Die Logik des Verruecktseins
Sich-schlecht-Fühlens kann Ihre Beziehung überprüft und durch Emotionalisierung wieder harmonisiert werden.
Darüber hinaus erkennen wir an der Otellex ® -Phobie, dass die emotionale Bewertung unserer Beziehungsstabilität äußerst wichtig für uns ist.
Aber warum ist das eigentlich so? Warum sind wir nicht Individuen mit ausgesprochener sexueller Toleranz? Man könnte vermuten, dies liege an unserer Erziehung, an unserer christlich-monogamen und latent lustfeindlichen Kulturtradition. Allerdings scheitern in der
Regel Sexperimente in kommunenartigen Lebensgemeinschaften, die menschliche Eifersuchtstendenzen durch Promiskuität zu umgehen versuchen, trotz aller physischer wie psychischer Anstrengungsbereitschaft der Experimentatoren. Daran haben auch orale Kontrazeptiva und die dadurch mögliche zuverlässige Selbststeuerung des Schwangerschaftseintrittes nichts geändert. Ethnologische Untersuchungen, die zu anderen Ergebnissen in anderen Kulturkreisen geführt haben, sagen mehr über die Erwartungen der Untersucher aus als über die Untersuchten. 27 Die Erziehung alleine kann es demnach nicht sein, die uns zur Eifersucht befähigt.
Die Verlustangst wie auch die Angst, alleinig in eine Beziehung zu investieren, aus der sich der Partner vielleicht bald verabschieden könnte, ist der Boden, auf dem giftige Eifersuchtsblumen am besten gedeihen, weil hier ein evolutionär gewachsenes Kerninteresse angegriffen wird. Das kooperative »Geschäft« des Miteinanders wird beim Menschen und anderen Tieren sehr stark von evolutionär gewachsenen Befürchtungen und Interessen gesteuert. Menschliche Kulturen sind ebenso eingefärbt von diesen Interessen und Befürchtungen wie tierische Lebensgemeinschaften. Der naturwissenschaftliche Zweig, der sich mit diesen Fragestellungen beschäftigt, ist die Soziobiologie. 28
Wir werden im nächsten Kapitel auf diesen Punkt zurückkommen, wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, warum, wie angedeutet, Männer schneller zur Eifersucht neigen als Frauen und wir darüber hinaus Geschlechterdifferenzen im dazugehörigen psychopathologischen Themenkreis untersuchen werden.
Damenwahl: Die sexuelle Selektion Variante I
1871 ergänzte Darwin seine Theorie der »natürlichen Selektion« durch die Beschreibung der »sexuellen Selektion«. 29 Die natürliche Selektion hatte das Augenmerk auf das Überlebensgeschick eines Individuums in seiner besonderen natürlichen Umgebungssituation gerichtet und über das hieraus resultierende Phänomen der evolutionären
Anpassung die Entstehung und Veränderung der Arten erklärt. Darwin erkannte aber darüber hinaus, dass Lebewesen einer Art nicht nur durch ihre natürlichen Lebensbedingungen geprägt werden, sondern auch durch den Wettbewerb untereinander im reproduktiven Geschehen, also in der sexuellen Konkurrenz. Hierdurch vermochte er Geschlechterdifferenzen im Aussehen wie im Verhalten bei verschiedenen Arten zu erklären. Diese Unterschiede führte er zum einen auf »intrasexuellen Wettbewerb« zurück, also auf Konkurrenzphänomene gleichgeschlechtlicher Individuen untereinander. Versuchen wir dies an unserer hoffentlich noch nicht überstrapazierten Bahnhofsmetapher zu erläutern.
Die normalen Bahnsteigwartenden besitzen als ihren üblichen Lebensraum den Bahnsteig. Dort warten sie auf die nächste Bahn und drängeln sich in einer Wettbewerbssituation zu den geöffneten Bahntüren hin. Gefragt ist in dieser Lebensstrategie vor allem körperliche Kraft. Aufgrund der natürlichen Unterschiede in der Merkmalsausprägung (Darwin sprach von »Variation«) unterscheiden sich verschiedene Wartenden in ihrer Körpergröße voneinander. Diejenigen Männchen, die am stärksten sind und sich somit am rücksichtslosesten vordrängeln können, haben eher Erfolg in der Konkurrenz gegenüber schwächeren Artgenossen. Für die Weibchen ist die eigene Körperkraft weniger wichtig, sie sind ja das wählende Geschlecht und gleichen eher Zuschauern der Bahnsteigbühne, auf der sich die Männchen mit ihrem Konkurrenzgehabe körperlich wichtig machen. Dadurch entwickelt sich eine evolutionäre Bahnungsrichtung innerhalb der Population der Art, die Merkmale Körpergröße und Körperkraft geschlechtsspezifisch auszubilden. Dies kann dann dazu führen, dass ein deutlicher sogenannter »Sexualdimorphismus« zwischen den Männchen und den Weibchen besteht. Männchen sind dann deutlich größer und kräftiger als die Weibchen, was auch tatsächlich für fast alle
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