaum bekleidet und nur mit einer Lanze bewaffnet. Er fluchte wie ein Stallknecht, dem gerade ein Hengst auf den Fuß gestiegen war, schien aber nicht wirklich zu begreifen, was um ihn herum geschah.
»Die Eisernen greifen an! Sammle deine Leute, damit wir eine Linie bilden können«, rief Rodolfo ihm zu.
Aniballi starrte verständnislos zu ihm herüber und wurde im nächsten Augenblick von zurückweichenden eigenen Truppen fortgeschwemmt. Rodolfo und die Männer, die sich um ihn gesammelt hatten, sahen sich plötzlich anstürmenden Monte-Elde-Söldnern gegenüber, die teilweise noch hoch zu Ross gegen sie anbrandeten. Rodolfo hieb mit dem Schwert um sich, verletzte ein Pferd und rammte, als es zusammenbrach, dem Reiter die Klinge in den Leib. Sein Beispiel feuerte die eigenen Leute an und für ein paar Augenblicke hielten sie stand. Dann aber drückte die überlegene Zahl der Feinde sie immer weiter zurück.
»Verdammt, warum unternimmt Malatesta nichts?« Mariano Dorati fluchte und brüllte, während die Gruppe Rodolfos Anweisung folgte und sich auf einen flachen Felsen zurückzog, der ihnen ein wenig Schutz vor Reiterangriffen bot. Der
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