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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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schroffer, vielleicht tausend Meter hoher Gipfel war frei von Bäumen, auf seinen Felsen thronte eine verfallene Ruine, die vor Urzeiten einmal eine Burg gewesen sein musste.
    Plötzlich tauchte eine Erinnerung in Stevens Kopf auf. Ihm fiel das Burgmodell ein, das im Museum von Herrenchiemsee gestanden hatte. Der Burghügel hatte so ähnlich ausgesehen wie der Berg unter ihm. Sara hatte damals sogar die Tafel gelesen, die sie über das geplante Projekt informiert hatte. Wie hatte die Burg noch mal geheißen? Burg …
    »Burg Falkenstein! Ein ideales Versteck, ich hätte es wissen müssen!« Luises Stimme brachte ihn zurück in die Wirklichkeit. »Ludwigs Traum von einer Raubritterburg! Nebenbei die höchstgelegene Burg Deutschlands.« Sie sah andächtig hinunter auf die Ruine, zu deren Füßen ein moderner Gebäudekomplex lag.
    »Die Burg, die im Mittelalter hier stand, war ein machtvolles Zeichen des Grafen Meinhard von Tirol, der sich das Füssener Land einverleiben wollte«, fuhr die Konzernchefin fort. »Doch als bewohnte Festung war sie zu hoch und unwirtlich gelegen, also verfiel sie mit der Zeit. Ludwig wollte hier sein Grabmal errichten, doch er starb, bevor die Bauarbeiten richtig anfingen. Einen besseren Ort hätte Marot wirklich nicht wählen können!«
    »Und dieses neue Gebäude dort unten?«, fragte Steven und deutete aus dem Fenster. »Das gehört wohl nicht zur Burg.«
    Luise schmunzelte. »Ein schmuckes kleines Luxushotel, das ich vor einiger Zeit erwerben konnte und mit einigen … nun ja, Anbauten versehen habe. Wenn ich gewusst hätte, dass sich Ludwigs eidesstattliche Erklärung nur ein paar Meter entfernt befindet …« Sie schüttelte lachend den Kopf.
    Der Hubschrauber neigte sich nun nach unten und landete auf dem Parkplatz vor dem Hotel. Trotz des Lärms blieben die Fenster dunkel, kein Mensch war zu sehen.
    »Glücklicherweise habe ich die Nebensaison genutzt, um einige Renovierungsarbeiten vorzunehmen«, sagte Luise Manstein, während die Rotorblätter sich nur noch müde im Kreis drehten. »Das Hotel ist geschlossen. Wir sind also ganz allein hier oben.«
    Sie nahm das Kästchen mit dem Tagebuch von einem der Rücksitze, packte es in einen mitgebrachten Nylonsack und riss die Tür auf. Eiskalte Gebirgsluft durchwehte das Innere des Helikopters.
    »Jetzt komm schon, Steven«, knurrte Luise. »Es wird Zeit, Ludwigs Erbe anzutreten.«

41
    M it der halbautomatischen Glock 17 in der einen und einer Uzi in der anderen Hand stand Lancelot in der Mitte der Marienbrücke und grinste Sara an, während die Schritte von Steven, Luise und den anderen langsam im Wald verklangen.
    »Nur wir zwei, Mädchen«, sagte er schließlich. »Sieht so aus, als wird es Zeit für den Showdown.«
    Der Riese summte eine Melodie, und Sara brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass es ›Bridge over troubled water von Simon und Garfunkel sein sollte. Schließlich legte Lancelot die beiden Waffen vor sich auf den Boden und kam immer noch summend und mit erhobenen Pranken auf Sara zu. Er sah aus wie der wahnsinnige Priester einer alten vergessenen Gottheit.
    Bleib klar im Kopf, dachte sie. Der Typ ist ein mit Testosteron vollgepumpter Sadist, eine durchtrainierte Kampfmaschine, ein Mörder und Söldner, aber davon abgesehen ist er ein ganz normaler Mensch. Und Menschen machen Fehler.
    »When darkness comes«, sang Lancelot jetzt mit seinem brummigen Bass. »And pain is all around …« Er lächelte breit. »Für das, was jetzt kommt, brauch ich keine Waffe. Das mach ich in Handarbeit. Und gleich morgen buch ich den Flieger, der mich zu meiner Yacht in die Karibik bringt. Es ist wirklich zu schade, dass du nicht mitkommen kannst.«
    Sara stand in der Mitte der Brücke, die von den Schritten Lancelots leise vibrierte. Der Riese war nur noch wenige Meter von ihr entfernt. Hektisch sah sie sich nach allen Seiten um und versuchte ihre nicht sehr zahlreichen Fluchtmöglichkeiten einzuschätzen. Die Lage war, gelinde gesagt, ziemlich aussichtslos.
    Wenn ich mich umdrehe und auf den Wald auf der anderen Seite der Schlucht zurenne, greift er zur Uzi und erschießt mich. Wenn ich stehen bleibe, wirft er mich von der Brücke. Wenn ich kämpfe, erwürgt er mich. Was tut am wenigsten weh?
    Der Morgen war angebrochen, und die ersten Sonnenstrahlen tauchten die Brücke nun in ein fast unwirkliches Licht. Das Geländer links und rechts war aus Metall und hüfthoch, die Brückenplanken aus stabilem Holz mit schmalen Ritzen. Durch eine

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