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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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ihr letztes Stück Trockenfleisch hervor. Das allerletzte. Sie wickelte es aus und brach ein Stück ab. Der Hund kam zu ihr und fraß ihr mit überraschender Behutsamkeit aus der Hand. Sie gab ihm ein zweites Stück. Wieder ein manierliches Knabbern. Sie hielt ihm das dritte und letzte Stück hin.
    Barney schnüffelte an ihren Fingern. Er humpelte nicht mehr. Peter hatte seine Wunde mit Erfolg behandelt.
    Sie leerte eine Wasserflasche in die Schüssel. Trinkend schob Barney sie auf dem Boden herum und nieste. Dann blickte er zu ihr auf und kehrte zum Fuß des Baums zurück. Sie nahm die Decke von den Schultern und legte sie auf die Erde. Er trat darauf, schnüffelte und drehte sich im Kreis. Dann ließ er sich mit einem Seufzer nieder und schloss die Augen.
    Sie setzte sich neben ihn und lehnte den Kopf an den Stamm.
    «Den Baum hat Peter gepflanzt.»
    Der Mond glitt aus den Wolken, groß und gelb und voll.
    «Zur Erinnerung an unseren Sohn. William.»
    Der Name hatte einen vollen Klang in ihrem Mund. Der Hund rückte näher und legte seinen Kopf auf ihren Schoß. Dankbar für seine Zuneigung, kraulte sie ihm den Hals, das Fell kalt und borstig unter ihren Fingern.
    Peter war nicht mehr allein.

EINUNDFÜNFZIG
    Ann wischte mit einem sauberen Waschlappen sorgsam die Innenwand der Badewanne trocken und drückte ihn dann über dem Messbecher aus. Sie hob den Becher und kontrollierte. Sie hatte knapp einen Viertelliter Wasser gesammelt. Dann hatten sie jetzt also nur noch Flaschenwasser. Sie hatte die Flaschen in der Küche aufgereiht. Es waren noch 53. 53   Flaschen waren nicht viel für vier Personen, selbst wenn ein Baby und zwei Kinder dabei waren. Außerdem mussten sie an Barney denken.
    Als sie sich aufrichtete, wurde ihr schwindlig. Sie stützte sich an der Wand ab und wartete, bis die hellen Punkte vor ihren Augen verschwanden.
    Sie brachte den Messbecher nach unten. Im Wohnzimmer hing ein bräunlicher Dunst. Seit kurzem räucherte der Kamin. Vielleicht war was mit dem Schornstein. «Kate, Schatz, mach bitte mal ein Fenster auf.»
    Kate erhob sich vom Sofa. Sie lag inzwischen dauernd herum. Maddie ebenfalls. Das ist nicht nur die Trauer, dachte Ann, und ihr Herz krampfte sich ängstlich zusammen. Die Körper der Mädchen sparten Energie.
    Maddie sagte: «Was würdest du lieber haben, einen Vanillebecher mit heißer Schokolade oder Pizza?»
    Kate stieß das Fenster auf. «Pizza.»
    «Und wenn es der große Überraschungsbecher von Graeter’s wäre?»
    «Das wär mir egal.» Kate fläzte sich wieder auf das Sofa. «Ich will nie wieder was Kaltes essen.»
    Vor dem Fenster stand dichter Nebel. Ann hatte den ganzen Tag auf Regen gehofft, aber es war trocken geblieben. Trotzdem konnte sich in den Schüsseln auf der Terrasse ein wenig Wasser gesammelt haben. Auf jeden Fall war es Zeit, nach ihnen zu sehen.
    Kate sagte: «Was würdest du lieber haben, Strom oder Telefon?»
    Sie lebten ohne jede Zivilisation. War es besser, hierzubleiben und auf Hilfe zu warten, oder sollten sie trotz aller Risiken doch noch zur Hütte aufbrechen? Nein, sie wollte Peter nicht verlassen. Sie holte die Plastikschüsseln aus dem Schrank.
    «Wenn ich Strom sage, ist dann auch Fernsehen dabei?», fragte Maddie.
    «Mm-hm.»
    «Und Radio?»
    «Ja, ich glaube schon.»
    «Gut. Dann will ich den Strom.»
    Ann füllte Wasser ins Spülbecken und goss die letzte Bleiche hinein. Der Geruch war so scharf, dass ihr die Augen tränten.
    «Bist du sicher?», fragte Kate. «Wenn du Telefon hättest, könntest du Grandma anrufen.»
    Früher oder später würde sie sich trotzdem hinauswagen, die Kinder allein lassen und losfahren müssen, um neue Vorräte zu beschaffen. Wie lange würde sie wohl suchen müssen, bis sie einen Laden fand, der geöffnet hatte? Peter hatte gesagt, dass überhaupt keine Polizei unterwegs war. Dass sich in einer Schlange die Leute geprügelt hatten, ohne dass jemand eingegriffen und für Ordnung gesorgt hatte. Und das war Wochenher. Inzwischen war es bestimmt noch gefährlicher geworden. Sie stellte die Gefäße zum Trocknen auf ein Geschirrtuch und sah zu den Mädchen hinüber. Jacob robbte über den Boden auf sie zu. Er wuchs so schnell, jetzt konnte er schon beinahe krabbeln. Und Libby bekam von alledem nichts mehr mit.
    Sie hatte noch 74   Dollar Bargeld. Sie würde vor allem Grundnahrungsmittel kaufen, wie Reis und Milchpulver. Ihre Vorräte würden vielleicht noch eine Woche reichen. Weiter konnte sie nicht denken. Sie

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