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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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Kate nickte geistesabwesend. Maddie setzte sich wieder vor den Fernseher.
    Draußen goss es inzwischen wie aus Kübeln. Ann hüllte sich in ihren Mantel und schaute vom Hauseingang die Straße hinunter. «Shazia?»
    Durch den Regen leuchtete das Licht der anderen Häuser, ein freundlicher Anblick nach so vielen stockfinsteren Wochen. Sie ging die Stufen hinunter auf den Weg vor dem Haus. Regentropfen prasselten auf ihre Kapuze und ihre Schultern. Eine Windbö wehte kalte Tropfen an ihre Beine. Die Straßenlaternen schienen gleichmäßig. Hier und da schien Licht aus einem Fenster, schimmerte hell ein Stück Auffahrt. Sie suchte die Straße nach einer dunklen Gestalt ab, die sich fortbewegte. Aber es war unmöglich, irgendetwas deutlich zu erkennen.
    «Shazia!»
    Ann lief bis an den Straßenrand. Regenwasser strömte durch die Rinnsteine. Die Bäume schwankten im Wind. Wann hatte sie Shazia zuletzt gesehen? Vor zwanzig Minuten vielleicht. Maximal dreißig. Sie konnte längst über alle Berge sein.
    Sie sollte sich ins Auto setzen und sie suchen. Ihr Tank war voll, weil sie auf ihrer letzten Fahrt noch einmal getankt hatte. Sie musste wenigstens wissen, ob das Mädchen einen Plan hatte und keine Dummheiten machte, sichergehen, dass sie nicht zu fremden Menschen ins Auto stieg oder versuchen wollte, zu Fuß aus der Stadt herauszukommen.
    Aber dazu musste sie das Baby wecken und die Kinder mitnehmen. Kate konnte auf der Rückbank sitzen und Jacob festhalten. Ann war noch nie mit einem Baby im Auto gefahren, das nicht in einem Kindersitz festgeschnallt war. Konnte sieihn wirklich wecken und ins Kalte hinausschleppen, jetzt, nachdem er endlich eingeschlafen war?
    Vielleicht konnte sie ihn dalassen, mit Kate zum Aufpassen. Sie war alt genug zum Babysitten, aber sie hatte es noch nie gemacht. Wenn Jacob aufwachte, konnte Maddie helfen, ihn abzulenken. Das Haus war warm, und das Licht war an. Natürlich mussten sie die Türen abschließen. Ihnen würde bestimmt nichts passieren. Schließlich würde sie nicht lange weg sein, sie wollte nur einmal kurz durch die Nachbarschaft fahren.
    Am Eingang zögerte sie. Nein, so ging es natürlich nicht. Sie konnte ihre Töchter unmöglich allein lassen. Nicht unter diesen Umständen.
    Ann drehte sich um und starrte in die Nacht. Sie stellte sich Shazia vor, mit dem Koffer in der Hand geduckt gegen den Regen anlaufend, der schüttete, als wollte er nie wieder aufhören. Ihren Laptop hatte sie vermutlich sicher in ihre Pullover gewickelt. Natürlich, sie hatte ja ihren Laptop. Ann konnte sie per Mail fragen, ob alles in Ordnung war. Doch gerade in der Sekunde, als ihr das einfiel, wurde es dunkel. Die Straßenlaternen gingen aus. Wo eben noch die Häuser gestanden und warmes Licht auf die Umgebung geworfen hatten, war alles finster.
    Alles war wieder weg. Ungläubig sah Ann sich um. Das Einzige, was sie sah, war der prasselnde Regen im Licht von zwei Scheinwerfern, die auf sie zukamen.

FÜNFUNDDREISSIG
    Der Regen wurde stärker, er trommelte auf die Windschutzscheibe ein. Die Scheibenwischer sausten über das Glas. Peter beschleunigte auf der Ausfahrt und hielt an einer roten Ampel.
    Er war ein Dieb.
    Womöglich hatte sich der Verkäufer sein Kennzeichen aufgeschrieben. Die Polizei würde herausfinden, wo er wohnte, und an seine Tür poltern. Wie sollte er es Ann und den Mädchen erklären? Nein. Ann würde ihn verstehen. Und auf den Verkäufer wütend sein. Und die Mädchen brauchten nichts davon zu erfahren.
    Es war nur sein schlechtes Gewissen, das den Teufel an die Wand malte. Die Polizei würde sich mit einer solchen Lappalie gar nicht erst abgeben. Sie hatten Wichtigeres zu tun. Vermutlich würde der Verkäufer schon deswegen nicht Anzeige erstatten, weil er sonst sein eigenes Verhalten erklären müsste. Peter musste sich einfach wieder beruhigen. Was hatte er denn schließlich gemacht? Die Sachen waren höchstens zehn Dollar wert. Später, wenn alles vorbei war, würde er die gestohlenen Sachen bezahlen. Seinetwegen doppelt.
    Ebenso plötzlich, wie es zu regnen begonnen hatte, hörte es auch wieder auf. Die Scheiben im Auto beschlugen. Peter stellte die Lüftung hoch. Im Radio dudelte erneut ein Lied ausden Siebzigern, es ging um hoffnungslose Liebe. Er brauchte jetzt eher Rhythm and Blues oder einen von den schnellen Hip-Hop-Songs, die Kate so gern hörte. Energisch stellte Peter das Radio aus. Jetzt war nur noch das gleichmäßige Hin und Her der Scheibenwischer zu hören.
    Die

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