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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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der Fahrt im Bus hielt sie Ausschau nach der schwarzen Limousine. An die fünfhundert Meter von der Bushaltestelle bis zur Confiserie dachte sie mit nur mühsam unterdrückter Panik.
    Der rote Alfa hielt genau in dem Moment am Straßenrand, als der Bus wieder abfuhr. Nadia sprang ins Freie. Sie trug einen schicken Hosenanzug und darüber eine gefütterte Windjacke mit pelzbesetzter Kapuze, die sie tief ins Gesicht gezogen hatte. Sekundenlang standen sie sich in der feuchten Kälte gegenüber. Nadia strahlte sie an wie eine gute Freundin. «Gestern Abend habe ich es leider nicht mehr geschafft. Nun erzähl mal, was ist denn passiert?»
    Schwankend zwischen Zorn und Erleichterung, berichtete sie noch einmal von ihrer Begegnung mit dem Dunkelhaarigen und seinem Chauffeur, Schläger oder sonst was. Nadia beschwichtigte. «Kein Grund zur Aufregung. Zurkeulen spielt sich gerne auf, aber er kann gar nichts unternehmen, dann bekommt er mächtigen Ärger mit dem Fiskus. Das weiß er auch genau. Er ist harmlos, glaub mir.»
    Zurkeulen, das war der Name mit der höchsten Summe auf dem zerrissenen Alfo-Investment-Blatt, Markus Zurkeulen und weit mehr als fünf Millionen. Dass er gestern nur von zweihunderttausend gesprochen hatte, schien tatsächlich für eine Fehlinvestition zu sprechen. Trotzdem! «Für dich bestimmt», sagte sie. «Du hast mit meinem Namen   …» Weiter kam sie nicht.
    «Ein Hotelzimmer gebucht», betonte Nadia und erklärte für den gesamten Rest Philipp Hardenberg verantwortlich. Aber Philipp habe bestimmt nicht in betrügerischer Absichtgehandelt, beteuerte sie. Da er vom Tausch der Ausweispapiere wusste, habe er seinem Kunden eine Frau Lasko offeriert. Er sei davon ausgegangen, dass Zurkeulen einen Ausweis sehen wolle, ehe er einer ihm unbekannten Frau eine große Summe Bargeld aushändigte.
    Unterlagen, dachte sie. Von wegen Unterlagen. Ein Köfferchen voller Geld hatte Nadia am Flughafen in Empfang genommen. Bei Schrag und Röhrler waren es nur Umschläge gewesen. Nadia und Hardenberg betrieben dasselbe offenbar auf höherem Niveau. Was den Rest anging, glaubte sie Nadia vorerst kein Wort. Zurkeulen musste Nadia vorher schon einmal getroffen haben. In den Alin-Briefen eins bis neun war doch eine Mitarbeiterin angekündigt worden. Dass sie sich im Besitz dieser Schreiben befand, verschwieg sie, stellte es so dar, als habe Zurkeulen eine vorangegangene Begegnung erwähnt.
    «Ja», räumte Nadia ein. «Er hat mich einmal in Helgas Büro gesehen, als er einen Termin bei Philipp hatte. Und dann lief ich am Flughafen seinem Bodyguard in die Arme, weil ich noch rasch zur Toilette wollte, ehe ich zum Parkplatz kam. Was hätte ich denn machen sollen? Ich sah bereits Scherereien auf mich zukommen, weil ich nur meinen eigenen Ausweis dabeihatte. Zum Glück gab Zurkeulen sich mit der Legitimation zufrieden, die Philipp mir mitgegeben hatte.»
    Philipp habe die Angelegenheit anschließend rasch bereinigen wollen, behauptete Nadia weiter, nur deshalb habe er Zurkeulen erklärt, Susanne Lasko habe die Firma Alfo Investment wieder verlassen. Unglücklicherweise sei kurz darauf diese kleine Firma in Konkurs gegangen, weil ihre Computerchips auf dem Markt nicht den erwarteten Absatz fanden, sodass Zurkeulen da möglicherweise etwas missverstanden habe.
    Sie glaubte nicht einmal die Hälfte und war nur an einem interessiert: «Kannst du ihm sein Geld zurückgeben?»
    «Nein», sagte Nadia. «Ich könnte den Verlust schon ausgleichen. Aber Philipp betreut Zurkeulens Depot. Und er ist viel zu vorsichtig. Wenn er in den vergangenen Wochen etwas riskiert hätte   …»
    «Kannst du ihm wenigstens erklären, dass ich nichts damit zu tun habe?», schnitt sie Nadia das Wort ab.
    Nadia nickte, streckte wie zur Versöhnung die Hand aus und lächelte wieder. «Kunden wie Zurkeulen sind nicht gerade das, was man sich wünscht. Alles muss hundertprozentig sicher sein, soll aber trotzdem eine hohe Rendite abwerfen, das lässt sich nicht immer miteinander vereinbaren. Aber ehrlich gesagt, ich bin ihm dankbar. Du hättest dich doch sonst nie wieder bei mir gemeldet. Bist du immer noch wütend auf mich?»
    Sie hob unschlüssig die Achseln, wusste nicht, ob sie wütend war. Deprimiert war sie. Nadia lebte immer noch, wie es ihr gefiel. Und sie wusste wieder einmal nicht, wie es weitergehen sollte. Die dargebotene Hand übersah sie geflissentlich. Nadia zog ihre Hand zurück. «Ich trau mich kaum zu fragen. Aber vielleicht hast du Lust,

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