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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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zeterte die krumme Alte, die vorhin schon hatte wissen wollen, daß »ein großes Unglück« passiert sei.
    Wieder war es Auer, der mit sachlicher Stimme darauf verwies, daß es noch eine andere Apotheke gleich unten am Marktplatz gab, wo ihr gewiß dieselbe Sorgfalt entgegengebracht würde wie von dem Herrn Gmelin.
    Darauf zerstreute sich die Menge.
    Bis auf Tobias.
    Dem war, als hätte sich sein Blut in zähen Mörtel verwandelt, der seinen Körper unaufhaltsam von innen heraus in ein Ding verwandelte, das bald von hartem Stein kaum noch zu unterscheiden war!
    »Was ist? Was glotzt du mich so an?« Auers Stimme brach den Bann.
    Tobias zuckte zusammen und fragte: »Da drin ist wirklich niemand?«
    Der Schmied verengte die Augen. Dabei hob er die geschickte Linke und hielt sie Tobias entgegen, als wollte er ihm hier und jetzt ein Kunststück zeigen.
    Der Jüngling wußte nicht, warum, aber diese Hand machte ihm plötzlich Angst. Sein Blick floh regelrecht von ihr zu Auers Schuhwerk.
    »Bezichtigst du mich etwa der Lüg'?« grollte das Mannsbild, das Bärenkräfte besaß.
    Tobias beeilte sich, den Kopf zu schütteln. »Nein ... Nein! Bestimmt nicht. Es ist nur ...«
    »Was?«
    »Ich dachte, ich hätte Gmelins Tochter gestern noch zu später Stund' gesehen .«
    »Ich weiß wohl, daß du Weiber siehst wie and're Leut' Maus' auf dem Kornspeicher«, zog Auer die Antwort ins Lächerliche. »Und jetzt verschwind', bevor ich dir den Stiefel in den After tret' - verdient hättest du's, du Bengel!«
    Noch einmal bewegte Auer die Hand, als versuchte er damit, etwas aus der Luft zu fischen.
    Tobias kehrte ihm ruckartig den Rücken und lenkte seine Schritte zur Hauptstraße hinab, auf dem kürzesten Weg zum Neckarufer.
    Eigentlich war ihm die Lust auf ein Bad vergangen, er wollte nur eine möglichst große Strecke zwischen sich und Auer bringen, denn seine Gedanken wirbelten durcheinander wie ein Stall voller Hühner, in den der Fuchs eingebrochen war.
    Es war tatsächlich Apotheker Gmelins Handschrift auf dem Stück Papier gewesen ...
    ... trotzdem konnte das, was Auer der Menge zur Beruhigung weisgemacht hatte, so nicht stimmen. Kristine hätte gesagt, wenn sie vorgehabt hätten, sonntags in aller Früh zu verreisen - oder?
    Tobias beschloß sich umzuhören, ob jemand mit eigenen Augen gesehen hatte, wie der Apotheker die Stadt verließ.
    Und wenn nicht .
    Was dann?
    Von klammen Gefühlen gepeinigt, stahl er sich in die nächste Gasse und wartete dort ab, bis Auer die aufgebrochene Haustür notdürftig wieder eingehängt und sich in Richtung der Schmiede davongemacht hatte.
    Bald darauf rannte Tobias zu Kristines Elternhaus zurück. Er wußte, daß ihm nicht viel Zeit blieb und er sich sputen mußte, denn Balthasar Auer würde gewiß nicht lange mit dem neuen Türschloß in der Hand auf sich warten lassen.
    In der Hand ...
    *
    Nicht die Düsternis, sondern etwas undefinierbar anderes drückte Tobias im Haus des Apothekers schwer aufs Gemüt. Vom ersten Schritt an, den er über die Schwelle tat, prickelte und juckte es ihm am ganzen Leib. Die Augen fingen an zu brennen und zu tränen, als stünde er im Rauch eines unsichtbaren Feuers, und sein Gaumen .
    Tobias bekreuzigte sich. Trotzdem wollte er erst umkehren, wenn er sich Gewißheit verschafft hatte, ob Auer - aus welchem Grund auch immer - gelogen oder doch die Wahrheit gesprochen hatte.
    Zu ebener Erde waren alle Räume verlassen, aber es gab noch ein Stockwerk, und von dorther fühlte sich Tobias in eigentümlichem Zwiespalt sowohl hingezogen als auch fortgestoßen. Ihm war, als wollte ihm die Treppe den Weg nach oben verwehren. Als bögen sich die knarrenden Stufen in wildem Protest unter seinen Schuhen durch, nicht willens, ihn zu tragen!
    Trotz dieser Anfechtungen und Sinnestäuschungen gelangte er hinauf, wo sich die Schlafstuben befanden.
    Tobias wußte, wo sich Kristines Fenster befand, deshalb orientierte er sich zunächst nach rechts. Durch die Ritzen der Fensterläden sickerte genügend Licht, um sich zurechtzufinden.
    Kristines Zimmer stand offen, in der entgegengesetzten Richtung waren alle Türen zu.
    Tobias näherte sich der unverschlossenen Stube.
    »Kristine?« Heiser kam der leise Ruf über seine Lippen.
    Es war verrückt, überhaupt nach ihr zu rufen, aber anders wußte sich Tobias in diesem Moment nicht mehr des Drucks Herr zu werden, der sich in ihm angestaut hatte.
    Natürlich kam keine Antwort. Nur ...
    Was war das?
    Im ersten Moment glaubte er, eine

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