Die Lüge
Wolfgang Blasting am Telefon zu Michael gesagt. Er ging nun offenbar davon aus, dass man es nur mit einem betrogenen Anleger zu tun hatte.
Ob Michael das ebenso sah, sagte er nicht, machte ihr nur während der Heimfahrt klar, dass er unverändert Zweifel an ihrer Version hegte, Susanne Lasko sei diejenige, welche gewesen. Wie hätte sie ihn damit auch überzeugen können, wo er die Bank in Nassau kannte? Und wie hätte eine Süßwarenverkäuferin es schaffen sollen, fünfeinhalb Millionen auf die Bahamas zu transferieren? Susanne Lasko mochte jaursprünglich im Bankgewerbe tätig gewesen sein – das hatte er am Morgen von Wolfgang Blasting gehört. Doch ihre Kontakte dürften sich auf die nächstgelegene Filiale der Kreissparkasse beschränkt haben, meinte er. Wenn Susanne Lasko je etwas mit Anlageberatung zu tun gehabt hatte, dann hätte sie höchstens ein paar Bundesschatzbriefe empfohlen. Wie hätte so eine Frau einen mit allen Wassern gewaschenen Unterweltboss von einer Gewinn bringenden Anlage überzeugen und völlig ausnehmen sollen? Wie nahe er den Tatsachen kam, ahnte er wohl nicht einmal. Und er war sicher, dass Wolfgang Blasting es ebenso sah.
«Wolfgang sagte, er hätte ein paar interessante Informationen über die Lasko. Am Telefon wollte er sich nicht näher darüber auslassen. Er wollte auch nicht, dass ich dir etwas erzähle. Das schmälere den Überraschungseffekt, meinte er. Er sei schon gespannt auf dein Gesicht. Sag ihm, wie es wirklich war, Nadia. Gib ihm, was er haben will. Tu es für uns und für das Baby. Ihm geht es nur darum, Hardenberg wegen Anlagebetrug und diesen Zurkeulen wegen Steuerhinterziehung in den Knast zu bringen. Ich bin sicher, er wird dafür sorgen, dass du mit einer Bewährungsstrafe davonkommst. Da gibt es ja diese Kronzeugenregelung.»
Noch auf der Landstraße mit den jungen Bäumen beschwor er sie, vernünftig zu sein. Dafür war es zu spät. Vernünftig wäre es gewesen, am Montag in einem der kleinen Läden zu Pamela zu sagen: «Ich muss mal rasch zur Toilette.» Und dann durch die Hintertür zu verschwinden. Das hätte Michael wahrscheinlich verstanden.
Als er in den Marienweg einbog, sprach er immer noch auf sie ein, wenn sie ihn wirklich liebe, könne sie ihm das jetzt beweisen. Das konnte sie nicht. Sie konnte ihm nicht einmal mehr zuhören. Überraschungseffekt, dachte sie. Interessante Informationen. Ja, die interessanteste war vermutlich das Ergebnisdes DN A-Tests . Dass Wolfgang Blasting sich darüber am Telefon nicht hatte auslassen wollen, war verständlich.
Am Telefon sagte man einem Mann doch nicht, dass er gar nicht mit seiner Ehefrau unterwegs war. Man sorgte nur dafür, dass der Mann die falsche Frau wieder mit zurückbrachte, damit ihr Handschellen angelegt und Anklage gegen sie erhoben werden konnte.
5. Teil
I hr war entsetzlich übel, als sie die Diele betrat. Mit knapper Not kam sie die Treppe hinauf, um sich frisch zu machen. Keine halbe Stunde später saß Wolfgang Blasting schon im Wohnzimmer. Er war sehr rührig gewesen während ihrer Abwesenheit. Sie brauchte eine Weile, um zu begreifen, was er sagte und dass es nicht vorbei war. Er hatte immer noch keine Ahnung, wem er gegenübersaß. Für ihn hatte sich nur das Bild abgerundet.
Die Mordkommission an seinem Wissen teilhaben zu lassen, hielt er für überflüssig. Sonst trampelten die am Ende herum wie Elefanten im Porzellanladen. Das war nun wirklich kein Fall für simple Mordermittler. Außerdem wollte er sie aus der Schusslinie halten, nicht nur aus rein nachbarschaftlicher Sympathie. Er wollte etwas von ihr, vorerst nur Zugang zu ihrem Rechner. Die Disketten seien ja ganz nett gewesen, meinte er grinsend, jedoch nicht das, was er brauche, um Hardenberg und Zurkeulen festzunageln.
«Ich kann mir schon denken, dass du gewisse Befürchtungen hegst und deshalb nur unverfängliche Daten kopiert hast», sagte er. «Aber eine Hand wäscht die andere, Nadia. Ich schaue mir alles an und vergesse auf der Stelle wieder, was dich in irgendeiner Weise belastet, einverstanden?»
Sie nickte nur. Der Knoten im Innern löste sich allmählich auf und ließ ihr wieder genügend Raum, um durchzuatmen. Wolfgang Blasting fuhr fort. Nach seinen bisherigen Erkenntnissen sprach nichts dagegen, dass eine Süßwarenverkäuferin in Hardenbergs Auftrag fünfeinhalb Millionen ins Auslandgeschafft hatte. Die Lasko sei, wie er abfällig, aber mit einer gewissen Anerkennung erklärte, äußerst geschickt
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