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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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davon ausgegangen, dass du eins brauchst, oder?»
    Phil erkundigte sich, worum es ging, und offerierte noch einmal das Gästezimmer. Es handelte sich um das Zimmer, in dem sie aufgewacht war. Die Couch ließe sich ausklappen, erklärte Phil, und ergebe ein recht passables Bett, nicht breit, aber – gamutlich. Bei dem einzigen Wort, das er einigermaßen verständlich in Deutsch aussprach, grinste er.
    «Mir reicht das», sagte Michael. «Du musst dir das nicht antun, wenn es dir nicht passt. Ruf einfach in der Klinik an, sie nehmen dich bestimmt schon heute Abend auf.»
    «Glaube ich nicht», sagte sie. «Ich habe mich ja erst für Montag angemeldet.» Seine Vermutung kam ihr nicht ungelegen. Wenn sie montags in ein Taxi stieg und er glaubte, sie ließe sich in eine Klinik bringen, würde er sie nicht so schnell vermissen.
    Kurz nach Mitternacht folgte er ihr in das kleine Zimmer, schloss die Tür, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und fragte, in welcher Klinik sie sich am Montag einquartieren wolle.
    «Was geht dich das an?», fragte sie. «Du brauchst nicht Händchen zu halten. Das schaffe ich schon allein.»
    Er nickte. «Die Polizei hat bestimmt noch ein paar Fragen zum Freitagabend. Ich könnte ihnen sagen, dass du in der Kettlerstraße warst und ich bis zwölf auf dich warten musste. Und das sage ich ihnen auch, wenn du dich weiter so aufführst, als ginge das nur dich etwas an. Ich hab ja wohl auch was dazu getan.»
    Worauf er hinauswollte, wusste sie nicht. Es klang fast, als wolle er dabei sein, wenn sein Kind aus ihr herausgeschabt wurde. In diesem Moment war sie nur Susanne Lasko. «Erzähl ihnen von mir aus, was du willst. Dass du mir hinten und vorne nicht traust, weiß ich inzwischen zur Genüge. Und in diesem Fall hast du sogar ausnahmsweise Recht. Ich bin nicht mit Absicht schwanger geworden. Aber jetzt habe ich es im Bauch, und da bleibt es drin, bis die Wehen einsetzen. Ob dir das passt oder nicht.»
    «Du willst es?» Er war völlig fassungslos. Und sie hatte Nadia natürlich auch das geglaubt: «Er dreht durch, wenn er erfährt, dass er einen Schreihals fabriziert hat.»
    «Warum hast du dich dann für eine Abtreibung angemeldet?»
    «Hab ich nicht», sagte sie. «Auf die Idee bist du gekommen. Ich hab dir nur nicht widersprochen. Wozu auch? Ich kann doch sagen, was ich will, du glaubst es nicht. Und ich brauche dich nicht, um mein Kind zu bekommen. Du willst dich doch scheiden lassen. Tu das. Ich komme allein zurecht.»
    Er war mit zwei Schritten bei ihr und riss sie an sich. Von dem Moment an war alles anders. Sie begriff erst nach Stunden, was sie für ihn getan hatte. Sie! Nicht Nadia! Und wenn er eines Tages begriff, wer sie war, vielleicht konnte er sie dann dafür lieben. Wenn er irgendwann erkannte, dass er mit einer Kopie lebte, vielleicht wusste er dann schon, dass ihre Vorstellung von Liebe der seinen näher kam als alles, was Nadia je für ihn getan hatte. Ihm das Studium in den USA bezahlt, ihm einen Jaguar geschenkt. Aber ein Leben nach seinen Vorstellungen hatte Nadia ihm nicht geboten und seiner Sehnsucht nach einem Kind mit zwei durchtrennten Eileitern einen Riegel vorgeschoben.
    Dass es trotzdem zu einer Schwangerschaft gekommen war, nun, man konnte Doktor Wenning verklagen, der den Eingriff vorgenommen hatte. Man konnte aber auch einfach nur glücklich sein über die stümperhafte Arbeit. Michael war restlos glücklich, wollte alles vergessen, ganz neu mit ihr anfangen. Wenn es nur so einfach gewesen wäre.
    Am Samstagmorgen verlor er keine Zeit, ihren Willen bekannt zu geben. Es gab deshalb einige Sprachprobleme, die man als glückliche Nervosität einer werdenden Mutter auslegte. Und kurz nach dem Frühstück lösten sie sich in Wohlgefallen auf. Pamela bat, deutsch mit ihr zu sprechen und sie zu korrigieren, wenn sie sich falsch ausdrückte. Im Gegensatz zu Phil, der seine Muttersprache für universell und alles andere für überflüssig hielt, war Pamela bemüht, zu lernen. So unterhielten sie sich ausgezeichnet, Michael mit Phil, sie mit Pamela.
    Kurz vor Mittag bemühte Michael sich endlich um ein Hotel. Phil fuhr sie hin. Sie stellten nur die Koffer ab. Der Samstag zeigte sich von einer etwas besseren Seite. Es war kalt, aber trocken. Trotzdem gab es für sie keine Sehenswürdigkeiten. Nadia war schon so oft in Paris gewesen, dass Michael nicht auf den Gedanken kam, mit seiner Frau eine Besichtigungstour zu unternehmen. Vom Hotel aus fuhren sie zurück zu Phil und

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