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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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wollte.
    Das Haus, vor dem sie angekommen waren, gehörte Kaspar Henninger - und mit ihm verband den Schmied eine im ganzen Viertel bekannte Freundschaft.
    Henninger sollte Auer dereinst das Leben gerettet haben, hieß es. Vielleicht stimmte es, vielleicht auch nicht. Tobias hatte sich nie sonderlich für Männerfreundschaften interessiert.
    Möglicherweise war dies ein Versäumnis, das nun einen übertrie-ben hohen Preis von ihm forderte
    * »Auer! Was ist geschehen? Komm 'rein!«
    Tobias meinte den Blick Henningers wie einen knochigen Finger über sein Gesicht schaben zu spüren. Die Augen des Färbers glommen in einem Licht, als wären es Eingänge zu einer finsteren Höhle, in der ein schwaches Feuer entfacht worden war. Die hageren Züge verstärkten den Eindruck unduldsamer Strenge.
    Tobias leistete unbewußt wieder verstärkt Widerstand gegen die Faust an seinem Kragen. Der Gedanke, daß gleich die Tür von Henningers Haus hinter ihm ins Schloß fallen und er damit völlig von seinen anderen Mitmenschen abgeschnitten sein würde, legte sich wie ein eiserner Ring um seine Brust.
    Doch alles Gezappel nutzte nichts. Brutal zerrte der Schmied ihn mit sich durch die Tür. Auer war beiseite getreten, aber er folgte ihnen unverzüglich, nachdem er den Riegel von innen vor die Tür geschoben hatte.
    Tobias' Befürchtungen schienen sich in allen Punkten zu bewahrheiten. Trotzdem brachte er immer noch nicht die Energie auf, um echte Gegenwehr zu leisten. Auch seine Hoffnung, Auer würde -nun an seinem Ziel angelangt - endlich wieder die Hand von ihm nehmen, erfüllte sich nicht. Wie ein Klotz stand der Schmied inmitten der Wohnstube des Färbers und hielt den mitgebrachten Jüngling weiterhin unverdrossen - fast wie eine Jagdbeute - am Schlafittchen gepackt.
    »Also«, hob Kaspar Henninger noch einmal die Stimme an, »warum schleppst du mir diesen vermaledeiten Kerl an?«
    Obwohl er Auer direkt ansprach, flackerte sein Blick immer noch unablässig über Tobias.
    Aus der Tonnenbrust des Schmieds löste sich ein verächtliches Grunzen. Dann sagte er: »Das Früchtchen konnt's nicht sein lassen. Mußte unbedingt die Nase in Gmelins Haus stecken, obwohl ich's untersagt hatte! Irgendwie hat er es auch geschafft, wieder ungeschoren daraus zu entweichen. Aber er hat was geseh'n, was nicht gut für ihn ist .«
    »Was?« fragte Henninger knapp.
    »Das soll er dir wohl besser selber sagen!«
    Tobias krümmte sich innerlich. Obwohl der Wortwechsel zwischen Auer und Henninger eigentlich das Gegenteil vorspiegelte, war er überzeugt, daß der Färber längst wußte, worum es dem Schmied mit seinem Besuch hier ging.
    »Was willst du gesehen haben? Sprich!«
    Auers Hand war wie aus Eis. Tobias fröstelte schon die ganze Zeit, seit er die Berührung durch das Linnen seines Hemdes hindurch zu spüren bekam.
    Auf dem Weg hierher hatte er sich den Kopf zerbrochen, was Auer mit den Kokons in der Apotheke zu tun haben konnte - und was die grauweißen Hüllen selbst und die nie gesehenen, riesigen Spinnen zu bedeuten hatten. Nun bezog er auch Henninger in diese Fragen mit ein. Waren er und Auer Komplizen? Komplizen wobei?
    Sicher schien, daß er beiden nicht trauen konnte. Ihr Verhalten sprach Bände.
    »Ich - hab' nichts gesehen!«
    Auer schnitt eine feixende Grimasse, die nichts mit Erheiterung zu tun hatte. »Vorhin hast du noch was anderes erzählt.«
    »Das hab' ich erfunden«, sagte Tobias und schrie auf, als ihm die Hand an seinem Kragen auf eine nicht erkennbare Weise Schmerz zufügte, der sich bis in sein Rückgrat zu bohren schien.
    »Darf man lügen?« fragte Auer in einem Ton, der den katholischen Pfarrer nachzuäffen schien, der Tobias einmal wegen seines lockeren Lebenswandels und der Weibergeschichten ins Gewissen geredet hatte.
    »Ich lüg' nicht!«
    Der Schmerz fraß sich jetzt bis hinab in seine Lenden. Ein paar Herzschläge lang verschwamm alles vor Tobias' Augen, und sein Bauch tat ihm weh, als wollte sich der Knoten seines Nabels lösen und die Gedärme daraus hervorplatzen lassen. In Schüben kam und ging die Pein. Jedesmal schrie Tobias auf, als würde ihm ein Dolch in den Leib gerammt.
    Endlich ebbten die folternden Qualen ab.
    Auer und Henninger standen Schulter an Schulter vor ihm.
    »Ich versteh' nicht, daß er entkommen konnte«, hörte er den Schmied gerade im Brustton der Überzeugung sagen. Beide schienen sich schon eine Weile leise miteinander zu unterhalten, aber für die Dauer der Marter war Tobias nicht nur

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