Die Löwin
verneigte sich wie ein Domestike. Dabei entging ihm der Blick, mit dem der Herzog ihn musterte. Arnoldo Caetanis Miene verriet deutlich, dass ihm das kriecherische Wesen seines Neffen und dessen Dienstbeflissenheit mehr und mehr zuwider wurden. An Tagen wie diesen sehnte er sich nach seinem älteren Neffen, obwohl er wusste, dass sie beide schon binnen weniger Augenblicke aneinander geraten würden. Rodolfo glich einem feurigen Hengst, der sich kaum zähmen ließ; Amadeo dagegen wirkte wie ein lahmer Wallach, den man zu jedem Schritt antreiben musste, und das versprach nichts Gutes für die Zukunft Molterossas.
4.
D as Lager der Eisernen Kompanie war in einem besseren Zustand, als Rodolfo d’Abbati es erwartet hatte. Seit dem Mord an Monte Elde waren schon über drei Wochen vergangen, und er hätte erwartet, einen undisziplinierten Haufen vorzufinden, der kurz vor der Auflösung stand und sich so aufführte wie die Gruppe bei der Schenke.
Er hielt sein Pferd vor dem Wachtposten an, der ihm den Eingang versperrte, und lächelte auf ihn hinab. »Buon giorno, mein Guter. Wäre es dir möglich, mich dem neuen Capitano der berühmten Eisernen Kompanie zu melden?«
Friedel, der wie bei Caterinas Ankunft Wache hielt, musterte den Ankömmling mit geübtem Blick und kniff verwundert die Augen zusammen. Derbe lederne Reithosen, ein gestepptes Wams und ein Schwert ohne jeglichen Zierrat kennzeichneten in der Regel den Söldneroffizier. Doch dieser Mann trug nicht die Farben einer Kompanie, und er wurde auch nicht, wie es bei Männern dieses Ranges üblich war, von einem Knappen und einem halben Dutzend Knechten begleitet. Er konnte nicht ahnen, dass Rodolfo auf Begleiter verzichtet hatte, um nicht noch andere Leute in Gefahr zu bringen. Denn wenn eine Soldatenhorde sich der Kontrolle durch ihre Offiziere entzog, kannte ihre Mordlust keine Grenzen mehr.
Friedel kam zu der Überzeugung, dass es nicht seine Sache war, sich den Kopf über diesen Besucher zu zerbrechen, und trat beiseite. »Ihr könnt das Lager betreten, Signore. Aber es wird Euch nicht möglich sein, den neuen Capitano zu sprechen, denn der wurde noch nicht bestimmt. Ich denke aber, dass die Herrin Euch empfangen wird.«
»Die Herrin?« Rodolfos Lippen kräuselten sich spöttisch. Es war allgemein bekannt, dass Francesco di Monte Elde sich eine ebenso hübsche wie unbedarfte Gespielin zugelegt hatte. Sollte diese von dem ermordeten Capitano zur Herrin der Kompanie bestimmt worden sein, so konnte der berühmte Condottiere sein Testament wohl nur unter dem Einfluss erheblicher Mengen Alkohol geschrieben haben.
Friedel interessierte sich nicht für die Verwunderung des Besuchers, sondern rief vier Kameraden herbei, die Rodolfo in die Mitte nahmen und zum Zelt des Capitano – wie es immer noch genannt wurde – eskortierten.
Caterina hatte ein wenig geschlafen, aber nicht, weil sie von Müdigkeit überwältigt worden war, sondern um Borelli für eine Weile loszuwerden. Ihr Vetter bekniete sie immer stärker, ihm die Kompanie zu überlassen, doch in den langen Jahren, in denen sie Eldenberg mit geringen Mitteln hatte erhalten müssen, war sie Versprechen gegenüber misstrauisch geworden und deshalb nicht bereit, ihre Macht vorzeitig aus den Händen zu geben. Erst wenn Borelli ihr die Summe ausbezahlt hatte, die in ihrem noch nicht unterzeichneten Vertrag eingesetzt worden war, würde sie ihm mit der Kompanie auch das Kommando über die Männer überlassen. Sie wusste, dass Hans Steifnacken nicht bereit war, Borelli als Condottiere anzuerkennen, und hatte dem Unteroffizier bereits vorgeschlagen, sie mit einigen ausgesuchten Männern nach Eldenberg zu begleiten. Mit ihm an der Seite würde sie sich dort sicherer fühlen, denn weder ihr Verwalter noch ihre Knechte boten ihr Schutz gegen die Nachstellungen der Trefflichs auf Rechlingen. Noch wusste sie nicht, wie Steifnacken sich entscheiden würde, hoffte aber, dass er es in ihrem Sinne tat.
Als Malle sie weckte und ihr erklärte, es sei ein Besucher gekommen, spürte sie Neugier und begrüßte die Unterbrechung des normalen Tagesablaufs. Während Rodolfo vor dem Eingang warten musste, ließ Caterina sich von Malle in ihr Kleid helfen, strich ihre Locken zurecht und setzte sich auf den Klappstuhl.
»So, jetzt kannst du den Mann hereinlassen«, befahl sie ihrer Dienerin.
Diese betrachtete stirnrunzelnd die nackten Füße ihrer Herrin. »Nicht, bevor Ihr Schuhe anhabt. Ihr seht ja aus wie ein
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