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Die Luft, die du atmest

Die Luft, die du atmest

Titel: Die Luft, die du atmest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Buckley
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hüllte ihn ein. Blind, hustend, tastete er sich vor. Die Hitze zwang ihn umzukehren.
    Jemand hatte ihn beim Ellbogen gepackt und schrie ihn an. Er strauchelte die Stufen hinunter und fiel auf die Knie.
    Ann stand neben ihm und wischte ihm Wangen und Stirnmit ihrer Bluse ab. Sie zischte: «Was hast du dir dabei gedacht?»
    Er rieb sich die Augen und sah sich um. Singh hielt den Schlauch noch auf das Haus gerichtet. Der dünne Wasserstrahl war machtlos. Andere Nachbarn spritzten ebenfalls mit Schläuchen, sie hielten Abstand und beäugten einander nervös, während sie von beiden Seiten das Dach tränkten. Hinter jedem Fenster in dem kleinen Backsteinhaus tanzten Flammen. Sie schlugen aus dem Dach. Hilflos sah er zu, wie das Feuer die Haustür verschlang. Ein Balken über dem Vordach barst, und es regnete Funken.
    Alle schrien erschrocken auf.
    Noch vor wenigen Augenblicken hatte er dort gestanden. Er tastete nach Anns Hand und drückte sie fest.
    Verzweifelte Hektik hatte sich breitgemacht. Alles rannte, brüllte, richtete Schläuche auf das Haus, leerte Wassereimer, schlug mit Besen auf Funken ein. Aber die Flammen waren nicht aufzuhalten. Sie züngelten über die Backsteine und sprangen auf die Büsche über, die am Weg zur Straße standen, sodass alle zurückweichen mussten. Das Feuer toste, fauchte und spie und fiel schließlich in sich zusammen. Nichts war mehr übrig als unheimliche Umrisse, Wände, Tür- und Fensteröffnungen ohne Dach und Fußböden, alles im Inneren war zu Asche verbrannt, aus der gespenstische lange Gegenstände ragten, die einst Rohre und Träger gewesen waren. Al und Sue waren nirgends aufgetaucht. Vielleicht waren sie durch ein Wunder ungeschoren entkommen. Vielleicht waren sie eines Abends spät, als alle schon schliefen, in ihren Mietwagen gestiegen und wieder nach Las Vegas aufgebrochen. Doch diesen Gedanken verwarf Peter, noch während er ihm durch den Kopf ging. Er hatte den Wagen in der Garage gesehen; ohne es noch erkennen zu können, hatte er gewusst, dass es eineviertürige Limousine mit einem Kennzeichen aus Arizona gewesen war.
    Es wurde Abend. Niedergedrückt zogen sich die Nachbarn einer nach dem anderen mit ihren Schläuchen und Eimern in ihre dunklen Häuser zurück. Als Peter sich seinem Haus näherte, sah er seine Töchter zwischen Ann und Shazia auf dem Gehweg stehen. Es ging ihnen gut. Sein Herz schlug höher.
    Maddie sprang winkend auf und ab: «Daddy!»
    Wie sehr sich seine süße kleine Tochter über seine Rückkehr freute! Müde lächelte er ihr zu. «Habt ihr die ganze Zeit hier gestanden? Ihr müsst ja ganz erfroren sein.»
    «Wir haben geguckt und geguckt, ob du kommst.»
    «Ich hab ihr gesagt, sie soll sich keine Sorgen machen», sagte Ann. «Ich hab ihr versprochen, dass du auf keinen Fall zu nahe rangehst.»
    Er hörte den Vorwurf in ihrer Stimme. Sie hatte recht, er war zu weit gegangen. Er hatte nicht nachgedacht. «Mir ist nichts passiert, siehst du, Prinzesschen?» Er breitete mit großer Geste die Arme aus.
    Kate stand ein Stück abseits, die Hände in den Taschen ihres Skianoraks, und beobachtete ihn aufmerksam. Als sie merkte, dass er sie ansah, senkte sie den Kopf und wandte sich ab.
    «Es ist spät, Peter, und uns allen ist kalt.» Ann legte die Arme um ihre Töchter. «Kommst du mit rein?»
    «Gleich.»
    Sie nickte, und die vier gingen ins Haus.
    Peter rollte den Gartenschlauch auf. Er hustete und spuckte aus.
    Ein kleines Licht wankte heran.
    «Sind Sie das, Singh?», rief Peter.
    Der Lichtstrahl wandte sich ihm zu. «Vorsicht. Es sind überall Glutnester.»
    Peter stapfte um das Gebäude und gab Acht, nicht auf schwelende Reste zu treten. Er rutschte auf geschmolzenem und wieder gefrierendem Schnee aus und trat schließlich zu dem Mann, der in einer gespenstisch klaffenden Türöffnung stand.
    «Da», sagte Singh.
    Peter spähte in die Trümmer. Er folgte dem Lichtstrahl mit seinem Blick: über mit Asche behängte, geschwärzte und von der Hitze verworfene Balken, große graugefleckte Pfützen. Schließlich verharrte er an der abgerundeten Ecke eines weißen Porzellanbeckens. Hier war also die Küche gewesen. Ein Windstoß fuhr durch die Ruine, und er roch geschmolzenen Kunststoff, Schwefel, Kupfer und irgendetwas, das süßlich stank. Ihm tränten die Augen. «Ist das   …?»
    «Ich fürchte, ja.» Singh hielt die Lampe mit sicherer Hand.
    Peter räusperte sich. Unter dem Waschbecken lag gut erkennbar ein menschlicher Schädel, braunverbrannt,

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