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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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wanderten auf den Ladentisch und bildeten dort einen Stapel, der in den letzten Stunden mehr und mehr gewachsen war. Der Schaden entpuppte sich als nicht so immens, wie Steven zunächst befürchtet hatte – aber dennoch groß genug, um darüber depressiv zu werden. Das Restaurieren alter Werke war immens teuer. Steven war sich im Klaren darüber, dass er niemals das Geld dafür aufbringen würde, die annähernd vierzig beschädigten Bücher wieder instand setzen zu lassen. Wenigstens war den Grimm’schen Hausmärchen nichts passiert. Er hatte sie ein wenig zerknittert, aber ansonsten unversehrt unter einem umgestürzten Regal gefunden.
    »Machen Sie Bilanz?«, fragte die Frau neugierig und deutete auf die Bücherstapel, die er noch nicht durchgesehen hatte.
    Steven seufzte. »Wenn Sie es genau wissen wollen, bei mir ist eingebrochen worden. Und ich versuche gerade wieder etwas Ordnung in meinen fast völlig zerstörten Laden zu bringen. Danke der Nachfrage, auf Wiedersehen.«
    »Oh«, sagte Audrey Hepburn. Nach einer Weile fragte sie: »Ist denn etwas gestohlen worden?«
    »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«
    Sein Tonfall war weitaus ruppiger ausgefallen, als er es beabsichtigt hatte, aber er war am Ende seiner Kräfte. Die stundenlange Beschäftigung mit den geschändeten Büchern hatte ihn mehr getroffen, als er sich selbst eingestehen wollte. Soweit er bisher feststellen konnte, fehlte seltsamerweise nur ein Buch. Es war ein Band mit deutschen Balladen, der aber nicht sonderlich wertvoll gewesen war. Vielleicht hatte er ihn einfach noch nicht gefunden. Auf der Polizeidienststelle heute Nachmittag hatte er deshalb angegeben, dass nichts abhandengekommen sei. Der zuständige Beamte teilte ihm daraufhin freundlich, aber unverbindlich mit, dass sie gegen unbekannt ermitteln würden, und schickte ihn zurück in seinen Laden, wo der Antiquar seitdem aufräumte und grübelte.
    Während der letzten Stunden hatte Steven immer wieder überlegt, wer hinter dem mysteriösen Einbruch stecken konnte. Eigentlich hielt er Frau Schultheiß nicht für fähig, so etwas in Auftrag zu geben. Aber vielleicht ihr Mann? Und dann war da natürlich noch der Fremde im Trachtenanzug von gestern Abend. Was hatte er gegen Ende des Gesprächs noch mal gesagt?
    Wir kommen wieder auf Sie zurück.
    Wer waren Wir ? Etwa die gleichen Leute, die seinen Laden auf den Kopf gestellt hatten, weil sie etwas Bestimmtes gesucht hatten? Etwas, was sich auf noch immer ungeklärte Weise in seinem Besitz befand? Waren diese Leute etwa hinter dem Kästchen her?
    Ich interessiere mich für Augenzeugenberichte aus der Zeit von König Ludwig II. Haben Sie so etwas?
    Steven musste niesen, als ihm der aufgewirbelte Staub in die Nase stieg. Als er sich ausgiebig geschnäuzt hatte, stand die Frau noch immer draußen vor dem zerstörten Schaufenster und lächelte wie eine Diva.
    »Gesundheit.«
    Steven musste trotz der Umstände grinsen. »Tut mir leid, dass ich Sie so angefahren habe, aber das alles hier« – er deutete auf die Stapel zerstörter und verdreckter Bücher und Buchseiten auf dem Tisch – »wächst mir einfach über den Kopf.«
    Audrey Hepburn nickte. »Keine Ursache. Ich habe auch nur eine ganz einfache Frage, dann bin ich schon wieder weg.« Sie holte etwas aus ihrer Handtasche, die genauso giftgrün war wie ihr Kopftuch, und reichte es Steven durch die Türöffnung. Es war das zerknitterte und leicht verschwommene Polaroidbild eines Mannes. »Kennen Sie diesen Mann?«, fragte sie ernst. »Er ist mein Onkel. War er zufällig in Ihrem Laden?«
    Steven schaute auf das Foto und zuckte zusammen. Kein Zweifel, es war der ältere Mann, der gestern sein Antiquariat aufgesucht hatte! Der Mann mit dem Bündel aus Packpapier und dem gehetzten Blick, der so plötzlich verschwunden war. Das Bild war zwar unscharf, trotzdem war der freundliche ältere Herr mit dem grauen Blazer und der Nickelbrille darauf gut zu erkennen.
    Steven nickte und gab der Frau das Foto zurück.
    »Der war tatsächlich gestern Vormittag in meinem Laden«, sagte er. »Wir haben uns ein wenig unterhalten, er ist dann aber wieder gegangen.«
    »Über was?« Die Stimme der jungen Dame bekam mit einem Mal etwas Hartes. »Über was haben Sie sich unterhalten?«
    »Na, so über dies und das. Hauptsächlich aber über Literatur. Er interessierte sich für die Tagebücher von Samuel Pepys und …«
    »Sie haben nicht zufällig über König Ludwig II. geredet?«
    Steven erstarrte. Er

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