Die Löwin
widerstehen zu können! Perugia, sagt er, würde sich nicht unter die Herrschaft eines Herzogs begeben, um der Herrschaft eines anderen Herzogs zu entgehen. Pah, als ginge es nur darum, hie Molterossa!, hie Milano! zu schreien. Es geht um Freiheit oder Knechtschaft, doch das wollen diese elenden Krämerseelen nicht begreifen. Sie sehen die Gefahr nicht, die durch diesen verdammten Visconti über unser Italien kommt. Wagt dieser Hund es doch, Städte und Landschaften an sich zu reißen, die seit der großen Schenkung durch Imperatore Constantino dem Stuhle Petri gehören. Bereits die Hand nach derart geweihtem Boden auszustrecken ist Ketzerei und Häresie, sage ich dir!«
»Ja, Onkel! Da gebe ich dir vollkommen Recht.« Amadeo nickte eifrig und setzte ein paar Verwünschungen gegen Visconti hinzu. Sein Onkel war ein treuer Vasall des Papstes Bonifatius in Rom, auch wenn er seinen Besitz wie ein König regierte. Den Gegenpapst Klemens in Avignon aber strafte er mit Missachtung.
Caetani kümmerte sich nicht um die Bemerkung seines Neffen, sondern redete sich seinen Ärger von der Seele. Als Nächstes goss er seinen Zorn über Leonello da Polenta aus, den Markgrafen von Olivaldi, der ein treuer Vasall des Kirchenstaats gewesen war, bis er vor einiger Zeit die Seiten gewechselt hatte und nun zu den Anhängern Gian Galeazzo Viscontis zählte. Auch der Verursacher dieses Verrats, wie Caetani es nannte, bekam seinen Teil weg.
»Verfluchter Nepotismus! Daran wird Italien noch ganz zugrunde gehen. Was musste Salvatore Tomacelli, dieser unreife Lümmel, auch unbedingt eine von Olivaldis Herrschaften an sich raffen? Seine Heiligkeit hätte dem Burschen auf die Finger klopfen müssen, anstatt ihm nachzugeben. Olivaldis Unterstützung und Rat werden uns bitter fehlen, sage ich dir. Aber heute ist alles nicht mehr so, wie es früher einmal war. Das sieht man ja schon an Rodolfo.«
Amadeo errötete leicht, als der Herzog seinen Vetter erwähnte. Rodolfo war der erste Anwärter auf die Nachfolge in Molterossa gewesen, aber er hatte sein Temperament nicht zügeln können und war immer wieder mit dem alten Herrn aneinander geraten. Das hatte es Amadeo erleichtert, sich seinem Onkel als angenehmer Erbe anzudienen. Nachdem Rodolfo begriffen hatte, dass sich die Waagschale zu seinen Ungunsten neigte, war er im Streit von seinem Onkel geschieden und hatte einen Verwandten seiner Mutter in Rom aufgesucht, um mit dessen Hilfe Karriere zu machen. Seitdem hatte Amadeo nur noch einmal von ihm gehört und lange an seinem Neid zu kauen gehabt, denn dem alten Kardinal war es gelungen, seinem Vetter den Titel eines Grafen d’Abbati zu beschaffen.
»Verfluchter Nepotismus!«, wiederholte der Herzog, als hätte er die Gedanken seines Nachfolgers gelesen. »Conte d’Abbati, ha! Der Titel ist so viel wert wie ein Hundeschiss. Andererseits … Graf d’Abbati und Herzog von Molterossa – das hätte einen guten Klang.«
Amadeo hatte es längst aufgegeben, den sprunghaften Gedanken seines Onkels zu folgen oder sich über sie zu ärgern, besonders, wenn sie Rodolfo galten. In Augenblicken wie diesem empfand er sogar große Zufriedenheit, war es ihm doch noch rechtzeitig gelungen, seinen Vetter auszustechen, bevor der alte Herr begriffen hatte, dass Rodolfo trotz allen Streits ein guter Gesprächspartner und wohl noch einiges mehr für ihn gewesen war.
Arnoldo Caetani schnaubte, wie er es immer tat, wenn seine Laune sank, und bleckte die Zähne zu einem bösen Grinsen. »Der Lümmel hat ein paar Buschräuber um sich gesammelt und wollte als Condottiere in die Dienste des Kirchenstaats treten. Durch diese Rechnung habe ich ihm jedoch einen Strich gemacht. Ich musste dem Präfekten in Rom nur ein paar deutliche Worte zukommen lassen, dann hat er Rodolfo und dessen Halsabschneider zum Teufel gejagt.«
»Na, dann macht mein Vetter wohl als Räuber die Lande unsicher.« Amadeo kicherte bei diesem Gedanken und zog sich dadurch den Zorn seines Onkels zu.
»Narr! Kein Caetani wird sich jemals so weit vergessen, fromme Pilger und unschuldige Reisende zu überfallen und auszuplündern. Der Lümmel ist in Olivaldis Dienste getreten. Der wird seine Freude an dem Querkopf haben! Wahrscheinlich hat Olivaldi Rodolfo auch nur besoldet, um mich zu ärgern. Aber er wird bald merken, dass er sich ins eigene Fleisch geschnitten hat. Ich vergönne diesem Gesinnungslumpen den Ärger, den der Bengel ihm bereiten wird.«
Die Miene seines Onkels verriet Amadeo, dass
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