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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Seile und eine Axt. Und beeilt euch gefälligst! Wir werden meinem Vetter ein würdiges Grab schaufeln.«
    Luise Manstein nahm die Hacke, und mit einem inbrünstigen Schrei trieb sie das Werkzeug tief in die Rinde des Baums.
    Sie fanden die Schatulle in etwa einem Meter Tiefe.
    Sie war aus rostigem Eisen und so verdreckt, dass sie die Männer zunächst für einen Lehmklumpen hielten. Die schöne Linde lag gefällt am Boden, die Wurzeln entzweigerissen und so zerfetzt, als hätte eine Fliegerbombe eingeschlagen. Luise tanzte um den zerborstenen Baum und hielt ihr Gesicht in den Nieselregen.
    »Es ist so weit!«, schrie sie mit sich überschlagender Stimme. »Das Schicksal erfüllt sich! Der letzte Beweis ist erbracht!«
    Sie ließ sich von den schwer atmenden Paladinen die Schatulle reichen und kratzte vorsichtig die Lehmschicht ab. Darunter kamen ein nietenbeschlagener Deckel und ein verrostetes Vorhängeschloss zum Vorschein.
    »Ein Messer, schnell!«
    Galahad reichte ihr das Messer, und mit einem gezielten Stoß brach Luise Manstein das poröse Schloss auf. Andächtig stellte sie die kleine Kiste auf den Boden, kniete sich nieder und öffnete den Deckel.
    Im Inneren der Schatulle lag ein versiegeltes Kuvert, feucht und übersät mit Schimmelflecken, aber ansonsten intakt.
    Luise griff danach, sie strich über das Siegel, das einen Schwan mit erhobenem Kopf zeigte. Das Messer fuhr unter das Siegel, das in kleine rote Krümel zerfiel. Mit spitzen Fingern zog die Konzernchefin den Brief aus dem Umschlag und entfaltete ihn vorsichtig. Sie schien am ganzen Leib zu zittern.
    »Wie viele Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet!«, flüsterte sie. »Seit ich ein Kind war. Jetzt geht mein Traum endlich in Erfüllung!«
    Luise kramte eine Lesebrille aus ihrer Brusttasche, setzte sie auf und bewegte lautlos die Lippen, als würde sie einen Zauberspruch murmeln.
    »Donnerstag, der 10.Juni 1886«, begann sie leise. »Ich, König Ludwig II. von Bayern, erkläre hiermit im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und bei bester Gesundheit, dass …«
    In diesem Augenblick ertönten die Sirenen.

43
    I rritiert blickte Luise auf. Auch Tristan, Galahad und Steven wandten sich erschrocken um. Der Antiquar glaubte seinen Ohren kaum zu trauen. Es war die gute alte Polizeisirene, die Fanfare der Kavallerie, die dem eingeschlossenen Fort zu Hilfe kommt.
    Aber wie ist das möglich?, dachte Steven. Das muss ein Traum sein, ein schöner Traum, mehr nicht.
    Doch für einen Traum waren die Sirenen eindeutig zu laut. Drei grünweiße Audis und ein Mannschaftsbus rasten mit Blaulicht die schmale gewundene Bergstraße zum Hotel herauf; ein weiterer Bus folgte. Als der Pilot unten am Parkplatz das Aufgebot kommen sah, stürzte er zum Hubschrauber und warf den Motor an. Kurz darauf begannen sich die Rotorblätter zu drehen, schneller und immer schneller, bis der Helikopter schließlich vom Boden abhob und zwischen den Wolken verschwand.
    Nur Sekunden später hatten die Polizeiautos den Parkplatz vor dem Hotel erreicht. Aus den beiden Mannschaftsbussen strömten grau gekleidete Männer mit Sturmhauben, MP5-Gewehren und Kevlar-Schutzwesten, offenbar Mitglieder einer Spezialeinheit, die hinter den Autos Stellung bezogen. Einige der Beamten schwärmten in die Wälder unterhalb des Gipfels aus, ein paar Mal ertönte noch das Klicken einer Waffensicherung, dann herrschte eine fast gespenstische Stille.
    »Hier spricht die Polizei!«, ertönte plötzlich von irgendwoher eine quäkende Stimme durch ein Megaphon. »Wir wissen, dass Sie dort oben sind, Frau Manstein! Geben Sie auf, jeder Widerstand ist zwecklos!«
    Luise Manstein erstarrte, ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse aus Schrecken, Irrsinn und Ratlosigkeit. Einen kurzen Augenblick glaubte Steven, sie würde den Brief zu Boden legen und aufgeben. Doch dann zog sie in einer blitzschnellen Bewegung die kleine Pistole unter ihrem Kostüm hervor und drückte sie Steven an die Schläfe.
    »Keinen Schritt näher!«, schrie sie. »Oder ich verteile sein Hirn über die gesamte Burgruine!«
    Mit seltsamer Ruhe steckte sie das Kuvert in ihr Dekolleté und gab ihren beiden Paladinen ein Zeichen.
    »Eröffnet das Feuer!«, befahl sie und rannte mit Steven in den geschützten Burghof. »Ihr müsst sie ablenken, bis der Helikopter zurückkommt!«
    Tristan und Galahad sahen sich verunsichert an. Dann warfen sie die Schaufeln zur Seite, zogen ihre halbautomatischen Waffen und gingen hinter den

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