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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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sie an die Reihe kamen, blickte die Frau an dem kleinen Tisch durch ihre zierliche Brille. «Ihr Ausweis?»
    «Ja, natürlich.» Shazia stellte ihren Koffer ab und holte den Ausweis aus der Aktentasche.
    Die Frau nahm die Plastikkarte und kniff die Augen zusammen. Dann tippte sie auf ihrer Tastatur ein paar Zahlen ein und runzelte die Stirn. Sie betrachtete noch einmal die Karte und tippte erneut die Zahlen ein. «Sind Sie eingeschrieben?»
    «Ja, ich bin seit einem Semester hier.»
    «Dann ist Ihre Nummer vielleicht noch nicht im System erfasst. Wir versuchen es nochmal mit Ihrem Namen.»
    Shazia buchstabierte ihn.
    Die Frau tippte. Dann schüttelte sie den Kopf. «Das klappt auch nicht. Sind Sie sicher, dass Sie für dieses Semester eingeschrieben sind?»
    «Sie könnte im allgemeinen Verzeichnis gelandet sein», sagte Peter. «Wir könnten im Tower East nachfragen.»
    «Tower East ist schon voll. Wir nehmen die Überzähligen hier auf.»
    Peter bekam etwas von hinten an die Beine. Als er sich umdrehte, entschuldigte sich der hochgewachsene junge Mann, der mit Schlafsack, Rucksack und einigen Taschen hinter ihm wartete.
    Peter nickte und drehte sich wieder um. Er hielt der Frau den Ausweis hin, der an seiner Brusttasche steckte. «Ich bin ihr Doktorvater», sagte er. «Ich kann für sie bürgen. Könnten Sie ihr jetzt ein Zimmer zuweisen, und wir klären den Rest später?»
    «Tut mir leid, Dr.   Brooks. Sie sind nicht der Erste, der mich heute Abend um diesen Gefallen bittet. Wenn ich Ihretwegen gegen die Regel verstoße, trete ich eine Lawine los.» Sie reichte Shazia ihren Ausweis.
    «Aber sie hat ein Recht auf eine Unterkunft.»
    «Nur wenn sie als ausländische Studentin eingeschrieben ist.»
    Peter verlor allmählich die Geduld. «Sie ist eingeschrieben.»
    «Nicht in meiner Kartei. Vielleicht ist etwas mit ihren Studiengebühren nicht in Ordnung.»
    Peter sah Shazia an.
    Ihre Miene war ratlos. «Das weiß ich nicht.»
    «Was auch immer das Problem ist», sagte Peter zu der Frau. «Ich werde es morgen aus der Welt schaffen. Geben Sie ihr nur bitte erst mal ein Zimmer.»
    «Tut mir leid, Dr.   Brooks.» Sie richtete den Blick betont deutlich an Peter vorbei. «Der Nächste.»
    «Ihr Studentenheim ist geschlossen. Sie hat keinerlei Unterkunft.»Sein Handy klingelte. Es vibrierte in seiner Hosentasche. Er holte es heraus.
    «Na schön.» Die Frau seufzte. «Dann warten Sie doch einfach dahinten, und ich versuche jemand zu finden, der Ihnen weiterhilft.»
    Sicher doch. Er entschuldigte sich, klappte sein Handy auf und sprach dann ins Telefon: «Kate, Schatz, kann ich dich zurückrufen?»
    «Dad? Wo bist du?» Sie hörte sich an, als hätte sie geweint.
    «Ich bin bei der Arbeit. Warum fragst du? Was ist los?»
    «Mom ist schon seit über zwei Stunden weg, dabei hat sie gesagt, sie wäre in einer Stunde wieder da. Sie geht nicht an ihr Handy.» Ihre hohe Stimme gellte laut und klar aus dem kleinen Lautsprecher. «Und gerade habe ich in den Nachrichten gesehen, dass bei Kroger ein Kunde erschossen wurde.»
    «Dr.   Brooks?», sagte die Frau am Tisch ungeduldig.
    «Ist sie denn dort?», fragte Peter seine Tochter erschrocken.
    «Das weiß ich nicht. Uns hat sie bloß gesagt, dass sie einkaufen fährt. Sie hat nicht gesagt, wo.»
    «Dr.   Brooks, ich muss Sie bitten, aus der Schlange zu treten.»
    «Klingt, als würdest du zu Hause gebraucht.» Shazia fasste ihn am Ärmel. «Geh ruhig, Peter. Ich werde schon was finden.»
    Peter sah sich unschlüssig um. Er ließ seinen Blick über die Menge wandern, die sich im Foyer drängte. Wie sollte er Shazia diesem Chaos überlassen, ohne jede Sicherheit, dass sie einen Schlafplatz bekommen würde? Und wie sollte er die Bitte seiner Tochter abweisen, wo sie ein Jahr lang kaumKontakt zu ihm gesucht hatte? Er konnte sich nicht einmal erinnern, wann sie ihn das letzte Mal um irgendetwas gebeten hatte.
    «Dad?»
    Shazia schob ihn sanft von sich fort. «Los, geh.»

ZEHN
    Jacob schrie während der ganzen Heimfahrt. Ann saß neben ihm auf dem Rücksitz, strich ihm immer wieder zärtlich über die Wange und hielt den Schnuller fest, damit er ihm nicht aus dem Mund fiel. «Halt durch, Kleiner.»
    Ihr Bein pochte. Sie würde die Prellung so bald wie möglich kühlen müssen.
    «Was macht der denn hier?»
    In ihrer Einfahrt stand ein Pick-up. Es war zu dunkel, um die Farbe zu erkennen, aber die Form war unverwechselbar. Peter. «Keine Ahnung.» Er kam sonst nie unangemeldet

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