Die Luft, die du atmest
gefährlich es war, ihre Lebensmittel so ungeschützt in der Garage zu lagern. Heute ein Hund, morgen die Ratten.
Ann und Shazia machten ihm Platz, damit er zu seinem Pick-up gelangen konnte. Peter griff nach der Werkzeugkiste hinten auf der Ladefläche und holte ein Paar Latexhandschuhe heraus.
«Wir werden uns in der ganzen Nachbarschaft umsehen müssen, oder?» Ann machte ein finsteres Gesicht. «Wenn bei einem Ratten sind, dann werden sie auch zu uns kommen.»
«Ja, das stimmt», sagte Shazia.
Er nahm die Plane aus dem Regal und zog sie über die Ladefläche. Ann und Shazia halfen ihm, die Ecken festzustecken.
Maddie kam herausgelaufen. «Hier, Dad.»
«Gut gemacht, Kleines.» Er nahm die Umschläge.
«Was ist das?», fragte Ann.
«Ich habe mit den Mädchen einen Brief an die Nachbarn geschrieben.» Er stopfte die Umschläge in die Manteltasche.
Ann, die auf dem Weg zur Beifahrerseite war, blieb stehen und sah ihn an.
«Hör zu», sagte er rasch, um ihren Einwänden zuvorzukommen, «wir können das machen, ohne den geringsten Kontakt zu riskieren. Wir werden uns ein System ausdenken, wo wir jeweils die Sachen vor die Tür stellen.»
Ann blieb skeptisch. «Du hast mehr Vertrauen in unsere Nachbarn als ich.»
In gewisser Hinsicht war das immer das Problem gewesen. Es war einer der Gründe, weswegen sie aus North Carolina weggegangen waren. «Ich muss los», sagte er. «Du brauchst nicht mit. Ich schaffe das alleine.» Er stieg ein und knallte die Tür zu.
Unsicher trat Ann zurück. Shazia stand neben ihr. Der Motor sprang an. Er fuhr rückwärts aus der Garage.
Er begann am Eckhaus gegenüber, wobei er so gut es ging vermied, die geschwärzten Reste vom Haus der Guarnieris anzusehen. Kleine Einkaufsbeutel müllten den Vordergarten zu wie große, unförmige Schneebälle. Er fasste einen Griff an und zog. Der Beutel war festgefroren. Er zog fester, und der Beutel riss. Schmutzige Papiertaschentücher und Kaminasche rieselten heraus. Er würde sie mit der Hand auflesen müssen. Bevor er weiterfuhr, machte er den Briefkasten auf, legte einen von den Umschlägen hinein und stellte die rote Blechfahne auf. Früher oder später würde Sam Fox rauskommen, um nachzusehen, was er gebracht hatte.
Vor dem Haus der Nguyens waren Metalleimer aufgereiht. Die Deckel saßen so fest, dass Peter sie nur mit äußerster Kraft losbekam. Weil die Eimer zu unhandlich waren, um sie über den Rand der Ladefläche zu hieven, warf Peter die Beutel einzelnauf die Plane. Mrs. Nguyen kam an die Tür, um zu sehen, was er machte. Peter zeigte auf den Briefkasten, und sie nickte.
An der nächsten Auffahrt lag ein Mülleimer halbvergraben im verschmutzten Schnee. Ein Haus weiter lehnten lauter Beutel am Mülleimer. Peter versuchte nicht hinzusehen. Er wollte nicht wissen, ob die Mitchells Tee tranken und Fertigpudding aßen oder eine bestimmte Spülmittelmarke kauften. Er würde die Kerngehäuse ihrer Äpfel nicht mit denen der Hutchinsons oder dem Kaffeesatz der Singhs vergleichen.
Die Straße machte einen Bogen, und Peter hielt vor dem gelben Haus im Ranchstil am Ende der Sackgasse. Hier war er geraume Zeit nicht mehr gewesen. Er erinnerte sich an zwei kleine Kinder, die in der Einfahrt Dreirad fuhren. Hatten die Leute nicht auch eine Katze gehabt? Ja, ein fettes, rotgetigertes Viech, das ihm eines Morgens vor den Pick-up gesprungen war, als er zur Arbeit fuhr. Die Frau war ihr gleich auf den Fersen gewesen. «Verzeihung», hatte sie gerufen, als Peter mit quietschenden Bremsen zum Stehen gekommen war. Sie hatte die Katze auf den Arm genommen und ihm nachgewinkt.
Jetzt war der Garten vor dem Haus mit Getränkedosen und zerdrückten Saftkartons übersät. Styroporbehälter, plattgetretene gewachste Pappen und leere Konservenbüchsen mit halbgeöffneten Deckeln und scharfen Kanten. Leere Weinflaschen und Babygläser. Alles war einfach in den Schnee hinausgeworfen und sich selbst überlassen worden. Er warf einen Blick auf das Haus. Die Vorhänge hingen reglos vor den Fenstern, aus dem Schornstein stieg kein Rauch. Er stellte den Motor ab und stieg aus. Hier würde er eine Weile brauchen.
Schließlich war die Ladefläche so voll, dass kein einziger Beutel mehr drauf Platz hatte. Er klopfte die Ladung mit der Schaufel fest, damit der Müll nicht gleich wegflog, sobald er ein bisschen schneller fuhr. Dann zog er die Handschuhe ausund spritzte sich Desinfektionsmittel auf die Hände. Er rieb die Hände aneinander und wischte sich
Weitere Kostenlose Bücher