Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
Vom Netzwerk:
etwas breitere Ritze konnte Sara erkennen, dass die Brücke auf einer bogenförmigen Eisenkonstruktion ruhte, die auf beiden Seiten im Felsen verankert war. Plötzlich stutzte sie.
    Konnte das eine Möglichkeit sein?
    Sieht nicht so aus, als ob ich eine Wahl hätte …
    Blitzschnell streifte Sara ihre unpraktischen Schuhe ab, dann täuschte sie eine Bewegung nach rechts an und kletterte im nächsten Augenblick links über das Geländer. Lancelot war so verdutzt, dass er wertvolle Zeit verstreichen ließ, bevor er sich endlich brüllend in Bewegung setzte. Als er den mittleren Teil der Brücke erreicht hatte, war Sara schon an einem der Eisenbalken nach unten geklettert. Der Riese beugte sich über das Geländer und glotzte sie mit seinem einen gesunden Auge hasserfüllt an.
    »Das bringt dir gar nichts, Flittchen!«, brüllte er. »Gar nichts! Ich knall dich ab wie einen lahmen Vogel!«
    Er rannte zurück zu den beiden Waffen, die noch immer auf den Planken am vorderen Teil der Brücke lagen, schob sich die Glock in den Gürtel und griff nach der halbautomatischen Uzi. Sara hangelte sich währenddessen an ihrem Balken weiter hinunter und stieg von dort auf eine waagrechte Strebe direkt unter die Brücke. Mit beiden Händen hielt sie sich an zwei Pfosten fest und wagte nun doch einen kurzen Blick nach unten.
    Der Anblick ließ ihr schlagartig übel werden, ihre Finger wurden einen kurzen Moment kraftlos. Nur mit Mühe gelang es ihr, sich am Eisen festzuklammern.
    Fast hundert Meter unter ihr stürzte der Wasserfall durch ein kleines Becken weiter ins Tal, die abfallenden Felswände waren atemberaubend steil. Ein leichter Wind fuhr ihr durch das Haar und zerrte an ihren Kleidern.
    Jetzt fing die Brücke auch noch an zu schwingen. Sara brauchte eine Weile, bis sie begriff, dass das Schwingen nicht vom Wind herrührte, sondern von Lancelot, der mit seinen über hundert Kilo Lebendgewicht über die Planken rannte. Sie konnte ihn nicht sehen, aber dafür umso deutlicher hören.
    »Wo bist du? Wo?«, schrie er in den Wind. »Bist du davongeflogen, mein Vöglein? Wo hast du dich versteckt, verdammt noch mal?«
    Sara atmete erleichtert auf. Offensichtlich konnte Lancelot sie von seinem Platz hinter dem Geländer nicht erspähen. Sie hörte, wie seine schweren Stiefel über die Bohlen stampften, hin und her, immer schneller, auf der Suche nach seinem Opfer.
    »Verfluchtes Weibsbild!«
    Plötzlich war das Bellen der halbautomatischen Uzi zu hören. Sara blickte erschreckt nach oben und sah mit Entsetzen, wie einige der Planken von Kugeln durchschlagen wurden. Eines der Projektile zischte nur knapp an ihrem Ohr vorbei.
    »WO BIST DU, SARA???«
    Lancelots Stimme überschlug sich fast, wieder splitterten einige der Bohlen. Sara presste die Lippen aufeinander, um nicht laut zu schreien und so ihr Versteck zu verraten. Was sollte sie tun? Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis eine der Kugeln sie treffen würde. Unter sich an der Nordseite der Brücke sah sie einen ungefähr zwei Meter breiten Eisenkorb, der wohl für Bauarbeiter dort angebracht worden war. Vielleicht konnte sie dorthin flüchten? Doch wie um alles in der Welt sollte sie die bestimmt dreißig Meter unterhalb der Brücke zurücklegen? Sara wusste, wenn sie noch einmal nach unten schaute, wurde ihr vermutlich schwarz vor Augen. Außerdem würde jede Bewegung ihren Aufenthaltsort verraten. Es musste noch eine andere Möglichkeit geben.
    Saras Gehirn arbeitete auf Hochtouren, während um sie herum die Kugeln einschlugen. Endlich formte sich in ihrem von Adrenalin umwölkten Kopf so etwas wie eine Idee. Sie hatte in ihrer Kindheit einmal Judo gemacht. Viel war von damals nicht übriggeblieben, aber eine Regel hatte sich tief in ihr Gedächtnis gegraben.
    Das Gewicht des Gegners ist deine eigene Kraft …
    Sara nickte grimmig. Hundert Kilo konnten eine Menge Kraft sein.
    Von ihrem Kleid löste sie den Gürtel, eine dünne Kordel aus Polyacryl, die dazu diente, die Taille enger zu schnüren. Prüfend zog sie an dem provisorischen Seil, es wirkte belastbar. Nur wie sehr?
    Mit angehaltenem Atem schob sie sich in Richtung Geländer, bis sie wieder den senkrechten Balken erreicht hatte, an dem sie vorher heruntergeklettert war. Sie band sich die Kordel um ihr linkes Handgelenk und knotete das andere Ende um den Balken. Wie an einer Kletterstange kroch sie schließlich Zentimeter für Zentimeter nach oben, bis sie direkt unter der Brüstung angekommen war.
    Lancelot

Weitere Kostenlose Bücher