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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Deutschen Bank lag in der Nähe.
    In der Schalterhalle herrschte reger Betrieb. Nur zwei Kassen waren geöffnet, vor beiden hatten sich Schlangen gebildet. Sie stellte sich am Ende der linken, kürzeren Schlange an und wartete. Nach wenigen Sekunden stellte sich das gewohnte Unbehagen ein. Automatisch tasteten ihre Augen die Umgebung ab und suchten Fluchtwege. Eine Doppelglastür führte ins Freie. Die rechte Schlange war näher an der Tür. Sie wechselte hinüber und schaute sich weiter um.
    Im Hintergrund führte eine Tür in die Büroräume. Sie kamen aus dieser Tür. Der Gedrungene in einer Lederjacke, die er offen trug, sodass er eine Hand darunter schieben konnte. Es sah aus, als hielte er sich die Brust fest. Der Dunkelhaarige, den sie am Flughafen für Nadias Liebhaber gehalten hatte – er hätte auch besser zu Nadia gepasst als der dicke Hardenberg   –, trug über einem eleganten Anzug einen teuer aussehenden Mantel und einen Aktenkoffer mit Zahlenschlössern in der Hand. Mit raschen Schritten strebten sie dem Ausgang zu. Für die Schlangen vor den Kassenschaltern hatten sie keinen Blick. Sie schaute ihnen unwillkürlich nach. Beide passierten die Doppelglastür, der Gedrungene trat hinaus auf die Straße. Der Dunkelhaarige stockte, sagte etwas, drückte seinem Begleiterden Aktenkoffer in die Hand und kam zurück. Sie drehte zwar noch rasch ihr Gesicht zur Seite – aber es war zu spät.
    Sie fühlte seine Hand auf der Schulter und hörte seine Stimme: «Welch nette Überraschung.» Gezwungenermaßen schaute sie ihn an. Er lächelte, sie lächelte steif zurück und überlegte, wie sie ihn abwimmeln könnte. Mit spöttischem Blick schaute er an der Schlange entlang. «Mit Ihnen hatte ich hier nicht gerechnet. Aber es trifft sich gut. Ich habe es sehr bedauert, als Herr Hardenberg mitteilte, er habe sich von Ihnen getrennt. Ich hoffe, Sie haben Zeit für eine kleine Unterhaltung.»
    Sie schüttelte den Kopf, er lächelte weiter. «Das ist bedauerlich. Und ich kann es nicht akzeptieren. Herr Hardenberg konnte mir leider nicht genau erklären, wie es zu dem Zusammenbruch von Joko-Elektronik gekommen ist.»
    Über Joko-Elektronik hatte sie etwas gelesen – auf fünf oder sechs von den zweihundert ausgedruckten Seiten. Dem Klang nach eine japanische Firma, die neue Computerchips entwickelte, aber offenbar nicht so gut verkaufte, wie Nadia sich das gedacht hatte. Rasch zupfte sie zwei Haarsträhnen in die Stirn und murmelte: «Sie verwechseln mich.»
    Der Gedrungene war nicht mehr zu sehen. Der Dunkelhaarige lachte leise. «Das glaube ich nicht.» Damit griff er auch schon nach ihrem Arm und zog sie aus der Schlange auf die Doppelglastür zu. «Wir können uns in meinem Wagen unterhalten, da sind wir ungestört.»
    «Lassen Sie mich los!», verlangte sie energisch. «Sie verwechseln mich.» Einige Leute aus der Schlange drehten sich um, aber niemand machte Anstalten, ihr beizustehen.
    Er zerrte sie weiter. Seine Stimme war nun gedämpft. «Kein Aufsehen, in Ihrem eigenen Interesse. Ich will mein Geld zurück, die kompletten zweihunderttausend! Oder dachten Sie, ich könne eine so lächerliche Summe leicht verschmerzen?»
    Scheiße, dachte sie, und es huschte ihr über die Lippen, ehe sie es verhindern konnte. Der Dunkelhaarige gab sich irritiert und meinte amüsiert: «Welch hässliches Wort aus diesem schönen Mund. Darf ich daraus schließen, dass Sie sich außerstande sehen, meine Bitte zu erfüllen? Dann werde ich wohl feststellen lassen müssen, wo Ihre Schmerzgrenze liegt.»
    Inzwischen hatten sie die Doppelglastür erreicht. Er stieß eine Hälfte mit dem Ellbogen auf und wollte sie an sich vorbei ins Freie schieben. Mit einem heftigen Ruck entriss sie ihm ihren Arm, trat einen Schritt zurück in die Halle und erklärte noch einmal mit fester Stimme: «Sie verwechseln mich. Schauen Sie sich meinen Ausweis an. Ich bin nicht Nadia Trenkler.»
    Für einen Moment hatte sie ihn verwirrt. «Wer ist Nadia Trenkler?» Dann griff er erneut nach ihrem Arm, packte ihn fester und zog sie auf die Straße. «Kommen Sie, Frau Lasko. Ich halte es unter diesen Umständen für sinnvoller, die Unterhaltung gleich von Ramon fortsetzen zu lassen.»
    Unerbittlich zerrte er sie hinter sich her auf einen am Straßenrand geparkten Wagen zu. Es war die schwarze Limousine mit dem Frankfurter Kennzeichen und den getönten Scheiben, die sie am Flughafen gesehen hatte. Der Gedrungene saß bereits hinter dem Steuer, stieg aus, als

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