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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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etwas demonstrieren. Offenbar hatte Peter ihn beleidigt. Eine unsichtbare Grenze überschritten. «Gut.» Peter gab sich Mühe, jeden Ärger aus seiner Stimme herauszuhalten. «Ich nehme eine Büchse Babymilch und so viele Gläschen, wie Sie mir für 60 lassen.»
    «Ich habe es mir anders überlegt. Ich verkaufe nichts.»
    Peter starrte den Mann an, aber er blickte einfach nicht auf.
    Da waren noch zwei Gläschen Babynahrung, hatte Anngesagt. Danach würden sie Jacob mit Zuckerwasser ernähren müssen.
    «Hier geht’s um ein Baby», sagte Peter, eisig um Kontrolle bemüht. «Uns ist das Essen für ihn ausgegangen. Er wird verhungern. Verstehen Sie das?»
    Der Mann schüttelte eine nun geleerte Tüte aus, legte sie sorgfältig zusammen und verstaute sie unter dem Tresen.
    Fassungslos sah Peter ihm zu. «Sie sind verrückt.»
    Der Mann hielt inne. Er legte die Hände flach auf den Tresen und beugte sich vor. Um die fünfzig, dunkles gewelltes Haar, runde Wangen über der weißen Maske. Er hatte offenbar noch keine Mahlzeit ausfallen lassen müssen.
    «Verzeihung», sagte Peter. «Das habe ich nicht so gemeint. Schauen Sie, wie wär’s, wenn ich Ihnen meine Uhr dazugebe?» Die alte Omega von seinem Vater. Aber Uhren konnte man ersetzen. Jacob musste etwas zu essen bekommen.
    «Sehe ich aus wie ein Pfandleiher? Raus hier. Verschwinden Sie aus meinem Geschäft.»
    «Ach, hören Sie. Nur eine Büchse Babymilch.»
    «Raus.» Er nahm eine Packung Windeln und legte sie auf den wachsenden Stapel hinter sich. Der Haufen kam ins Rutschen, und er streckte die Hand aus, um die Sachen aufzufangen.
    Peters Puls raste. Wie gebannt starrte er auf die beiden verbliebenen Tüten auf dem Tresen. Gleich würden sie weg sein. Er streckte die Hand aus und griff sich eine.
    Der Verkäufer hörte das Rascheln und drehte sich um. «He!»
    Peter eilte zur Tür hinaus in den Regen. Er suchte in der Hosentasche nach seinem Schlüsselbund und zog ihn heraus. Er drückte auf den Fernauslöser.
    Hinter ihm wurde die Tür aufgestoßen. «Stehenbleiben!»
    Peter warf sich auf den Fahrersitz, knallte die Tür zu und schaltete in den Rückwärtsgang. Er beschleunigte. Regen prasselte auf die Windschutzscheibe. Er sah nichts.
    «Verbrecher!»
    Mit aufheulendem Motor fuhr Peter vom Parkplatz, bog mit quietschenden Reifen in die Straße und raste auf ein Paar Scheinwerfer zu. Lautes Hupen. Peter schwenkte auf seine Seite. Er drückte das Gaspedal durch und tastete nach dem Schalter für die Scheibenwischer. Sein Herz klopfte laut. Sein Mund war trocken. Die Straße trug ihn immer weiter fort. Er nahm den Fuß vom Gas und fuhr mit hundert weiter.
    An der ersten Abfahrt verließ er die Umgehungsstraße, hielt an und blieb im Dunkeln sitzen. Auf das Dach trommelte der Regen. Er beugte sich vor und legte den Kopf auf das Lenkrad. Was hatte er getan?
    Mit zitternden Fingern griff er nach der Tüte, die neben ihm auf dem Sitz lag. Er schaute hinein. Im trüben grünen Licht vom Armaturenbrett betrachtete er seine Ausbeute. Bifis und Schokoriegel.

VIERUNDDREISSIG
    Maddie hielt sich die Ohren zu. «Mach endlich, dass er aufhört, Mom.»
    Jacob schlug gegen den Löffel. Das Essen spritzte ihm übers Gesicht, und er schrie noch lauter.
    «Sie versucht es doch», schnauzte Kate. «Stell dich nicht so an.»
    «Mom   –»
    «Schsch!» Ann wischte Jacob das Gesicht ab. Er konnte nichts dafür. Einem Baby, das sein Fläschchen wollte, konnte man nicht einfach etwas anderes vorsetzen. Sie langte nach der Flasche und nahm Jacob von Kates Schoß. «Komm, wir probieren es nochmal.» Sie legte ihn in ihren Arm und rieb ihm mit dem Sauger über die Unterlippe. Jacob hickste und machte den Mund auf, saugte einmal vorsichtig und verzog angewidert das Gesicht. Er wich mit dem Kopf aus und schob die Flasche weg.
    «Nein, nein, probier nochmal.» Vorsichtig schob sie ihm den Sauger wieder in den Mund und kitzelte seine Zunge. Er spuckte ihn erneut aus. «Komm, Kleiner. Warte, bald ist es vorbei.»
    Peter war seit über zwei Stunden unterwegs. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis er wiederkam.
    Sie hielt das Baby fest in ihrer Armbeuge und schob ihm denSauger in den Mund. Jacob machte sich steif und versuchte den Kopf wegzudrehen. Dabei schluckte er automatisch. Er saugte wieder und schluckte, wand sich ein wenig und legte dann seine Hand auf ihre.
    «So ist’s fein», sagte Maddie.
    Alles hing davon ab, ob Peter einen Laden gefunden hatte, der offen war, und wie lang die

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