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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Bauernmädchen.«
    Caterina lachte leise auf. »Dann bring mir ein Paar, du Quälgeist!«
    Malle zog ihr ein Paar leichter Schuhe an, ging dann noch einmal um sie herum, zupfte an der einen oder anderen Falte des Kleides und auch ein wenig an ihren Haaren. Dann nickte sie zufrieden. »So könnt Ihr Euch sehen lassen. Draußen steht nämlich ein hoher Herr. Er sei ein Conte, hat man mir gesagt.«
    »Hat dieser Graf auch einen Namen?«, fragte Caterina.
    »Rodolfo d’Abbati, zu Euren Diensten!« Rodolfo war es zu dumm geworden, von der halben Kompanie beäugt draußen vor dem Zelt zu stehen, und hatte seinen Kopf durch einen Schlitz hereingesteckt.
    Malle bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick, band dann aber doch den Eingang auf und trat zur Seite. »Ihr könnt hereinkommen!«
    Rodolfos strahlendes Lächeln und sein artiger Dank ließen ihren Unmut schnell verfliegen. Während er sich leicht vor Malle verbeugte, schätzte Caterina ihn mit einem schnellen Blick ab. Der Edelmann war vielleicht einen halben Kopf größer als sie, hatte recht breite Schultern und war dennoch schlank und sehnig. Seine eher derbe Tracht passte zu einem Mann von Stand, der sich zu den Kriegern zählte und viel unterwegs war. Sein Gesicht war angenehm männlich, ohne zu kantig zu wirken, und sein Lächeln entblößte zwei Reihen fehlerlos weißer Zähne. Die Nase war schmal und leicht gebogen, die Augen schimmerten wie lichtdurchfluteter Bernstein und die Haare, die unter seinem Barett hervorlugten, glänzten in einem Ton zwischen einem sehr dunklen Rot und Schwarz. Die Mägde auf Eldenberg hätten ihn gewiss einen äußerst attraktiven Mann genannt, dachte Caterina, in ihr aber löste sein Auftreten eher zwiespältige Gefühle aus. Hinter dieser einnehmenden Fassade konnte sich ein Teufel verbergen oder ein Verführer, der sie mit gut gedrechselten Komplimenten blind machen wollte für seine Absichten. Daher zwang sie ihrem Gesicht eine abweisende und hochmütige Miene auf.
    Rodolfo war überrascht. Die Frau, die auf dem Stuhl des Capitano saß, war jünger, als er erwartet hatte. Auch erschien sie ihm noch mädchenhaft mager und hatte das kalte, leblos erscheinende Antlitz jener Töchter des Nordens, in deren Adern Eiswasser statt Blut floss. Er konnte sich nicht einmal entscheiden, ob man sie wenigstens hübsch nennen konnte. Dann blickte er in ihre Augen und wusste, dass er vorsichtig mit ihr umgehen musste, denn in ihnen lag all das Feuer, das er in ihrem Gesicht und ihrer Haltung vermisste. Sie glühten wie zwei Opale und schienen sich durch seine Haut zu brennen, als wollten sie in sein Inneres schauen. Unwillkürlich beugte er den Kopf, um zu sehen, ob die Schlaufen seines Wamses auch alle geschlossen waren oder ob er vergessen hatte, den Schmutz der Landstraße abzuklopfen.
    Er benötigte all seine Selbstbeherrschung, um seine unwillkürliche Bewegung in eine tiefe Verbeugung übergehen zu lassen. »Signora, Euer Diener!«
    »Ihr könnt mich Signorina Caterina nennen«, antwortete sie kühl.
    Jetzt begriff Rodolfo, wer vor ihm saß: Monte Eldes ehelicher Spross, die Tochter Margerita da Polentas und damit die Enkelin seines Auftraggebers, deren Existenz der Marchese mit aller Gewalt leugnete. Für einen Augenblick fragte er sich, wie da Polenta reagieren würde, wenn er wüsste, dass das Mädchen in Italien weilte. Dann musste er innerlich auflachen. Olivaldi hatte sich ja noch nicht einmal um Caterinas Bruder Giacomo gekümmert, warum also sollte der Marchese sich für ein Mädchen interessieren, mit dem er um einiges weniger anfangen konnte? Aber genau dieses Geschöpf, das wurde Rodolfo mit schmerzhafter Wucht klar, machte seinen Auftrag schwieriger und gefährlicher. Er musste sich jetzt nicht vor einem Neffen verantworten, der den Tod seiner Verwandten weniger betrauerte als begrüßte, weil er ihm zu einem unverhofften Aufstieg verhalf, sondern vor der Tochter und Schwester der Ermordeten. Wenn Caterina di Monte Elde als Erbin zweier Kulturen sowohl die Unerbittlichkeit des Nordens wie auch die Leidenschaft und den Hass einer Italienerin in sich vereinte, hatte er von ihr keine Gnade zu erwarten.
    »Ihr wünscht, Signore?« Caterina dauerte das Schweigen ihres Besuchers zu lange.
    »Ich komme …«, begann Rodolfo, stockte aber, denn ihm schien es mit einem Mal nicht geraten, sich auf ihren Großvater zu berufen. »Ich komme, um Euch mein tiefstes Mitgefühl zum Tod Eures Vaters zu überbringen. Er war ein großer

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