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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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grünen Plane abgedeckt, an der Seite waren Gartenstühle aufgestapelt, weiter hinten stand ein Schuppen. Sie wandte sich dem Haus zu. Zwischen großen Panoramafenstern führte eine Doppeltür aus Glas hinein. Sie rüttelte an den Griffen, aber sie rührten sich nicht. Frustriert biss sie sich auf die Unterlippe.
    Dann legte sie ihre behandschuhten Hände an die Scheibe und spähte ins Zimmer hinein. Blassgrüne Wände. Eine helle geschwungene Theke. An einer Seite ein kleiner Tisch mit Sofa und Sesseln. Unter einem Stuhlbein lag verkehrt herum ein Pantoffel. Daneben breitete sich etwas Braunes aus. Sie schaute weg und trat ein paar Schritte zurück.
    Okay, okay. Sie musste schnell machen, bevor sie die Nerven verlor. Ihr Blick wanderte über die Terrasse. Die Gartenstühle waren aus Metall. Das musste eigentlich gehen. Sie nahm einen und hievte ihn hoch. Die Glastüren mit den dicken Holzrahmen waren vermutlich zu stabil. Sie musste es mit einem der beiden Panoramafenster probieren.
    Sie packte den Stuhl an den Lehnen und stieß die spitzen Beine gegen die Scheibe. Der Rückschlag fuhr ihr in die Arme. Das Glas bebte und warf ihr Spiegelbild zurück. Sie hatte nicht einmal einen Kratzer hinterlassen. Sie trat einen Schritt zurück, holte Schwung und knallte den Stuhl mit solcher Wucht gegen die Scheibe, dass er ihr aus den Händen fiel. Das musste es doch gebracht haben. Doch als sie nachsah, war wieder nichts passiert. Ungläubig strich sie mit dem Handschuh über die glatte Fläche. War die Scheibe aus Panzerglas? Sie ballte die Hände zu Fäusten. Natürlich nicht, sie waren aus ganz normalem Fensterglas. Es lag am Stuhl. Er war nicht schwer genug. Und sie war nicht stark genug.
    Peter hätte es geschafft. Gleich mit dem ersten Stoß.
    Zunehmend verzweifelt ließ sie den Blick durch den Garten schweifen. Finn hatte die Beete mit Ziegelsteinen eingefasst, die über Eck aus dem Boden ragten. Vielleicht würde es mit einem kleineren Gegenstand besser gehen. Ann bückte sich und grub einen der Steine aus.
    Sie lehnte sich zurück. Dann schleuderte sie den Ziegel mit aller Kraft gegen das Fenster. Die Scheibe bekam einen Sprung, doch sie hielt. Sie hob den Stein auf und warf noch einmal. Ein winziges Loch entstand. Wieder und wieder drosch sie darauf ein und freute sich, dass sich die Sprünge wie ein Spinnennetz auf der Scheibe ausbreiteten. Als der Ziegelstein zerbröckelte, holte sie sich den nächsten.
    Mit dem dritten Stein stieß ihre Hand hinein. Erschrocken hielt sie inne. Mein Gott, wenn sie sich an den Zacken den Arm aufgerissen hätte! Sie war keinen Deut besser als dieser Mann im Fernsehen, der die Fenster im Watergate Hotel zerschlagen hatte. Jetzt verstand sie, wovon er getrieben gewesen war. Das war keine Angst, auch kein Zorn. Sondern Verzweiflung. Vorsichtig zog sie die Hand heraus. Das war noch einmal gutgegangen.
    Die Ziegel konnte sie vergessen. Sie nahm wieder den Stuhl und stieß ihn gegen die Zacken. Keuchend sah sie sich ihr Werk an. Das Loch war groß genug. Sie ließ den Stuhl fallen und stieg ein.
    Drinnen schlug ihr ein solcher Gestank entgegen, dass ihr sofort übel wurde. Die Vaseline mit Menthol, die sie sich unter die Nase gerieben hatte, kam überhaupt nicht dagegen an. Das Zimmer lag im Schatten. Sie umging das verwesende Etwas auf dem Linoleum so weit wie möglich, trat an die Schränke und öffnete die Türen. Gläser. Dann Teller, Tassen, ein Mixer, Thermoskannen, ein Waffeleisen – nichts, was sie gebrauchen konnte.
    Sie lief in die Speisekammer. Leer. Der Kühlschrank ebenso. Um sicherzugehen, langte sie in die dunklen Fächer und fühlte nach. Sie machte den Ofen auf. Die Mikrowelle. Peter hatte bergeweise Lebensmittel gesehen. Unmengen an Wasser. Wo war das alles hin?
    Ratlos blieb sie stehen.
    Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu dem unförmigen Etwas, das am anderen Ende des Zimmers lag. Es war eine schwarzbraune Masse aus Fett und Knochen und Sehnen, bedeckt von dunklem speckigem Zeug, das mal ein Schlafanzug gewesen sein musste.
    Walter Finn, verflucht nochmal, wo sind die Sachen, die du gebunkert hast?
    Die Badewannen und Waschbecken waren verstaubt und leer. Sie durchsuchte alle Zimmer, spähte in Wandschränke, unter Betten, in Koffer. Am Ende der langen Diele knipste sie ihre Taschenlampe an und zog die Leiter zum Dachboden hinunter. Von der obersten Sprosse aus leuchtete sie in den Raum. Rosa Dämmmatten quollen zwischen den Dachbalken hervor. Eine einsame zerdrückte

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