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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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den Oberkörper hinterher, schließlich den Kopf. Dies war der Mann, den sie liebte. Ein Schluchzen stieg in ihr auf.
    Als Peter ganz auf der Decke lag, packte sie zwei Ecken und zerrte die Last über die Schwelle. Peters Stimme, als sie Maddies alte Kommode die Treppe hinuntertragen wollten.
Fass unten an, Ann.
Sein Lachen, als ihm aufging, dass sie eingeklemmt war und sich gar nicht bewegen konnte.
    Ein Stein riss ein Loch in den Bezug. Ann zog und zerrte und gönnte sich immer wieder kleine Pausen. Ihre Wangen waren nass. Sie wischte sie mit dem Ärmel ab. Ein scheppernder Lärm ließ sie herumwirbeln. Barney kam im Dämmerlicht angeschlichen.
    «Hau ab.»
    Der Hund blieb stehen.
    «Ich mein das ernst. Hau ab, verdammt nochmal!»
    Wie der Blitz drehte Barney sich um und verschwand die Straße hinunter.
     
    Am Nachmittag kam eiskalter Wind auf. Eine Kaltfront rückte an. Sie standen zu viert unter den kahlen Zweigen der Birke. Sie bot keinen Schutz. Auf der einen Seite schmiegte sich Maddie an sie, auf der anderen Kate, das Baby auf dem Arm. Die Sonne versank hinter den Dächern. Ann hatte auf sie gewartet, und die Wolken hatten ihr den Gefallen getan, sich aufzulösen und in feinen Schleiern über den Himmel zu ziehen, die in der Abendsonne rot leuchteten.
    Sie schlug die Bibel auf und blätterte, bis sie die richtigen Seiten fand. Es gab mehrere Stellen zur Auswahl. Alles war deutlich erklärt und hervorgehoben: wann man aufstand, was man zu sagen hatte. Ihre Augen brannten. Die Buchstaben verschwammen.Sie hatte einen harten, schmerzenden Kloß im Hals. Die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen. Sie schlug die Bibel wieder zu und stand einfach nur da, vor dem Hügel aus hellbrauner Erde, mit dem Gefühl, überhaupt nicht zu wissen, wie sie ihren Mann und ihre Töchter über diesen schmalen Grat führen sollte.
    Maddies kalte Finger krochen in ihre Hand.
    Eine Bö riss an ihnen.
    Sie hatten so viel verloren.
    «Müde bin ich, geh zur Ruh», sagte Ann.
    Maddie schniefte, dann sprach sie mit: «Schließe beide Äuglein zu. Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein.»
    Zu zweit beteten sie weiter. Die letzte Zeile sprach auch Kate mit, mit zitternder, leiser Stimme:
    «Alle Menschen, groß und klein, sollen dir befohlen sein.»

FÜNFZIG
    Ann stand am Schlafzimmerfenster und schaute in den Garten. Der Mond war noch nicht aufgegangen. Alles war schwarz und grau, Himmel und Erde und Häuser. Die Nacht fühlte sich anders an, wenn sie nicht von künstlichem Licht und Lärm verdrängt wurde. Sie war länger und tiefer und viel gegenwärtiger. Man brauchte Kraft, um sie zu überstehen. Sie kannte dieses Gefühl von früher. Wie lange hatte sie an einem Abgrund gestanden und hinuntergestarrt. Am Ende war sie zurückgetreten und hatte sich abgewandt. Sie glaubte nicht, dass sie das noch einmal schaffen konnte.
    Ein Windstoß rüttelte an der Fensterscheibe und pfiff unter dem Dachvorsprung. Was brachte er diesmal? Der Wind konnte gefährlich werden. Einmal hatte er den Tisch von der Terrasse gehoben und in Libbys Garten geweht. Smith hatte ihr geholfen, ihn zurückzutragen, und sie hatten darüber gelacht, was der Wind so alles anstellen konnte.
    Der Wind heulte lauter. Er hielt durch den Garten direkt auf das Haus zu.
    Peter lag mutterseelenallein da draußen in der Erde.
    Ein Schatten bewegte sich über den Rasen und verschwand unter den schlanken Zweigen der Birke. Sie sah genauer hin, aber er kam auf der anderen Seite nicht wieder hervor.
    Sie musste sich gegen die Haustür stemmen, um sie zu öffnen.Der Wind riss sie ihr aus der Hand und knallte sie gegen das Haus. Die Decke, die sie sich um die Schultern gelegt hatte, flatterte hoch. Sie verknotete die Enden um den Hals. Die Schüssel, die sie trug, hielt sie gegen den Körper gepresst und kämpfte sich die Stufen hinunter. Auf der Straße klapperten Sachen vorbei. Mülleimer vermutlich und alles, was sonst so rumlag.
    Hinter der Hausecke drückte der Wind von hinten, und sie lief unsicher über den unebenen Boden. An der Birke blieb sie stehen und starrte in die Dunkelheit. War der Schatten noch da? Die Wolken teilten sich. Im Mondlicht sah sie ihn am Fuß des Baumes kauern.
    «Barney.»
    Seine Augen glänzten. Er sah sie unverwandt an.
    «Komm mal her.»
    Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu und stellte die Schüssel hin. Sie sah ihn nicht kommen, aber dann war er da und machte sich gierig über das Essen her. Sie griff in die Tasche und holte

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