Die Ludwig-Verschwörung
sie. »Eine weitere Burg, die Ludwig in der Gegend von Pfronten erbauen wollte. Leider kam ihm sein Tod dazwischen. Wobei ich vermute, dass ihm die Minister schon vorher den Geldhahn endgültig abgedreht hätten.«
Im dämmrigen Licht tappte Steven in den nächsten hohen Raum, wo sich weitere Modelle befanden. Mittlerweile hatte er sich wieder ein wenig gefangen.
»Das ist interessant!«, rief er Sara zu, die noch vor der Burgruine aus Gips stand. »Hier ist ein kleines Imitat einer Brunnengruppe, die für das Apollobassin unten am Kanal vorgesehen war. Also genau da, wo Theodor seiner Maria den Strauß Blumen geschenkt hat.« Steven betrachtete die Statue des griechischen Gottes auf seinem Sonnenwagen. »Schon wieder die Sonne als Symbol«, murmelte er. »Ich hätte wirklich schwören können, dass sie das Lösungswort ist!«
Sein Blick fiel auf eine Ziervase neben dem Modell. Eine Inschrift verriet ihm, dass sie ebenfalls aus Herrenchiemsee stammte. Auch hier prangte die Sonne über dem Konterfei von Ludwig XIV., das von Blumen aus feinstem Porzellan umgeben war. Weiter unten befand sich das Wappen des Sonnenkönigs, drei goldene Lilien auf blauem Grund.
Plötzlich hielt Steven inne, vor Aufregung vergaß er kurz zu atmen.
Drei goldene Lilien …
Mit klopfendem Herzen erinnerte sich der Antiquar an den letzten Eintrag des Tagebuchs, exakt an die Stelle, an der Theodor der schüchternen Maria mit schwülstigen Worten seine Liebe gestand.
Die Lilie ist seit jeher ein Symbol der Reinheit und Unschuld …
Der Assistent des königlichen Leibarztes hatte seiner Angebeteten nicht irgendwelche Blumen geschenkt, sondern ganz spezielle. Es waren Lilien gewesen, weiße Lilien! Konnte das ein Zufall sein?
Plötzlich fiel Steven wieder ein, wo er diese Blumen schon einmal gesehen hatte. Es war im Beratungszimmer gewesen, genauer gesagt auf dem Bild des Sonnenkönigs! Dessen ganzer Mantel war mit Lilien gepflastert gewesen. Sie hatten sie nur nicht als solche erkannt.
Irgendetwas will uns dieser Kerl dort oben sagen. Etwas gleichzeitig Verstecktes und Offensichtliches …
»Sara!«, rief er, während sein Herz immer schneller schlug. »Ich … ich glaube, ichweiß jetzt, was das Lösungswort ist!«
»Was?« Sara eilte mit schnellen Schritten auf ihn zu. »Sag bloß, du hast es gefunden! Hier im Museum?«
Steven schüttelte lachend den Kopf. »Es war die ganze Zeit um uns herum! Erinnerst du dich, welche Blumen Marot für Maria gepflückt hat? Es waren Lilien! Die Lilie ist das Wappen der Bourbonenherrscher, das Zeichen des Sonnenkönigs!« Er deutete auf die symbolisch dargestellten Blumen auf der Ziervase. »Sieh selbst, drei goldene Lilien auf blauem Feld!«
»Mein Gott!«, stöhnte Sara. »Dieses Zeichen war tatsächlich überall im ersten Stock! Sogar auf den Bänken im Spiegelsaal hab ich es gesehen.«
»Und auf dem Gemälde im Beratungszimmer!«, warf Steven aufgeregt ein. »Der Krönungsmantel des Sonnenkönigs, erinnerst du dich? Er war voll mit goldenen Lilien! Marot hat uns förmlich mit der Nase draufgestoßen. Er hat absichtlich die Lilien in seine Erzählung eingebaut! Seine pathetischen Worte von Unschuld und Reinheit, es hätte mir gleich auffallen müssen! Außerdem wären diese Blumen im Oktober längst verblüht.«
»Drei feuchte Küsse, wenn du recht hast.« Hektisch kramte Sara ihren Laptop aus der Tasche, stellte ihn auf einen der Glaskästen und tippte das Wort ›Lilie‹ in das Dechiffrierungsprogramm. Schon wenige Sekunden später zeichnete sich Enttäuschung in ihrem Gesicht ab.
»Mist!«, fluchte sie leise und drehte den Bildschirm so, dass Steven einen Blick darauf werfen konnte. »Wieder nur so ein Buchstabenknäuel!«
Steven sah zu ihr hinüber und starrte auf die Eingabefelder.
Eingabe
IDT
Schlüsselwort
LILIE
Ausgabe
XVI
XVI …
Der Antiquar hielt inne. »Moment mal«, sagte er schließlich. »Das ist kein Buchstabenknäuel, sondern eine römische Zahl, und zwar die Sechzehn. Was, wenn XVI für Ludwig XVI. steht? Das war immerhin der Enkel des Sonnenkönigs und auch ein Bourbone.«
»Du meinst …« Sara tippte die nächsten Rätselwörterin ihren Computer, und eine Reihe Zahlen erschien auf dem Bildschirm.
V, CXIII, LXXXXIII, VII, XVI, LIX, XV, LXXXXVIII, LXI, XXVIII, XXX, XII
»Tatsächlich«, sagte sie leise. »Alles römische Zahlen, insgesamt dreizehn.«
»Ob die auf irgendwelche Könige hindeuten?«, fragte Steven ratlos. »Deutsche oder französische
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