Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
Vom Netzwerk:
bearbeitete mit der Uzi mittlerweile Bohle für Bohle, der Brückenboden zersplitterte in Hunderte einzelner Holzsplitter. Der Lärm war so infernalisch, dass Sara Angst hatte, taub zu werden. Bestimmt hatte man unten im Tal die Schüsse bereits gehört, doch bis irgendwer nach dem Rechten sehen würde, wäre es für sie bereits zu spät. Sie musste jetzt handeln.
    Und sie tat es.
    In einer kurzen Ruhepause zwischen zwei Schussfolgen setzte sie zu einem leisen Wimmern an. Leise, aber dennoch laut genug, dass Lancelot es hören musste.
    »Was zum Teufel …«
    Sie hörte seine Schritte über das Holz stampfen, immer schneller auf sie zu. Drei Meter, zwei Meter, einen … Jetzt musste er direkt über ihr sein. Sara stieß noch ein letztes Wimmern aus, dann tauchte Lancelots Arm mit der Uzi über ihr auf. Er schob sich über die Brüstung. Die Maschinenpistole, der Finger am Abzug, der behaarte Arm … Endlich zeigte sich Lancelots Gesicht, er beugte sich über das Geländer, das ihm nur bis zum Bauch reichte. Mit dem gesunden Auge zwinkerte er ihr zu und zielte dabei auf Saras Gesicht.
    »Game over, baby«, knurrte er. »Jetzt wirst du endlich lernen, was …«
    In diesem Augenblick umfasste Sara mit der Rechten das Handgelenk des Riesen direkt über sich. Sie schloss die Augen, löste die andere Hand vom Balken …
    Und ließ sich in die Tiefe fallen.
    Lancelots Gesichtsausdruck verwandelte sich im Bruchteil einer Sekunde in panisches Entsetzen. Er ruderte mit seinem freien Arm, er taumelte, dann kippte sein schwerer Körper wie ein Felsblock über die Brüstung. Ein Schuss löste sich und hinterließ ein brennendes Gefühl an Saras rechter Schläfe. Einen kurzen Augenblick lang begegneten sich ihre Blicke, dann ließ Sara seine Hand los. Schreiend und mit ausgestreckten Armen stürzte Lancelot in die Tiefe, während ihm die Uzi und die Glock wie zwei Plastikspielzeuge hinterherfielen.
    Der Schrei verstummte abrupt, als der Riese mit dem Kopf gegen eine Felswand krachte. Ein paar Mal überschlug sich sein Körper, dann plumpste er in das rauschende Wasserbecken. Wie ein morsches Stück Holz dümpelte er dort auf und ab, bevor ihn die Fluten über den nächsten Wasserfall Richtung Tal spülten.
    Sara hing an der Kordel ihres Kleides und pendelte in neunzig Metern Höhe sanft hin und her.
    »Yacht in der Karibik, was?«, brüllte sie hinunter in die Schlucht, während ihr die Tränen übers Gesicht rannen. »Gute Reise im Pöllatbach, du Arschloch! Und wehe, du suchst mich in einem Alptraum noch mal heim. Dann werde ich …«
    Ein hässliches Knirschen ließ sie innehalten. Mit einem Ploing rissen nach und nach die Fäden ihrer Kordel. Hilflos trudelte sie im Wind. Sie bewegte die Beine, schaukelte hin und her, um den rettenden Eisenbalken schräg über sich zu erreichen. Weitere Fäden knallten, verzweifelt streckte sie den rechten Arm aus, sie zappelte, zuckte, bis sie mit der Hand endlich das Eisen fassen und sich hochziehen konnte.
    Wie ein Kind seine Mutter, so umklammerte Sara mit Armen und Beinen die dicke Stange, die Kordel war bis auf einen dünnen Faden fast völlig zerrissen. Beinahe leblos rutschte sie an dem Eisen nach unten, presste ihre Beine gegen das kalte Metall und schloss die Augen.
    Sie fühlte eine alles überwältigende Ohnmacht in sich aufsteigen, und die Schlucht raste wie eine Faust auf sie zu.

42
    W ährend die Sonne als glutroter Ball im Osten aufstieg, marschierten Luise, Steven und seine zwei Bewacher über eine ausgetretene Felsentreppe auf den Gipfel des Falkenstein. Vor ihren Augen erstreckte sich die gesamte Bergkette der Alpen wie ein unendliches Felsenband nach links und rechts bis hin zum Horizont. Direkt neben Stevens Füßen fiel der Abhang schroff nach unten ab, nur einen Schritt weiter, und er würde über fünfzig Meter in die Tiefe stürzen.
    »Siehst du den kleinen weißen Fleck dort hinten?« Luise reichte ihm ein Fernglas. Als Steven hindurchschaute, konnte er zwischen den Bäumen tatsächlich Neuschwanstein erkennen.
    »Vom Fenster des Thronsaals kann man bei gutem Wetter Falkenstein sehen«, erklärte die Konzernchefin. »Ludwig hat die Burg auf einem Bild im Saal zusammen mit dem heiligen Georg verewigt.«
    Steven fiel erneut das Modell im Museum von Herrenchiemsee ein, die märchenhafte Burg aus Gips mit ihren Erkern und Zinnen. Doch die Ruine hier oben auf dem Gipfel hatte keinerlei Ähnlichkeit mit der sagenhaften Raubritterburg. Fassungslos starrte er auf ein

Weitere Kostenlose Bücher