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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Was machen Sie hier?«
    Ein kräftiger Ordner in grauem Anzug kam auf ihn zu. An seiner Seite fiepte ein Walkie-Talkie.
    »Ich … äh … gehe spazieren«, erwiderte Steven. »Ist das verboten?«
    »Solange Sie hinter dem Absperrband bleiben, soll’s mir recht sein«, knurrte der Mann. »Hier findet heute eine Privatveranstaltung statt.«
    »Manstein, ich weiß.« Steven nickte und deutete nach oben zur Venusgrotte. »Sagen Sie, könnte ich trotzdem einen kurzen Blick …«
    »Vergessen Sie’s«, unterbrach ihn der Ordner. »Am besten, Sie suchen sich ein anderes Plätzchen zum Spazierengehen.« Sein Funkgerät quäkte, und er wandte sich abrupt ab, während er irgendetwas Unverständliches in das Gerät nuschelte.
    Steven wartete, bis der Mann verschwunden war, dann machte er kehrt. Er ging den Weg ein kleines Stück zurück, bis rechts ein schmaler Pfad in den Wald abzweigte. Auch hier war ein Absperrband angebracht, an dem ein Schild mit roten Buchstaben baumelte.
    BETRETEN VERBOTEN! HEUTE PRIVATE VERANSTALTUNG!
    Etwas unschlüssig blieb Steven davor stehen, aber weit und breit war kein Ordner zu sehen.
    Was soll’s!, dachte er schließlich. Sie werden mich schon nicht erschießen.
    Nachdem er sich noch einmal vorsichtig umgesehen hatte, schlüpfte er unter dem Band hindurch und stieg den steilen Pfad hinauf, der in den oberen Teil des Parks zu führen schien. Von fern waren noch immer Gelächter und das Motorengeräusch einzelner Autos zu hören, sonst war es hier zwischen den Buchen, Fichten und Linden so still wie vermutlich nur selten während der Saison.
    Schon nach kurzer Zeit zweigte ein weiterer schattiger Pfad nach rechts ab, der Steven schließlich zu einem Haufen Felsbrocken führte, die einen kleinen Hügel bildeten. Als er ihn umrundet hatte, stieß er auf eine türförmige graue Steinplatte mit einem Schlüsselloch. Er klopfte sanft dagegen und spürte, dass die Platte hohl war.
    Der Eingang zur Venusgrotte.
    Sollte er es einfach wagen, hineinzugehen? Noch einmal blickte sich Steven nach allen Seiten hin um, konnte aber außer ein paar neugierigen Eichhörnchen niemanden entdecken. Er atmete tief durch, dann drückte er gegen die Felswand.
    Im gleichen Augenblick öffnete sich vor ihm die im Fels versteckte Drehtür und eine Frau Mitte vierzig mit kurzen grauen Haaren trat hervor.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte sie mit schneidender Stimme, während sie Steven wie ein Stück Abfall musterte.
    Der Antiquar war so verblüfft, dass ihm zunächst die Worte fehlten. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit bekam er endlich den Mund auf. »Ich … ich wollte mir nur die Grotte ansehen«, stammelte er.
    »Vergessen Sie’s. Die ist heute geschlossen.«
    Die Frau mit den kurzen grauen Haaren verschränkte ihre Arme vor der Brust und funkelte ihn herausfordernd an. Sie trug einen engen Hosenanzug und kein Make-up, was ihr einen herb männlichen Ausdruck verlieh.
    »Das ist wirklich zu blöd«, murmelte Steven. »Was sag ich jetzt bloß meinem Chef, wenn ich ohne Story nach Hause komme?«
    »Story?« Die Fremde, bei der es sich wohl um einen weiteren Ordner handelte, zog die rechte Augenbraue hoch. Ansonsten blieb ihre Mimik wie zu Eis gefroren.
    »Äh, Greg Landsdale von der Wisconsin News.« Einer plötzlichen Eingebung folgend zog Steven seinen zerknitterten Notizblock und einen Bleistift hervor und verbeugte sich leicht. »Ich schreibe für unsere Leser in Milwaukee eine Geschichte über die Märchenschlösser Ludwigs. Neuschwanstein, Herrenchiemsee, Linderhof … Wir haben eine Menge Nachfahren deutscher Einwanderer, die so was interessiert. Tja, morgen geht mein Flug zurück, und mein Chef meinte, ich soll auf keinen Fall die Venusgrotte vergessen, sonst reißt er mir den Kopf ab.«
    Steven sagte Vinuuuusgrötte und gab sich auch sonst redlich Mühe, wie ein amerikanischer Provinzreporter mit vier Semestern Germanistikstudium zu klingen. Gerade noch rechtzeitig war ihm eingefallen, dass Saras Exfreund David in diesen Klamotten als Magazinjournalist unterwegs gewesen war. Steven grinste ein uramerikanisches Mir-gehört-die-Welt-Lächeln, während ihm der Schweiß in den Kragen der Lederjacke tropfte.
    »Ein kurzer Blick nur?«, fragte er zwinkernd. »Amerika wird es Ihnen danken.«
    Die Frau sah ihn argwöhnisch an, dann ging sie wortlos ins Innere der Höhle. Unentschlossen blieb der Antiquar am Eingang stehen, als mit einem leichten Hall die Stimme der Fremden aus der Grotte

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