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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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vorüber. Wenn es so weiterging, würde er morgen früh an die Reihe kommen. Bis dahin konnte längst alles weg sein. Vorne ging die Ladentür auf. Die Schlange wölbte sich zu einem Bogen, weil die Leute hinten sehen wollten, was vor sich ging.
    Eine Frau verließ den Laden. Sie schob einen Einkaufswagen vor sich her. Neben ihr ging ein Mann, der sie am Ellbogen führte. In dem Wagen türmten sich die Plastikbeutel. Peter reckte den Hals, um zu sehen, was drin war. Ein paar längliche Schachteln, die nach Pasta aussahen. Eine dicke Flasche Wasser. Obendrauf vermutlich ein Brot, irgendwo gebacken, wo es noch funktionierende Öfen gab. Die Schlange schob sich ein Stück weiter vor.
    Peter beugte sich seitlich aus der Schlange und versuchte den Mann auf sich aufmerksam zu machen, der die Tür aufhielt. «Entschuldigung.» Es kam gedämpft und undeutlich heraus. Peter zog sich die Maske vom Mund. «Sir.»
    Der Mann hielt inne und guckte die Schlange entlang. Auf seinem Kittel waren der Name des Supermarkts und das Wort Filialleiter in Rot über der Brusttasche eingestickt. Und er hatte ein dickgeschwollenes blaues Auge.
    «Können Sie mir sagen, ob es noch Babynahrung gibt?», fragte Peter.
    «Warten Sie, bis Sie an der Reihe sind.»
    «Haben Sie denn Babymilch?»
    «Stellen Sie sich wieder an, Sir.»
    Der Mann, der die Frau zu ihrem Auto gebracht hatte, kehrte zurück. Er schüttelte den Schirm aus und ging zum Filialleiter. Gemeinsam verschwanden sie im Laden, sodass der Eingang wieder nur von zwei Männern bewacht wurde. Peter stopfte die Hände in die Taschen. Dies konnte nicht der einzige Laden sein, der geöffnet hatte. Er dachte an den hungrigen kleinen Jacob auf Anns Arm. Wie lange sollte er noch warten? Jetzt, wo das Viertel wieder mit Strom versorgt wurde, hatten bestimmt noch andere Geschäfte aufgemacht. Er kramte nach den Autoschlüsseln und verließ die Schlange.
     
    Peter spähte durch den Regen nach einer erleuchteten Ladenfront. Einmal bremste er, fuhr aber weiter, als er sah, dass es ein Spirituosengeschäft war. An einer Tankstelle herrschte Hochbetrieb. Bis auf die Straße standen die Autos vor den Zapfsäulen. Im Laden würde es ohnehin bloß Zigaretten und vielleicht Brötchen und Süßigkeiten geben.
    Die Drogerie, in der sie immer ihre Medikamente kauften, war dunkel.
    An der nächsten Kreuzung waren die Geschäfte hell. Peter bog auf den überfüllten Parkplatz ein. Vorne am Eingang drängte sich eine brüllende Menge. Er kurbelte das Fenster herunter. Prasselnder Regen und Geschrei. Eine Scheibe splitterte, und eine Sirene heulte.
    Er fuhr auf die Umgehungsstraße, stellte die Scheibenwischer auf die höchste Stufe und suchte Sender im Radio. Vielleicht waren die mit dem Strom ja auch wieder da. Nichts. Gar nichts. Dann überraschte ihn ein kurzer Ton, und er suchte rückwärts. Musik erklang, ein Song aus seiner Teenagerzeit. Erhatte ihn damals gar nicht besonders gemocht, aber jetzt fand er ihn wunderschön und summte mit.
    Er kam an die Ausfahrt, die zu dem kleinen Einkaufszentrum führte, wo sein Friseur war. Ein Schnellrestaurant, eine Reinigung, ein kleiner Supermarkt. Er kannte ihn vom Vorbeigehen. In den Fenstern hingen immer handgeschriebene Sonderangebote für Haarwaschmittel oder Käsekringel. Der Parkplatz davor war leer.
    Ein Klingeln zeigte sein Eintreten an. Hinter der Kasse stand ein Mann mit einer Maske vor der unteren Gesichtshälfte. «Guten Abend.»
    Peter erwiderte den Gruß mit einem Lächeln, stampfte auf, um das Wasser von seinen Stiefeln zu schütteln, und wischte sich über die Ärmel. «Schön, dass Sie aufhaben.»
    «Suchen Sie was Bestimmtes?»
    «Babynahrung.»
    «Im dritten Gang.»
    Im Laden lief Musik. Es klang nach dem Sender, den Peter im Pick-up gehört hatte. Peter zog einen Wagen aus der Reihe an der Tür und begab sich in den Gang. Die Babyabteilung war gut gefüllt, auch Babymilch war da. Die Büchsen waren sauber aufgereiht. Er suchte, bis er ein gelbes Etikett erkannte, nahm mehrere Büchsen und stellte sie in seinen Wagen. Dazu Gläschen mit Erbsenmus, Apfel- und Birnenkompott, Kürbis, grünen Bohnen, ein paar Schachteln Schmelzflocken.
    Und nun in den nächsten Gang. Windeln. Welche Größe? Die Packungen waren mit den Zahlen 1, 2, 3 gekennzeichnet. Er hatte keine Ahnung, was sie bedeuteten. Aha, hier stand Krabbelkinder, Laufkinder. Schon besser, aber was war die richtige Größe für Kinder, die gerade erst sitzen und sich vom Bauch auf den Rücken

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