Die Ludwig-Verschwörung
einen gehörigen Schrecken eingejagt!«
Herr Huber lächelte. »Das genau war unsere Absicht. Wir wollten Ihnen zeigen, dass mit uns nicht zu spaßen ist. Nach und nach wollten wir den Druck auf Sie erhöhen. Hätten Sie wirklich etwas von der Entführung gewusst, wären Sie schon bald weich geworden.«
»Herzlichen Dank«, murmelte Steven. »Das nächste Mal hängen Sie sich am besten noch Totenkopfmasken um und rasseln mit Knochen.«
»Der Kampf unten im Lagerkeller des Antiquariats war dann wohl nicht mehr Teil dieses geplanten Schreckensszenarios?«, riet Sara.
Der Nautonier schüttelte betrübt den Kopf und deutete auf den linken seiner schweigenden Seneschallen. »Das war Herr Schmidt. Er sollte sich bei Ihnen im Keller nur mal kurz umschauen. Plötzlich stieß er auf diesen anderen Kerl …« Er seufzte tief. »Den Rest kennen Sie ja. Herr Schmidt verdankt Ihnen beiden sein Leben. Wir Guglmänner stehen deshalb in Ihrer Schuld.« Der Mann, der sich Herr Schmidt nannte, verbeugte sich schweigend.
»Ach, und deshalb haben Sie in Linderhof gleich noch mal versucht, mich zu Tode zu erschrecken?«, erwiderte Steven. »Bei Ihrem Auftritt als Zauberer ist mir beinahe das Herz stehen geblieben!«
»Was hätte ich denn tun sollen?« Der Vorsitzende der Guglmänner wandte sich von der Marmorstatue ab. »Wir wussten, dass irgendeine unbekannte Macht hinter Ihnen beiden her ist. Glücklicherweise hat Sie einer unserer Informanten an der Kasse erkannt. Ich musste in Linderhof unerkannt Kontakt mit Ihnen aufnehmen, sonst hätte ich mich selbst in Gefahr gebracht!« Er grinste kurz. »Das Zaubern ist neben dem Jagen meine große Leidenschaft. Vom Sicherheitspersonal hat niemand gemerkt, dass gar kein Zauberer auf dem Fest vorgesehen war. Und was den Trick mit der Kapuze angeht …« Herr Huber verneigte sich wie ein billiger Varietékünstler. »Tut mir leid, aber das konnte ich mir nicht verkneifen. Wir Guglmänner neigen von jeher zum Theatralischen, eine Eigenart, die wir übrigens mit dem König teilen.«
»Hier auf der Insel waren Sie auch nicht gerade sehr unauffällig«, sagte Sara. »Ich habe Sie alle drei heute im Kloster beobachtet. Und Ihr grüner Bentley, mit dem Sie uns von Albert Zöller aus gefolgt sind, war auch nicht zu übersehen.«
Der ältere Herr blickte sie erstaunt an. »Ein grüner Bentley? Wir fahren keinen grünen Bentley.« Achselzuckend begab er sich mit seinen stummen Seneschallen in den nächsten dunklen Raum. »Nicht nur der gute Albert Zöller kennt hier die Leute«, fuhr er fort. »Allein zwei der Sicherheitskräfte gehören zu uns, außerdem einige der Gärtner und der Mann unten an der Hafenkasse. Der hat uns auch über Ihre Ankunft informiert. Leider haben wir Sie, Herr Lukas, dann ein wenig aus den Augen verloren und erst vor dem Schloss wieder aufgespürt. Folgen Sie mir jetzt bitte. Ich will Ihnen etwas Interessantes zeigen.«
Sara und Steven betraten eine kleinere Kammer, in der links ein hölzerner Kahn zwischen einigen künstlichen Schilfpflanzen stand. Ein Ölgemälde dahinter zeigte eine Art Dschungelgarten, der sich in der Tiefe verlor.
»Dieses Boot stammt aus dem Wintergarten Ludwigs II. und stand einst auf dem Dach der Münchner Residenz«, erklärte Herr Huber und deutete auf ein paar alte Fotografien an der Wand gegenüber. »Leider wurde der überdachte Garten schon bald nach dem Tod des Königs abgerissen. Er war gewaltig, fast siebzig Meter lang und hoch wie eine Kirche! Es gab Palmen, Orangen- und Bananenbäume, eine Tropfsteingrotte, Wasserfälle, eine schilfgedeckte Hütte und einen kleinen See!« Die Stimme des Nautoniers überschlug sich nun fast. »Stellen Sie sich vor, über dem Berliner Reichstag gäbe es ein solches Refugium für unsere Politiker! Sie könnten dort oben wandeln, debattieren und ihren Träumen nachhängen! Wer weiß, vielleicht würden viele Entschlüsse ganz anders ausfallen.«
»Vielleicht sollten wir gleich Wasserpfeifen und Haschisch an die Fraktionen verteilen?«, schlug Sara vor. »Und der Bundespräsident lädt ein zu Trommelkurs und Feuertanz.«
Der Vorsitzende der Guglmänner schloss kurz die Augen. »Es tut weh, so etwas aus dem Mund der Nichte von Professor Liebermann zu hören«, murmelte er. »Ihr Onkel war ein großer Romantiker.«
»Aber kein romantischer Spinner, das ist der Unterschied.«
»Wie auch immer«, seufzte Herr Huber. »Was ich Ihnen beiden nur sagen will, ist Folgendes: Ludwig II. war ein Genie, eine
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