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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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in ihren Ohren. Es höhnte laut, während sie da draußen nach Anzeichen von Leben spähte. Wer wusste, was in den Krankenhäusern los war, den Laboren, in anderen Orten und Städten? Sie wusste ja nicht einmal, was nebenan los war.
    Ihre Mutter, ihre Schwester, ihre beste Freundin, alle waren sie weg. Sie hatte niemanden mehr.
    Sie trat in die Küche zurück und verschloss die Tür.
    «Wo ist es?», brüllte Kate von oben.
    «Erst wenn du ‹bitte› sagst!», schrie Maddie aus dem Wohnzimmer.
    Die Mädchen zankten sich schon wieder. Ann spürte, wie es hinter ihren Augen zu pochen begann. Kopfschmerzen. Peter kam mit der Hausapotheke von oben. Die Angst schlug zu. «Wer ist krank?»
    «Ich will nur mal sehen, was wir haben.» Er breitete die Sachen auf der Küchentheke aus. «Haben wir noch irgendwo Hustensaft?»
    Machte er Inventur? Um so etwas hatte er sich doch sonst nie gekümmert. Das war immer ihre Sache gewesen. Aber wahrscheinlich hatte es jetzt, wo es keine Läden und keine Tankstellen mehr gab, auch für ihn an Bedeutung gewonnen. Sie wusste nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. «Die Mädchen haben noch welchen in ihren Medizinschränken. Warum?»
    Oben trampelte Kate durch die Zimmer.
    Maddie rief: «Hast du in der Toilette geguckt?»
    «Mom! Maddie hat Eule ins Klo geschmissen und abgezogen!»
    Entsetzt marschierte Ann ins Wohnzimmer, wo Maddie mit einem Buch quer in einem Sessel lag.
    «Stimmt das?», fragte sie erbost.
    «Sie hat all meine Wachsstifte geklaut, Mom. Und sie alle durchgebrochen.»
    Ann wandte die Augen zur Decke. «Das tut mir leid, Schatz.» Sie sah Maddie an. «Aber hast du Eule ins Klo geworfen?»
    Maddie leckte sich die Lippen. Dann beugte sie sich vor und flüsterte: «Nein. Aber nicht Kate sagen, Mom.»
    «Ann?», rief Peter aus der Küche. «Ich kann kein Fieberthermometer finden.»
    «Schatz», sagte sie zu Maddie. «Es ist schlimm, dass sie deine Stifte zerbrochen hat, aber trotzdem kannst du ihr Eule nicht einfach wegnehmen.»
    Maddie schob die Unterlippe vor und dachte nach, dann hob sie eine Schulter und ließ sie wieder sinken. «Egal.» Sie richtete sich auf.
    Ann kehrte in die Küche zurück und sagte zu Peter: «Die Thermometer müssten da in dem Döschen sein.»
    Er holte den Behälter heraus und machte den Deckel auf. «Hier ist es.»
    «Das sollten zwei sein.»
    Er schüttelte den Kopf. «Nee. Hier ist nur eins.»
    Ann zog die Kiste zu sich heran und wühlte darin herum. Ein Thermometer war so klein, dass es wahrscheinlich irgendwo unbemerkt auf dem Boden lag. «Was hast du vor, Peter?»
    «Wir müssen überlegen, ob wir uns zusammentun.»
    Ann starrte ihn an.
    «Mit wem?»
    «Nach der Geschichte mit den Guarnieris   –»
    «Doch nicht etwa mit den Nachbarn!»
    «Wir werden nur durchkommen, wenn wir gemeinsame Sache machen.» Er nahm eine Flasche Ibuprofen und schüttelte sie.
    Sie dachte an die Kinder, die draußen herumgerannt waren und die Bazillen ihrer Familien nach draußen getragen hatten. Es brauchte nur einen einzigen Kranken, ein einziges Niesen oder Husten. Panik schnürte ihr die Luft ab. Das konnte Peter unmöglich ernst meinen. Ihr lagen tausend Einwände auf der Zunge, aber heraus brachte sie nur ein erschrockenes: «Nein.»
    Er stellte die Flasche hin. «Was ist, wenn sich einer von uns verletzt? Du hast nur eine Mullbinde. Singh dürfte einen ganzen Schrank voll haben.»
    «Er ist den ganzen Tag von Kranken umgeben. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass meine Mädchen auch nur in seine Nähe kommen.»
    «Mit einem Feuer für drei Familien würden unsere Holzvorräte dreimal so lange halten. Haben wir noch antibakterielle Salbe?»
    Peter war von Sues und Als Tod offenbar noch vollkommen durch den Wind. «Das hätten wir vielleicht früher in Betracht ziehen können. Aber doch nicht jetzt, wo die Grippe überall ist.»
    «Drei Flaschen Franzbranntwein. Gut.» Er begann die ersten Sachen wieder einzupacken. «Wenn wir mit einem Auto zum Einkaufen fahren, können wir eine Menge Benzin sparen.»
    Er hörte ihr gar nicht zu. Energisch klopfte sie auf die Arbeitsplatte. Überrascht blickte er auf.
    «Peter», sagte sie. «Ich habe nein gesagt.»
    «Du musst das Ganze in den Blick nehmen. Die Grippe ist nicht das Einzige, um das wir uns sorgen müssen.»
    Mein Gott, er konnte so lehrerhaft sein. «Wir reden nicht über ein Experiment im Labor, Peter. Sondern über unser Leben. Es sind meine Töchter, und ich sage, sie werden nicht mit

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