Die Löwin
den Hauptschuldigen hinstellt, war gewiss nicht in seinem Sinn.«
Steifnacken drehte sich zu Caterina um und zuckte etwas hilflos mit den Schultern. »Der Signore könnte Recht haben. Dieser Mord hat Legrelli in ein schlechtes Licht gestellt und dürfte etliche Condottieri davon abhalten, sich mit seinen Abgesandten und denen seiner Verbündeten einzulassen.«
»Genau das ist bereits geschehen«, gab Rodolfo ehrlich zu.
Caterina achtete nicht auf ihn, sondern sah Steifnacken fragend an. »Können wir dem Mann da und vor allem diesem Legrelli Glauben schenken? Immerhin gibt Conte d’Abbati zu, dass der Podesta von Mentone und auch der Herzog von Mailand Grund genug hatten, den Tod meines Vaters zu wünschen.«
Der wackere Schwabe verzog die Lippen wie ein knurrender Hund. »Ich würde diesem Kerl liebend gern die Faust in den Rachen stopfen, so dass ihm das Schnaufen für ewig vergeht. Aber er bietet einen heiligen Eid an, und das würde er nicht, wenn er selbst von der Schuld Legrellis überzeugt wäre. Mir gefällt das Ganze nicht, denn wenn dieser Schurke von einem Podesta vor aller Welt als unschuldig dasteht, werden andere Condottieri wieder Vertrauen zu ihm und den anderen Verbündeten des Mailänders fassen. Wenn wir darauf eingehen, stärken wir Gian Galeazzo Viscontis Macht. Der aber ist der Hauptfeind unseres Auftraggebers.«
»Das sollte uns nicht weiter stören, denn soviel ich weiß, will mein Vetter, sobald er die Kompanie führt, mit Herzog Gian Galeazzo verhandeln, um sich ihm anschließen zu können.« Caterinas Gedanken kreisten so um ihren Vater und die Frage, wer ihn ermordet haben könnte, dass sie das ausplauderte, was Borelli sie gebeten hatte, vor jedermann geheim zu halten.
Steifnacken sog überrascht die Luft ein, und es fehlte nicht viel, dann hätte er mitten im Zelt ausgespuckt. »So laufen also die Pferde! Der brave Neffe, der wie durch ein Wunder dem Mordanschlag entgangen ist, will also tatsächlich zum Feind übergehen. Ich hoffe, Ihr lasst das nicht zu, Herrin! Euer Vater würde Borelli und wahrscheinlich auch Euch noch im Grab verfluchen. Sein Vertrag mit Pisa hatte besondere Gründe, die er mir leider nicht mitteilen wollte. Eines schwöre ich Euch jedoch: er wollte gewiss kein Gefolgsmann der Visconti-Schlange werden!«
Caterina wusste nicht so recht, was sie dem braven Kriegsmann antworten sollte. Sobald Borelli ihr das versprochene Geld übergeben würde, konnte er die Geschicke der Eisernen Kompanie nach seinem Gusto lenken. Ihr ging es jetzt in erster Linie um Legrelli und den Schwur, den er ablegen wollte. Sie kannte Italien zu wenig, um eine heilige Stätte nennen zu können, die selbst den größten Sünder vor einem Meineid zurückschrecken lassen würde, und sie wollte Steifnacken schon nach einem passenden Ort fragen, als ihr einfiel, dass ihre Kompanie in den Diensten der Stadt Pisa stand. Daher hielt sie es für das Beste, die Zeremonie dort abzuhalten.
»Wir können Legrellis Angebot nicht ablehnen, ohne unsere Ehre zu beschmutzen. Er soll schwören, und zwar in drei Wochen in Pisa. Kommt er, will ich ihn von dem Mordverdacht freisprechen, erscheint er aber nicht, so wird die Eiserne Kompanie auf der Seite sein, auf der er nicht steht.«
Da die beiden wieder Deutsch gesprochen hatten, fühlte Rodolfo sich missachtet und äußerte seinen Unmut durch heftiges Räuspern. Sofort wiederholte Caterina ihre letzten Worte in der romagnolischen Mundart, die sie von ihrer Mutter und von Malle gelernt hatte. Damit verblüffte sie ihren Gast, denn die meisten Deutschen, die er kennen gelernt hatte, verwendeten den lombardischen oder den toskanischen Dialekt.
»Pisa ist eine gute Wahl!« Rodolfo erinnerte sich, von Olivaldi gehört zu haben, dass Iacopo Appiano, der Stadtherr Pisas, ebenfalls ein Geheimabkommen mit Herzog Gian Galeazzo anstrebte, um sich gegen die Zugriffe der Republik Florenz abzusichern.
»Dann ist es abgemacht! Ihr könnt etwas essen und Euch ausruhen, bevor Ihr wieder zu Eurem Herrn zurückkehrt und ihm meine Entscheidung mitteilt!« Caterina winkte ihm zu gehen, doch Rodolfo gefiel es nicht, wie ein Lakai verabschiedet zu werden.
»Wollt Ihr mir heute Abend die Ehre Eurer Gesellschaft gewähren?« Er wusste selbst nicht, was ihn dazu trieb, gegen alle Konventionen zu verstoßen. Immerhin war Monte Eldes Tochter die Gastgeberin und hatte daher allein das Anrecht, ihn zum Abendessen oder zu einem Glas Wein einzuladen. Das galt umso mehr, da sie eine
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