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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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Schoß im Wohnzimmer auf dem Boden und versuchte, ihn zu trösten. Sie hatte seine Spielsachen vor ihm ausgebreitet, doch er schlug ihre Hände weg und schrie.
    Kate tippte am Küchentisch in ihr Notebook.
    «Gib ihm seinen Schnuller, Maddie, und ich mache ein Fläschchen warm. Stell dir vor, Jacob, du kriegst heute warme Milch.» Sie machte Schranktüren auf. Wo hatte Peter die Babynahrung versteckt? Das Milchpulver war nicht in der Speisekammer und lag auch nirgends herum. Sie runzelte die Stirn. «Kate, wo ist sein Milchpulver?»
    «Keine Ahnung.»
    Sie nahm Maddie das Baby ab und ging mit ihm zum Hobbyraum. An der Tür blieb sie stehen. «Peter, wo ist das Milchpulver?»
    Peter stand da und starrte auf ein Blatt Papier in seiner Hand. «In der Speisekammer.»
    «Oh», sagte Shazia. «Ich habe heute Morgen eine Dose leer gemacht.»
    Das Baby wand sich auf Anns Arm und schrie aus Leibeskräften. Peter hatte sich festgelesen. Warum riss er sich nicht endlich von diesem Zettel los und kümmerte sich darum, was hier zu tun war? «Peter», sagte sie in scharfem Ton.
    Er blickte auf. Sein Gesicht war ausdruckslos.
    «Jacob hat Hunger.»
    Er blinzelte. Dann zog er die Brauen zusammen.
    Also gab es keine Babymilch mehr. Peters Miene verriet ihr, dass auch ihm das erst jetzt aufging.

DREIUNDDREISSIG
    «Können wir ihm unser Milchpulver geben?», fragte Peter.
    Ann schüttelte den Kopf. «Wir haben auch nur noch zwei Gläschen Babynahrung. Danach gibt’s Zuckerwasser.»
    Jacob rieb sein Gesicht an ihrer Schulter. Ann klopfte ihm auf den Rücken und murmelte ihm ins Ohr.
    Peter faltete das Blatt in seiner Hand und steckte es in die Tasche. Er würde später einen Weg finden, Ann von dem Inhalt zu berichten, wenn sie ein paar Minuten allein waren. Er trat ans Fenster des Hobbyraums. Der Regen peitschte durch die Nacht. «Meinst du, es gibt noch irgendwo etwas?»
    Ann trat zu ihm.
    Nebenan schien das Licht an der Haustür durch den Nebel. Und oben war ein Fenster schwacherleuchtet.
    «Sie haben Licht an», sagte Peter.
    «Das ist angegangen, weil der Strom wieder da ist», sagte Ann.
    Sie sahen sich an. «Wahrscheinlich haben auch die Geschäfte wieder auf», sagte Peter und fasste einen Entschluss.
    «Meinst du wirklich?»
    «Ich werde mal nachsehen.»
    Ann nickte und machte ihm Platz. Sie biss sich auf die Unterlippe und schaukelte das Baby auf ihrem Arm. «Denk an die Babynahrung.»
    «Alles klar.» Er streifte seinen Mantel über. «Ich mach so schnell es geht.»
     
    Vor dem Supermarkt standen Leute in einer langen Schlange. Zwischen den Sperrholzplatten, die an vielen Stellen vor die Fenster genagelt waren, schien Licht. Der Laden hatte geöffnet.
    Peter fand weit hinten einen Parkplatz, stieg aus und eilte durch den kalten Nieselregen.
    Den Eingang bewachten zwei Männer mit verschränkten Armen. Männer, Frauen und ein paar Kinder, in dicken Mänteln und Kapuzenjacken vermummt, vom Licht angezogen wie die Motten. Viele trugen Atemschutzmasken. Keiner sah ihn an. Es war seltsam, eine Menschenansammlung zu sehen, vor allem, da alle so leise waren. Peter streifte seine Maske über und stellte sich an.
    «Haben die da drin überhaupt noch was?», fragte er die Frau, die vor ihm stand.
    Sie drehte sich um. Sie war rundlich und dunkelhäutig, mit einem grünen Halstuch vor Nase und Mund. Was höchstens half, ihr Gesicht warm zu halten. Über dem Stoff blitzte sie ihn verärgert an.
    «Keine Ahnung», sagte sie. «Ich bin hier draußen, oder?»
    Er versuchte, durch die Lücken in den zugenagelten Fenstern zu schielen. Reichten die Waren für all diese Leute hier draußen? Er betrachtete die Schlange. Vor ihm warteten mindestens sechzig Leute. «Warum geht es nicht weiter?»
    «Sie lassen immer nur fünf auf einmal rein. Ich warte schon eine Stunde.» Sie verschränkte die Arme, wie um zu sagen:
Bilde dir bloß nicht ein, du könntest dich hier vorbeimogeln.
    Die Zeit verging. Hinter ihm reihten sich weitere Leute ein. Peter trat auf der Stelle, um nicht zu frieren. Der Regen trommelteauf das Vordach und spritzte auf dem Pflaster. Es hörte auf zu regnen, es fing wieder an zu regnen.
    Vorne ertönte eine laute Stimme, dann wurde geschrien und geschoben. Die Leute vor ihm wichen eilig nach hinten aus. Jemand taumelte davon, und die Schlange richtete sich wieder aus.
    «Was war denn da los?», fragte Peter.
    Die Frau vor ihm gab keine Antwort.
    Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Weitere achtzehn Minuten schlichen

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