Die Löwin
Bett und bat sie um einen Priester, um ihren Frieden mit Gott zu machen. Da Caterina während der Reise die gleiche Szene beinahe tagtäglich erlebt hatte, war sie der Meinung, dass es so schlimm nicht sein könne. Biancas besorgtes Gesicht aber verhinderte, dass sie ihre schlechte Laune an Malle ausließ.
Ihre Freundin hatte der Magd ein mit Parfüm angefeuchtetes Tuch auf die Stirn gelegt und massierte ihr gerade die Hände, um die Kälte aus ihnen zu vertreiben. Als sie Caterinas abwehrende Miene wahrnahm, schüttelte sie heftig den Kopf. »Malle geht es noch schlechter als auf dem Schiff. Das ist auch kein Wunder, denn die feuchte Luft hier nimmt selbst mir den Atem, und wenn man sich nur ein wenig bewegt, klebt einem das Hemd am Leib.«
Caterina trat ans Fenster, blickte über die Stadt auf ein Stück des Umlands und nickte verständnisvoll. Ravenna lag in einer weiten, sumpfigen Ebene, die von mehreren Flüssen durchzogen wurde, und das erklärte die Feuchtigkeit, die trotz der Hitze in den Mauern steckte. Die Wände des Zimmers, in dem man sie untergebracht hatte, waren teilweise mit einem weißen Belag bedeckt, der Caterina an Schimmel denken ließ. Als sie Bianca darauf aufmerksam machte, strich diese mit dem Zeigefinger neugierig darüber und leckte vorsichtig daran.
»Salzausfällungen und andere mineralische Dinge, ähnlich jener, die meine Brüder als Kinder gesammelt haben. Ich werde froh sein, wenn wir wieder unterwegs sind.«
»Nicht nur du! Ich will so bald wie möglich von hier weg und viele Meilen zwischen mich und die da Polentas dieser Stadt legen. Dieser aufgeblasene Kröterich Obizzo hat mir ins Gesicht gesagt, er würde mich auf der Stelle heiraten, wenn er über mich an den Titel meines Großvaters gelangen könnte. Was für ein Glück, dass meine Mutter nicht das einzige Kind des Marchese Olivaldi war und daher auch nicht seine Erbin.«
Bianca nickte verständnisvoll. »Ich habe gehört, dass dein Verwandter hier ein grausamer Mann ist, der kein Nein gelten lässt. Er würde dich mit dem Dolch an der Kehle zu einem Ja vor dem Altar zwingen.«
Caterina schüttelte sich. »Diesem Kerl würde ich sogar Botho vorziehen!«
Bianca hatte den Eindruck, dass dies das vernichtendste Urteil war, das ihre Freundin fällen konnte, und hob die Hände. »Was hast du gegen Botho? Er ist doch ein recht angenehmer Mann und benimmt sich höflicher als die meisten, die ich kenne. Ich bin überzeugt, du hättest es gut mit ihm getroffen.«
»Wohl kaum! In Deutschland stand er völlig unter dem Einfluss seines Vaters, und der hat einiges von einem Obizzo da Polenta an sich. Ich hätte nicht gedacht, dass dieser große, dumme Ochse sich je zu einem Mann mausern könnte, aber ich muss zugeben, dass Italien ihm gut getan und ihn verändert hat. Aber ich werde ihn auf keinen Fall heiraten. Ihn nicht und auch keinen anderen! Ich werde wohl bis zu meinem Lebensende Jungfrau bleiben.« Caterinas Wangen färbten sich bei diesen Worten rot, denn so weit war es mit ihrer Entschlossenheit nun doch nicht her. Sie hatte in Biancas Armen Wonnen gekostet, die sie neugierig auf das machten, was der heiligen Kirche zufolge nur brave Eheleute tun durften.
Bianca konnte nachfühlen, was in ihrer Freundin vorging, und lächelte. Die Zärtlichkeiten, die sie von Zeit zu Zeit mit Caterina teilte, waren nur ein kümmerlicher Ersatz für das, was sie mit Franz von Eldenberg erlebt hatte. Caterinas Vater war ein guter Liebhaber gewesen, und sie hatte sich so an seine betuliche deutsche Art gewöhnt, dass sie sich keinen ihrer temperamentvolleren, aber auch launischeren Landsleute als Ehemann vorstellen konnte. Botho war nicht mit ihrem toten Geliebten zu vergleichen und lief überdies wie ein junger Hund hinter Caterina her. Bianca glaubte weniger, dass er ihre Freundin liebte, sondern vermutete, dass er sie vor allem vor Amadeo Caetani beschützen wollte, der die Capitana bedrängte, um ihr die Macht über die Eiserne Kompanie aus den Händen nehmen zu können. Leider stellte Botho sich bei dem Versuch, Caterina zu umwerben, so ungeschickt an, dass diese seine Bemühungen völlig missverstand.
»Ich werde mit Botho reden müssen«, sagte Bianca nachdenklich.
»Warum? Was willst du von diesem zu groß geratenen Säugling?«
Bianca wurde rot und wusste nicht zu antworten, obwohl sie sonst nicht auf den Mund gefallen war. Caterina wandte sich ab und versuchte, ein Kichern zu unterdrücken. Was Botho und ihre Freundin betraf, so
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